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Im Tal der Giganten

Im Tal der Giganten

Titel: Im Tal der Giganten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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aber
schließlich verlangten ihre Körper nachhaltig ihr Recht,
und sie schliefen nacheinander ein. Mike erwachte als
letzter, auch jetzt wieder mit dem Gefühl, die Augen
gerade erst zugemacht zu haben, aber zumindest nicht
mehr so erschöpft wie am vergangenen Abend. Es war
bereits wieder warm, und es würde sicher nicht mehr lange
dauern, bis es heiß wurde. Die Sonne stach ihm schon jetzt
unangenehm grell in die Augen.
Noch immer ein wenig benommen, richtete er sich auf,
rieb sich gähnend über das Gesicht und sah sich um.
Trautman und Singh hockten in einiger Entfernung
beieinander und redeten. Mike zweifelte daran, daß sie in
dieser Nacht überhaupt ein Auge zugetan hatten. Ben
hockte neben ihm auf dem Ast und betrachtete seine
Umgebung. »Wo sind Serena und die anderen?« fragte
Mike.
»Astaroth ist schon seit längerer Zeit im Wald verschwunden«, erwiderte Ben. »Wahrscheinlich geht er ein
paar Saurier erschrecken. Die anderen sind irgendwo.
Schätze, sie suchen etwas Eßbares. « Der Gedanke an
etwas zu essen weckte Mikes Hunger. Sein Magen begann
hörbar zu knurren. Er schenkte Ben noch ein weiteres,
schadenfrohes Grinsen, stand auf und begann vorsichtig
den Baum hinunterzusteigen.
Jetzt im hellen Licht des neuen Tages, konnte er die
Verheerung, die die vorüberziehende Triceratopsherde
angerichtet hatte, erst richtig überblicken. Der Wald sah
aus, als wären zwei Dutzend Planierraupen nebeneinander
hindurchgefahren, und das mindestens fünfmal in jede
Richtung. Das dichte Unterholz und Gestrüpp, das am Tag
zuvor solche Mühe bereitet hatte, war einfach
verschwunden. Selbst kleinere Bäume waren
niedergewalzt und zu Sägespänen zertrampelt worden.
Nur die wirklich großen, massiven Stämme waren
stehengeblieben, aber selbst sie zeigten deutliche Spuren
der Giganten, die an ihnen vorbeigezogen waren: Der
Baum, auf dem sie die Nacht verbracht hatten, hatte bis zu
einer Höhe von gut vier Metern keine Rinde mehr. Mike
beglückwünschte Trautman im nachhinein dazu, auf
diesem luftigen Nachtlager bestanden zu haben. Hätten sie
auf ebener Erde gelagert, dann wären sie jetzt
wahrscheinlich nicht mehr am Leben. Die Herde hatte eine
Bresche in den Wald geschlagen, auf der nichts mehr
existierte und die wahrscheinlich erst in einem Jahrzehnt
wieder bewachsen sein würde. Diese Erkenntnis führte zu
einer weiteren, die allerdings einige Augenblicke
benötigte, um ganz in sein Bewußtsein zu dringen - wenn
diese Insel nämlich groß genug war, um eine solch
gigantische Herde dieser Riesentiere zu beheimaten, dann
konnte es sich nur um eine wirklich gewaltige Landmasse
handeln - nicht nur um eine große Insel, wie sie am
Anfang noch vermutet hatten. Und das wiederum
bedeutete, daß ihre Chancen, möglichst schnell wieder von
hier wegzukommen, noch viel schlechter standen, als
Mike bisher vermutet hatte.
Der Gedanke war nicht unbedingt dazu angetan, ihn
aufzumuntern. Also schob er ihn beiseite und schritt statt
dessen schneller aus, um Serena zu finden. Er mußte sich
gute zwei- oder auch dreihundert Meter von ihrem Baum
entfernen, ehe er wieder einen Bereich des Waldes betrat,
der nicht zerstört worden war, und schließlich Serena fand.
Die Atlanterin kam ihm entgegen. Sie wirkte fröhlich
wie schon lange nicht mehr. Ihr Gesicht war gerötet, und
ihr Haar naß und dunkel: Mike nahm an, daß sie am Fluß
gewesen war, um sich zu waschen und vielleicht etwas zu
trinken. Außerdem hielt sie eine sonderbar aussehende,
dunkelrote Frucht in der Hand, von der sie immer wieder
große Stücke abbiß und sie genüßlich kaute.
Der Anblick weckte Mikes Hunger schlagartig wieder.
Sein Magen begann zu knurren, aber zugleich durchfuhr
ihn auch ein riesiger Schrecken. »Serena!« rief er. »Bist
du verrückt?« »Nein«, antwortete Serena fröhlich. »Aber
gleich satt. « Sie hielt ihm die Frucht hin. »Willst du auch
ein Stück. Es schmeckt köstlich. «
Der Anblick der verlockenden Frucht ließ Mike das
Wasser im Munde zusammenlaufen. Ganz impulsiv hob er
die Hand, um danach zu greifen, schüttelte aber dann den
Kopf und sagte: »Oder auch gleich tot. Was, wenn sie
giftig ist?«
»Dazu schmeckt sie viel zu gut«, erwiderte Serena fröhlich und biß erneut herzhaft in die Frucht. »Außerdem
sterbe ich lieber heute an einer giftigen Frucht, als in ein
paar Tagen jämmerlich zu verhungern. « Sie lächtelte, biß
zum dritten Mal in die Frucht und begann plötzlich
herzhaft und mit vollem Mund zu lachen.

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