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Im Tal der träumenden Götter: Roman (German Edition)

Im Tal der träumenden Götter: Roman (German Edition)

Titel: Im Tal der träumenden Götter: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carmen Lobato
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dich doch fahren!«
    Er schüttelte den Kopf, küsste sie und wandte sich zum Gehen. »Grüß Josefa von mir. Und wenn sie will, bring sie heute Abend mit.«

44
    E r hatte beim Sekretär des Mannes um einen Termin gebeten. Ihn in seinem Büro aufzusuchen schien ihm trotz allem angemessener, als Einlass in seine Privatsphäre zu fordern. Der Sekretär hatte versucht ihn abzuweisen – er habe keinen einzigen freien Termin mehr zu vergeben.
    Ich bitte um Audienz, durchfuhr es Jaime. Beim König von Querétaro. Zugleich kam er sich vor wie als Junge, wenn er zur Abstrafung antreten musste. Versuchsweise bewegte er die Schultern, die sich zu seiner Überraschung nahezu geschmeidig rollen ließen.
    »Würden Sie dem Gouverneur trotzdem meine Karte bringen?«, bat er den Sekretär. »Ich brauche nicht lange, keine Viertelstunde, und es macht mir nichts aus zu warten.« In Wahrheit machte es ihm allerdings etwas aus, und die Behauptung passte zu ihm in etwa so gut wie ein Preisbulle an ein Fortepiano. Aber daran wie an so vieles würde er sich gewöhnen müssen, und wichtig war nur, dass er es heute noch hinter sich brachte. Er hatte sein Wort darauf gegeben. Er wollte, dass sein Wort eines Tages etwas galt.
    Der Sekretär kam zurück und warf Jaime einen mehrdeutigen Blick zu. »Der Gouverneur lässt bitten«, sagte er, öffnete die Tür zur Treppe und ließ Jaime allein.
    Der Raum war groß, hatte etwas Weites an sich und riesige geöffnete Fenster. Der Schreibtisch, der am anderen Ende stand, war auch groß, aber dermaßen unter Stapeln von Papieren und Büchern begraben, dass dem Mann dahinter kaum Platz blieb. Er stand auf, als Jaime eintrat. »Guten Morgen«, sagte er, stellte aber keine der üblichen Fragen, was ihm die Ehre verschaffe oder womit er dienen könne, sondern hob lediglich eine Braue.
    Die Ähnlichkeit verblüffte Jaime nicht nur, sie nahm ihm förmlich den Atem. Anavera kann ohne Sorge alt werden, durchfuhr es ihn. Ihrer Schönheit hat die Zeit nichts an.
    »Möchten Sie zu mir?«, fragte Anaveras Vater. »Oder haben Sie sich in der Tür geirrt?«
    Andere Menschen murmelten in solchen Augenblicken irgendwelche hastigen Entschuldigungen. Händeringend wünschte sich Jaime, es wäre ihm gegeben, nur ein einziges Mal zu tun, was andere Menschen taten.
    »Ich wollte zu Ihnen, Señor Gobernador.«
    »Bitte«, sagte Anaveras Vater und wies auf den Sessel vor dem Schreibtisch.
    Jaime ging bis dorthin, blieb aber kurz hinter der Sessellehne stehen. Anaveras Vater setzte sich ebenfalls nicht, wirkte aber völlig entspannt. Jaime gönnte es ihm.
    »Wenn Sie es erlauben, würde ich gern etwas mit Ihnen tun, das mein Coronel im Krieg mit mir getan hat«, sagte er plötzlich.
    Etwas in Jaime begehrte auf, doch er zwang es nieder. Dieser Mann hatte jedes Recht, ihn zu bestrafen. Er hatte sogar das Recht, ihn zu fordern – wenn er es ihm aberkannte, erkannte er Anavera ab, was er sich mehr als alles wünschte. Mühsam nickte er.
    »Können Sie bitte noch einen Schritt vortreten?«, fragte Anaveras Vater ruhig. »Und jetzt legen Sie die Hände auf die Sessellehne. Danke. Das ist alles.«
    Fassungslos starrte Jaime ihn an.
    »Ihnen zittern die Beine«, sagte er. »Wenn Sie sich partout nicht hinsetzen wollen, stützen Sie sich wenigstens auf der Lehne ab.«
    »Und das hat ein Coronel im Krieg mit Ihnen gemacht?«, platzte Jaime heraus.
    Anaveras Vater nickte. »Ich kann Ihnen auch etwas zu trinken anbieten, wenn Ihnen das lieber ist.«
    »Das wäre nicht richtig«, erwiderte Jaime. »Ich habe kein Recht darauf, dass Sie es mir leichter machen.«
    »Ach Gott«, sagte Anaveras Vater, »wer hat schon ein Recht auf irgendetwas?« Er stand wieder auf und ging zu einem Teewagen zwischen den Fenstern. Aus einer Karaffe füllte er zwei Gläser zwei Daumen breit mit einer kupfernen Flüssigkeit, trug sie zurück zum Tisch und schob ihm eines hin. »Hier, nehmen Sie. Machen Sie es mir leichter.«
    »Was ist das?«
    »Gift, Señor Sanchez Torrija«, erwiderte er und lächelte böse. »Gewonnen aus teuflischem Amarant und den sinnverwirrenden Fasern des Peyote-Kaktus.«
    Jaime wehrte sich vergeblich, er musste grinsen. In dem Glas war, was er am wenigsten erwartet hätte – doppelt gebrannter Whisky einer einzigen Malzsorte. »Der ist ja exzellent!«, rief er aus.
    »Möchten Sie die Adresse des Händlers? Ein Vetter meiner Frau importiert ihn aus Britannien für mich, damit ich hohen Besuch nicht mit Kaktusschnaps

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