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Hera Lind

Hera Lind

Titel: Hera Lind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Männer sind wie Schuhe
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PROLOG
    Männer sind wie Schuhe.
    Sie können uns größer und schöner wirken lassen, unsere positiven Seiten unterstreichen. Sie können uns bei Wind und Wetter über Stock und Stein tragen. Sie können uns den Rücken stärken, uns wunderbar wärmen und Halt geben. Sie können solide sein, aus unverwüstlichem Material. Sie können so kostbar sein, dass wir für sie auf vieles andere verzichten.
    Oft wissen wir schon von Weitem, dass wir sie unbedingt besitzen wollen. Oder wir sehen sie an einer anderen Frau und könnten sie dafür erschießen. Andere sehen wir im Regal und wissen, dass wir sie niemals haben können. Von ihnen träumen wir bis ans Ende unseres Lebens.
    Manchmal sind sie uns eine Nummer zu groß, dann wirken wir vergleichsweise plump. Wir riskieren ständig, sie zu verlieren, versuchen, so würdevoll wie möglich damit auszusehen, machen uns aber einfach nur lächerlich.
    Andere sehen fantastisch aus, hinterlassen aber böse Spuren. Doch trotz der Schmerzen gehen wir mit ihnen weiter: Weil wir mit ihnen in der Öffentlichkeit gut dastehen. Weil wir einfach keine Besseren finden oder weil wir sie nun mal an der Hacke haben. Obwohl wir schon schlechte Erfahrungen mit ihnen gemacht haben und die Wunden gerade erst verheilt sind, kommen wir immer wieder in Versuchung, ihnen noch eine Chance zu geben.
    Mit wieder anderen halten wir es nicht lange aus. Schon nach kurzer Zeit werfen wir sie in die Ecke und verfluchen sie. Oft fragen wir uns im Nachhinein, wie wir ausgerechnet an sie geraten konnten.
    Wenn sie spitz sind und einen schlanken Fuß machen, hat man zwar aufregende Momente mit ihnen, aber im Alltag bewähren sie sich nicht. Die Bequemen wiederum sind meistens flach und langweilig. Die gefallen unserer Mutter.
    Manche sind alt und ausgetreten. Irgendwann hilft dann auch die größte Liebe nicht mehr, und wir müssen sie schweren Herzens entsorgen.
    Männer sind wie Schuhe.
    Die perfekten sind nicht leicht zu finden. Aber wenn wir sie gefunden haben, wollen wir sie gleich anbehalten.

LOTTA
    »Nebenan sitzt schon wieder der Bäckermeister!« Nach zögerlichem Klopfen steckte meine Sekretärin Brunhilde Zweifel ihren Kopf mit der grau melierten Kurzhaarfrisur zur Tür herein. Ihre Stimme klang verschwörerisch, und sie verdrehte genervt die Augen. »Sie wissen schon, der Gerngroß!«
    »Ich kann jetzt nicht!« Mir brach der Schweiß aus. »Schicken Sie ihn weg. Sagen Sie ihm, ich bin in einer wichtigen Besprechung.«
    »Frau von Thalgau.« Die Sekretärin zwängte ihre füllige Gestalt durch den Türspalt und parkte sie quasi im eingeschränkten Halteverbot zwischen Tür und Angel.
    »Frau Zweifel, bitte! Sie sehen doch: Ich bin nicht allein.«
    Ja, das tat sie allerdings. Wohlwollend ließ sie ihren Blick über den männlichen Besucher gleiten, der bei mir im Büro saß. Ihr Gesicht sprach Bände: Was für ein Prachtexemplar!, sagte es anerkennend. Und ich konnte ihr nur stumm recht geben. Der Soloflötist von den Wiener Philharmonikern war mir regelrecht zugeflogen! Sein Name war Christian Meran. Er hatte sich in unsere abgelegene Kleinstadt verirrt wie eine Nachtigall an einen Froschtümpel. Brunhilde Zweifel stand Bewunderung, aber auch Neid in den Augen.
    »Liebe Frau Zweifel!«, sagte ich würdevoll. »Bitte! Tür zu und kein Bäckermeister heute!«
    Heute war ein besonderer Tag, das spürte ich. Ein seltsames Gefühl keimte in mir auf, so ein leichtes, angenehmes Prickeln, das mich in diesen nach Bohnerwachs und Schülerschweiß riechenden Räumlichkeiten schon lange nicht mehr heimgesucht hatte. Vielleicht sogar noch nie.
    Brunhilde Zweifel schüttelte bedauernd den Kopf. »Der Bäckermeister ist … Sie wissen ja, nicht abzuschütteln.« Ein Recht, das sich Brunhilde ebenfalls herausnahm.
    »Frau Zweifel. Bitte. Das ist Ihr Job. Schicken Sie ihn weg. Ich möchte jetzt nicht gestört werden.« Mein Blick wanderte unmissverständlich zur Tür. Am liebsten hätte ich ihre unförmige Gestalt eigenhändig wieder nach draußen geschubst. Aber sie sah mich an, als hätte ich einen Teller Kekse vor mir und würde mich weigern, ihr einen davon anzubieten.
    »Wie gesagt, ich bin nicht zu sprechen. Für NIEMANDEN!«, zischte ich nachdrücklich, um meinen Gast Christian Meran gleich darauf strahlend anzulächeln. Der verfolgte den kleinen Disput interessiert, und um seine Mundwinkel zuckte es amüsiert. Mir wurde plötzlich schwach in den Knien.
    »Und jetzt gehen Sie. Tür – von – außen –

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