Im Sturm erobert
Teetablett klirrte laut. Beatrice hörte ein zartes erschrockenes Keuchen.
»Oh«, flüsterte die Magd. »Verzeihung, Madam.«
Beatrice sah sich das Mädchen an und bemerkte, wie jung sie war. Höchstens sechzehn. »Etwas nicht in Ordnung?« »Nein, Ma’am.« Die Magd rückte hastig die Teller zurecht und den Topf Marmelade. »Alles in Ordnung.«
Beatrice runzelte die Stirn. »Wie heißt du denn?«
»Alice, Ma’am.«
»Du siehst aus, als hättest du einen Geist gesehen, Alice. Bist du krank?«
»Nein. Ehrlich Ma’am.« Alice wischte sich nervös die Hände an der Schürze ab. »Ich bin gesund wie ein Pferd, wie meine Ma sagen würde. Ganz ehrlich.«
»Ich bin entzückt, das zu hören.«
Sally musterte das Mädchen. »Also, wenn ihr mich fragt, sieht sie total verängstigt aus.«
Alice richtete sich stolz auf. »Ich hab vor gar nichts Angst.« »Au contrary«, sagte Sally.
»Au contraire«, murmelte Beatrice.
»Au contraire«, wiederholte Sally pflichtschuldigst.
Alice sah Sally neugierig an. »Die Köchin sagt, Sie sind eine feine französische Zofe. Ist das wahr?«
»Absolument.« Sally strahlte vor Stolz. »Daheim in London stellen die feinen Damen lieber französische Zofen ein, genauso wie sie lieber zu französischen Schneiderinnen und Hutmacherinnen und so weiter gehen.«
»Oh.« Alice war angemessen beeindruckt.
Beatrice runzelte die Stirn. »Alice, du hast doch wohl nicht Angst vor der Reaktion deines Herrn auf meinen unerwarteten Besuch heute abend? Trotz allem, was der Butler gesagt hat, kann ich nicht glauben, daß Seine Lordschaft seinem Personal die Schuld an meiner Gegenwart unter seinem Dach geben wird.«
»Nein, Ma’am«, sagte Alice hastig. »Das ist es nicht. Ich arbeite erst ein paar Wochen hier, aber ich weiß, daß seine Lordschaft mir nie die Schuld für etwas geben würde, was nicht meine Schuld ist. Alle wissen, daß er recht eigen ist...« Sie verstummte, offensichtlich von ihren eigenen Worten entsetzt.
»Eigen ist er? Que c’est?«
Alice lief puterrot an. »Na ja, er ist einer von den Irren Monks. Meine Ma sagt, sein Vater und sein Großvater waren auch komisch, aber ich wollte nie -«
Beatrice hatte Mitleid mit ihr. »Beruhig dich, Alice. Ich verspreche, daß ich seiner Lordschaft nicht sage, daß du gesagt hast, er wäre eigen.«
Alice bemühte sich tapfer, den Schaden wiedergutzumachen. »Was ich sagen wollte, ist, daß auf dem Monkcrest-Besitz jeder weiß, daß die Irren Monks sich um ihre Leute kümmern. Sie sind gute Landeigner, Ma’am.«
»Dann brauchst du auch keine Angst vor seinem Jähzorn zu haben.« Beatrice lächelte. »Aber nur für den Fall, daß irgend jemand in diesem Haushalt deshalb besorgt ist, sei versichert, daß ich fest entschlossen bin, deinem Herrn alles zu erklären. Wenn ich mit ihm geredet habe, wird er alles genau verstehen.«
Alice’ Augen wurden ganz groß. »Aber Ma’am, das tut er bereits. Alles genau verstehen, meine ich.«
Sally starrte sie wütend an. »Was, verdammt noch mal, meint Ihr damit?«
Alice hatte ihren Lapsus scheinbar nicht bemerkt, denn aufgeregt und voller Ehrfurcht fuhr sie fort: »Ich hab gehört, wie Finch der Köchin erzählt hat, daß, als er seine Lordschaft von Eurer Ankunft informieren wollte, der Earl bereits gewußt hat, daß Ihr da seid.«
»Quel erstaunlich«, flüsterte Sally.
Beatrice war amüsiert. »Beeindruckend.«
»Ja, Ma’am, wirklich erstaunlich. Finch hat gesagt, Seine Lordschaft hat alles über Euren Besuch gewußt. Hat gesagt, Ihr wärt den ganzen weiten Weg von London gekommen und ihr hättet eine französische Zofe und daß Euch ein Räuber auf der anderen Seite des Flußes aufgehalten hat. Er hat sogar gewußt, daß Ihr Euch in einer halben Stunde mit ihm treffen wollt.«
»Mit dem Straßenräuber«, sagte Beatrice kühl. »Ich würde eine weitere Begegnung mit ihm lieber vermeiden, falls möglich.«
»Nein, Ma’am«, erklärte Alice ungeduldig, »mit Seiner Lordschaft.«
Der Graf hatte wirklich ganze Arbeit geleistet und sein Personal mit diesem Bild von Allwissenheit beeindruckt, dachte Beatrice. »Was du nicht sagst.«
Alice nickte und flüsterte mit Verschwörermiene: »Keiner versteht, wie Seine Lordschaft solche Sachen wissen kann, aber die Köchin sagt, es ist typisch, und Finch sagt, der Herr hat da so seine Methoden.«
»Ah, ja, die Methoden Seiner Lordschaft.« Beatrice trank noch einen Schluck Tee. »Alice, ich nehm dir nur ungern deine Illusionen, aber dein
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