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Im Tal der bittersüßen Träume

Im Tal der bittersüßen Träume

Titel: Im Tal der bittersüßen Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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brachte den Telefonapparat. »Ein Gespräch aus Nonoava, Señor Paddy. Dringend!«
    Polizeichef Mendoza Femola rief an.
    Vor der Tür der Polizeipräfektur in Nonoava hielten Dr. Högli und Pater Felix mit ihren staubüberzogenen Jeeps. Femola beobachtete sie aus seinem Zimmer und stotterte hilflos ins Telefon: »Señor Paddy, was soll ich tun? Der Doktor und der Pfaffe!«
    Er putzte sich die Nase, wedelte sich Luft zu und sank auf seinen Stuhl zurück.
    Es war jetzt knapp vor elf. Eine unpassende Zeit, Mendoza Femola zu besuchen, denn ab elf Uhr war er betrunken, und das bedeutete: das Polizeibüro war geschlossen bis zum Sonnenuntergang.
    Polizeichef Mendoza Femola ließ seine Besucher zunächst eine halbe Stunde lang im stickigen Vorzimmer warten. Dort saß ein pockennarbiger Polizist, polkte in der Nase, rauchte schwarze Zigarillos und beantwortete alle Telefongespräche mit der lapidaren Empfehlung: »Versuchen Sie es in einer Stunde noch einmal. Wir sind im Augenblick überlastet.«
    »Ein Saustall!« sagte Dr. Högli erschüttert. »Das also ist die Exekutive dieses Distrikts?«
    »Die Verwaltung in den Städten und Kleinstädten ist auch in Mexiko vorzüglich.« Pater Felix beobachtete den Pockennarbigen, der immer wieder zu ihm hinschielte und sich anscheinend nicht wohl fühlte. Immerhin ist ein Priester für die strenggläubigen Katholiken Mexikos ein Stellvertreter Gottes auf Erden, und ihn einfach warten zu lassen wie einen Eseltreiber, das war von Mendoza Femola schon eine große, mutige, aber unverständliche Tat. »Je weiter Sie aber in die Einsamkeit kommen«, fuhr Pater Felix fort, »in die reinen Indiogebiete, in die Bezirke der großen Hacienderos und Großgrundbesitzer, die, trotz Bodenreform, noch ihre Macht behalten haben, je weiter Sie also ins Elend kommen, um so elender wird auch die Staatsmacht. Da ist der Peso in der Hand wichtiger als der Paragraph in einem Gesetzbuch.«
    Pater Felix griff in seine Soutane und holte eine Trillerpfeife hervor. Dr. Högli starrte sie entgeistert an. »Was wollen Sie denn damit, Pater?«
    »Daß Femola uns warten läßt, das ist der uralte Trick aller Beamten auf der ganzen Welt: Wer wartet, schrumpft! Passen Sie mal auf, wie gut ein bißchen Aufsässigkeit tut.«
    Er setzte die Pfeife an den Mund und blies. Ein unerträglich lautes Trillern zerriß die heiße Stille. Der Pockennarbige grinste und hielt die Hände an seine Ohren.
    Die Tür sprang auf und krachte gegen die Wand. Mendoza Femola stand im Rahmen und schwankte leicht. Sein schwammiges Gesicht war gerötet, die schmuddelige Uniform über seinem dicken Bauch hatte sich verschoben. Der dritte Knopf von oben fehlte, die Jacke klaffte auseinander, das grauweiße Unterhemd wurde sichtbar.
    »Wer ist das?« brüllte Femola. »Festnehmen! Abführen!«
    Pater Felix setzte die Trillerpfeife ab. Sein hageres Gesicht drückte tiefste Zufriedenheit aus. Er stand auf, auch Dr. Högli erhob sich.
    »Gott segne dich, mein Sohn!« sagte der Pater. Dabei hob er die rechte Hand. Femola konnte nicht anders, als den Kopf senken und »Gelobt sei Jesus Christus!« flüstern. Pater Felix sah Dr. Högli triumphierend an.
    Der trat zwei Schritte vor, musterte Femola eindringend und nickte dann mehrmals. »Ich bin Dr. Högli vom ›Hospital Henri Dunant‹. Habe ich es mir doch gedacht, Señor Femola: Sie haben eine portale Cirrhosis hepatitis.«
    Mendoza Femola seufzte tief, machte die Tür frei, zeigte in seinen Raum und ließ die Herren eintreten.
    Die Unterredung war kurz, und es zeigte sich, daß Dr. Högli offenbar mit seiner Vermutung recht gehabt hatte, Mendoza Femola stopfe mit unliebsamen Briefen seine Kissen.
    »Eingaben?« rief Femola theatralisch und hakte die Daumen in den Gürtel. »Anzeigen? An mich – und über die Regierung in Chihuahua auf dem Dienstweg hierher? Señores, das ist mir völlig unbekannt! Bei mir ist nichts dergleichen angekommen! Bei der Mutter Maria.«
    »Femola, lästern Sie nicht die Gottesmutter!« sagte Pater Felix scharf.
    »Bei allen Heiligen, Pater, ich kann es auf mich nehmen: Ich kenne keine Anzeigen! Rauschgift in den Bergen? Hanffarmen und Peyotl? Bei Señor Paddy? Unerhört! Ich werde in den nächsten Tagen einen Überraschungsbesuch machen! Wir alle wissen, Señores, daß Rauschgift … nein, so etwas! Ich nehme ein Protokoll auf.«
    Femola holte ein Blatt Papier und eine alte Schreibmaschine und ließ sich von Dr. Högli und Pater Felix die erforderlichen Angaben diktieren.

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