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Im Sog der Gefahr

Im Sog der Gefahr

Titel: Im Sog der Gefahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Toni Anderson
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ihr auf die Schulter, doch sie schüttelte ihn ab. Als er es noch einmal versuchte, schlug sie seine Hand weg. Jetzt war er ziemlich sauer. Er hielt ihr die Hand direkt unter die Nase und reckte den Daumen nach oben, das Zeichen zum Auftauchen. Ihr Körper verspannte sich, und sie stieß einen Schwall Luftblasen aus. Dann erwiderte sie das Zeichen.
    An der Luke wartete er auf sie. Es kam ihm nicht richtig vor, den Toten allein in der Strömung zurückzulassen. Als Holly ihn eingeholt hatte, signalisierte er ihr, dass sie als Erste durch den Treppenschacht nach draußen tauchen sollte. Beide hielten inne, als sie einen Schwarm kleiner Fische sahen, der an einem länglichen, rosa Klumpen fraß. Es dauerte einen Moment, bis sie erkannten, dass es sich bei dem Klumpen um einen Augapfel handelte. Finn schluckte den Würgereflex hinunter, der ihn packen wollte. Im Strahl seiner Taucherlampe sah Hollys Gesicht aschfahl aus, aber immerhin hatte sie sich nicht übergeben. Er fischte ein Probenglas aus seiner Tasche und fing das Ding ein, wobei er verdrängte, worum genau es sich handelte. Das war seine Art, damit fertigzuwerden. Es war seine Art, Dinge tun zu können, die ihm eigentlich eine Scheißangst einjagten. Er ließ das Glas in eine Tasche gleiten und legte dann den Kopf schief, um Holly aufzufordern vorauszuschwimmen. Hinter ihrer schlanken Gestalt tauchte er durch den dunklen Tunnel.
    Als sie aus dem Schiff kamen, wurden sie von vier Tauchern in schwarzen Tauchanzügen in Empfang genommen, die gerade begonnen hatten, das Schiff von außen zu fotografieren. Mithilfe von Handzeichen bat Finn einen von ihnen, Holly an die Oberfläche zu bringen. Sie schüttelte heftig den Kopf und wollte sich ihm widersetzen.
    Er reichte ihr das Glas mit dem Augapfel, denn er wusste, dass es Teil einer Beweiskette war, die sie verfolgen musste. Begleitet von einem Strom Luftblasen nahm sie es entgegen. Er deutete auf ihre Luftdruckanzeige, die sich dem roten Bereich näherte, und wiederholte das Zeichen zum Auftauchen. An seinem Tauchcomputer zeigte er ihr, wann und wie lange sie Dekompressionspausen machen musste. Wut lag auf ihren Zügen, doch das ignorierte er. Er war dafür verantwortlich, dass sie diesen Tauchgang überlebte, und er wusste, wie er seinen Job zu machen hatte. Unter weiteren Luftblasen folgte Holly dem Polizisten schließlich die Ankerleine hinauf. Finn wandte sich wieder dem Boot zu. Nachdem er seinen Luftvorrat überprüft hatte, machte er den anderen Männern ein Zeichen, ihm zu folgen. Polizeitaucher waren professionell und erfahren, und er brauchte ihnen nicht zu erklären, was sie zu tun hatten. Er würde ihnen zeigen, wo die Leiche war, und dann wieder auftauchen. Das war das allerletzte Mal, dass er sich in die Eingeweide dieses verfluchten Wracks begeben würde.

2
    Holly brach durch die Wasseroberfläche und nickte ihrem Begleiter zum Dank zu. Sie war hin-und hergerissen, ob sie Finn Carver dankbar sein sollte, weil er sie hinuntergebracht hatte, oder wütend, weil er sie so schnell wieder hatte auftauchen lassen. Der Taucher der Unterwasserbergungsmannschaft glitt zurück ins Wasser und verschwand außer Sichtweite. Als sie aufblickte, bemerkte sie, dass sie von acht Augenpaaren fixiert wurde – auf dem Schiff der Küstenwache stand eine Gruppe von Polizeibeamten an der Reling. Und darunter war ein Augenpaar, von dem sie gehofft hatte, es nie wieder sehen zu müssen: Staff Sergeant Jimmy Furlong.
    Scheiße!
Innerlich zog sich ihr Herz zu einem kleinen, harten Ball zusammen, aber nach außen lächelte sie, hob die Hand zum Gruß und zählte im Geiste ihre Lieblingsschimpfworte auf, während sie zu dem Boot schwamm, auf dem Carver sie hergebracht hatte. Sie kletterte an Bord, legte vorsichtig ihre Ausrüstung ab und verstaute sie so, wie Carver es zuvor getan hatte.
    Jimmy Furlong. Ausgerechnet. In diesem Teil Kanadas wurden Mordfälle von einem Team spezialisierter Polizeibeamter untersucht, angeführt von einem leitenden Ermittler – in diesem Fall ihr –, der allerdings unter der Aufsicht eines Team Commanders stand. Als Holly erfahren hatte, dass Furlong zur Integrated Crime Unit in Surrey kommen würde, hatte sie sich extra auf die Insel versetzen lassen. Und trotzdem war er jetzt hier.
    Bei Personalmangel wurden manchmal auch Mitarbeiter aus anderen Bereichen herangezogen. Offenbar hatte sie alles Pech der Welt für sich gepachtet. Die Erkenntnis hinterließ einen bitteren Geschmack auf ihrer

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