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Im Westen Nichts Neues

Im Westen Nichts Neues

Titel: Im Westen Nichts Neues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Maria Remarque
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haben ihn ins Totenzimmer gebracht.«
    »Was für ein Totenzimmer?« fragt Kropp.
    »Na, ins Sterbezimmer –«
    »Was ist denn das?«
    »Das kleine Zimmer an der Ecke des Flügels. Wer kurz vor dem Abkratzen ist, wird dahin gebracht. Es sind zwei Betten darin. Überall heißt es nur das Sterbezimmer.«
    »Aber warum machen sie das?«
    »Sie haben dann nicht so viel Arbeit nachher. Es ist auch bequemer, weil es gleich am Aufzug zur Totenhalle liegt. Vielleicht tun sie es auch, damit keiner in den Sälen stirbt, wegen der andern. Sie können ja auch besser bei ihm wachen, wenn er allein liegt.«
    »Aber er selber?«
    Josef zuckt die Achseln. »Gewöhnlich merkt er ja nicht mehr viel davon.«
    »Weiß es denn jeder?« »Wer länger hier ist, weiß es natürlich.«
    *
    Nachmittags wird das Bett von Franz Wächter neu belegt. Nach ein paar Tagen holen sie auch den neuen wieder ab. Josef macht eine bezeichnende Handbewegung. Wir sehen noch manchen kommen und gehen.
    Manchmal sitzen Angehörige an den Betten und weinen oder sprechen leise und verlegen. Eine alte Frau will gar nicht fort, aber sie kann die Nacht über ja nicht dableiben. Am andern Morgen kommt sie schon ganz früh, aber doch nicht früh genug; denn als sie an das Bett geht, liegt schon jemand anders drin. Sie muß zur Totenhalle. Die Äpfel, die sie noch bei sich hat, gibt sie uns.
    Auch dem kleinen Peter geht es schlechter. Seine Fiebertafel sieht böse aus, und eines Tages steht neben seinem Bett der flache Wagen. »Wohin?« fragt er.
    »Zum Verbandssaal.«
    Er wird hinaufgehoben. Aber die Schwester macht den Fehler, seinen Waffenrock vom Haken zu nehmen und ihn ebenfalls auf den Wagen zu legen, damit sie nicht zweimal zu gehen braucht. Peter weiß sofort Bescheid und will sich vom Wagen rollen. »Ich bleibe hier!«
    Sie drücken ihn nieder. Er schreit leise mit seiner zerschossenen Lunge: »Ich will nicht ins Sterbezimmer.«
    »Wir gehen ja zum Verbandssaal.«
    »Wozu braucht ihr dann meinen Waffenrock?« Er kann nicht mehr sprechen. Heiser, aufgeregt, flüstert er: »Hierbleiben!«
    Sie antworten nicht und fahren ihn hinaus. Vor der Tür versucht er sich aufzurichten. Sein schwarzer Krauskopf bebt, die Augen sind voll Tränen. »Ich komme wieder! Ich komme wieder!« ruft er.
    Die Tür schließt sich. Wir sind alle erregt; aber wir schweigen. Endlich sagt Josef: »Hat schon mancher gesagt. Wenn man erst drin ist, hält man doch nicht durch.«
    *
    Ich werde operiert und kotze zwei Tage lang. Meine Knochen wollen nicht zusammenwachsen, sagt der Schreiber des Arztes. Bei einem andern sind sie falsch angewachsen; dem werden sie wieder gebrochen. Es ist schon ein Elend. Unter unserm Zuwachs sind zwei junge Soldaten mit Plattfüßen. Bei der Visite entdeckt der Chefarzt sie und bleibt freudig stehen. »Das werden wir wegkriegen«, erzählt er, »da machen wir eine kleine Operation, und schon haben Sie gesunde Füße. Schreiben Sie auf, Schwester.«
    Als er fort ist, warnt Josef, der alles weiß: »Laßt euch ja nicht operieren! Das ist nämlich ein wissenschaftlicher Fimmel vom Alten. Er ist ganz wild auf jeden, den er dafür zu fassen bekommt. Er operiert euch die Plattfüße, und ihr habt nachher tatsächlich auch keine mehr; dafür habt ihr Klumpfüße und müßt euer Leben lang an Stöcken laufen.«
    »Was soll man denn da machen?« fragt der eine.
    »Nein sagen! Ihr seid hier, um eure Schüsse zu kurieren, nicht eure Plattfüße! Habt ihr im Felde keine gehabt? Na, da seht ihr! Jetzt könnt ihr noch laufen, aber wenn der Alte euch erst unter dem Messer gehabt hat, seid ihr Krüppel. Er braucht Versuchskarnickel, für ihn ist der Krieg eine ‘ großartige Zeit deshalb, wie für alle Ärzte. Seht euch unten mal die Station an; da kriechen ein Dutzend Leute herum, die er operiert hat. Manche sind seit vierzehn und fünfzehn hier, jahrelang. Kein einziger kann besser laufen als vorher; fast alle aber schlechter, die meisten nur mit Gipsbeinen. Alle halbe Jahre erwischt er sie wieder und bricht ihnen die Knochen aufs neue, und jedesmal soll dann der Erfolg kommen. Nehmt euch in acht, er darf es nicht, wenn ihr nein sagt.«
    »Ach, Mensch!« sagt der eine von den beiden müde. »Besser die Füße als der Schädel. Weißt du, was du kriegst, wenn du wieder draußen bist? Sollen sie mit mir machen, was sie wollen, wenn ich bloß wieder nach Hause komme. Besser ein Klumpfuß als tot.«
    Der andere, ein junger Mensch wie wir, will nicht. Am andern Morgen läßt

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