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Im schoenen Monat Mai

Im schoenen Monat Mai

Titel: Im schoenen Monat Mai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile de Turckheim
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nämlich sein liebster Traum war, dass ihm nie wieder wer ins Gesicht schaut und sein Leben zu Ende ist. Aber der Brunnen war ihm zu finster, der Teich war ihm zu kalt, und vor Gewehren hat er sich gefürchtet wegen dem Blut und dem Lärm.
    Dieser Anselme, der Bruder vom Wachtmeister, der Lucette so weh getan hat, dass sie mich kriegte, hat auch ein Testament bekommen. Das habe ich sogar als Erstes weggeschickt. Dann habe ich einen Brief bekommen, in dem gestanden ist, dass Anselme schon vor zwei Jahren an einer langen, schmerzhaften Krankheit gestorben ist. Da habe ich zu mir gesagt, Gott hat für mich mit der Drecksarbeit angefangen, jetzt muss ich nur noch weitermachen.
    »Ich habe gehört, wie du Frau Truchon in den Teich geworfen hast, Abdallah.«
    »Scheiße, war ich zu laut?«
    »Nein, nur ich habe dich gehört. Dann habe ich zu Sacha Milou und dem Wachtmeister gesagt: ›Haben Sie das auch gehört?‹«
    »Und?«
    »Nichts. Die waren nur wegen dem Geld da.«
    Eine Weile lang haben wir gar nichts gesagt und die Ruhe genossen. Abdallah hat gezögert, bevor er mir seine Frage gestellt hat.
    »Ist er’s?«
    »Ist er was?«
    »Na, der Vater von Lucette, dein Großvater ...«
    »Das ist nicht sicher. Er hat kein Mal am Knie.«
    »Schaut trotzdem nach Verwandtschaft aus.«
    »Ach ja?«
    »Na ja, nur ein bisschen.«
    »Versteh ich nicht. Was denn?«
    »Nichts Spezielles.«
    »Die Nase?«
    »Nein, nicht die Nase ...«
    »Was dann? Die Augen? Die Stirn?«
    »Nichts Spezielles, sag ich doch, Aimé. Nur so ein Anflug.«
    »Also sieht man’s nicht.«
    »Nein, wirklich, es ist nur ein Anflug.«
    Ich bin nicht blöd. Dass es nur ein Anflug ist, den man nicht sieht, sagt er nur, um mir eine Freude zu machen. Dabei macht mich das nur noch trauriger. Wo ich sowieso schon so traurig bin wie ein Stein.

Epilog
    Jeder Mensch trägt in seinem Inneren Dreck mit sich herum. Und wenn man noch bedenkt, dass es Leute gibt, die leicht nett sein können, weil das Leben sie gut angezogen hat, und andere, die das Leben wirklich für blöd hält, weiß man gar nicht mehr, was man denken soll, welche man umbringen soll und welche nicht, und wenn man die ganzen Toten sieht, fragt man sich auch, ob es richtig war. Ich bin nur erleichtert wegen Lucette, weil jetzt ihr ganzes Unglück tot und begraben ist. Ich kümmere mich um Pistache und den kleinen Njama, der inzwischen schon groß ist. Vorher haben sie sich nur gut vertragen, jetzt ist es die ganz große Liebe. Ich schaue auf den Teich, der voll ist mit Leuten auf seinem Grund. Ich sehe nur seine ruhige Oberfläche. Im Fernsehen messen Haushälterinnen Frühstückstische aus, und die Polizei findet Leichen in Teichen. Hier passiert sowas nicht. Ich weiß, wovon ich spreche, ich lebe hier seit vierzehn Jahren allein mit Pistache, Katze Njama und meiner Liebe zu Lucette, die mir halb die Lust nimmt, mich in den Brunnen zu stürzen. Ich habe ein Foto von ihr, das schau ich von Zeit zu Zeit an, um zu weinen. Ich glaube nicht, dass der Tod der Anfang von einem neuen Leben ist. Wenigstens hoffe ich es. Das wäre ein harter Schlag, wenn alles noch mal von vorn anfinge.

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