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Im Zweifel suedwaerts

Im Zweifel suedwaerts

Titel: Im Zweifel suedwaerts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katarina Fischer
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loslassen, hat er aber nicht.«
    Hannes nickte. »Ich hab es von draußen gesehen und bin sofort hin, um Lucy zu helfen. Wäre aber gar nicht nötig gewesen, nicht wahr, Mäuschen?«
    »Nee, war es nicht.« Lucy lächelte stolz. »Ich hab ihm einfach einen Tritt in die Eier verpasst.« Bei dem Gedanken daran musste sie kichern.
    Richard verzog das Gesicht. »Autsch. Leichte Überreaktion?«
    »Nein, nein«, sagte ich schnell und legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Es ist gut, wenn man sich wehrt. Alles richtig gemacht, Lucy.« In Anbetracht der Ereignisse in ihrer Vergangenheit, die sie zu der gemacht hatten, die sie war, konnte dieses Erlebnis für sie nur gut sein. Überhaupt schien unsere Reise mit dem Bus auch in Lucy einiges verändert zu haben. Natürlich war sie noch immer unsere gute alte Lucy, naiv und ein bisschen zu romantisch, mit einem äußerst grenzwertigen Pink-Fimmel, aber irgendwie hatte sie an diesem Abend, als sie mir an unserem Küchentisch gegenübersaß, etwas Neues an sich. Man konnte es erwachsen nennen. Oder reif. Sie war selbstbewusster, irgendwie furchtlos. Zum ersten Mal, wenn auch nur in einigen kurzen Augenblicken, kam es mir vor, als wäre sie mehr Frau als Mädchen.
    Hannes drückte ihre Hand, bevor er sich aufrichtete und räusperte. »Tja, und da gibt es noch etwas anderes, das wir euch gern erzählen wollen.« Richard und ich warfen uns einen Blick zu. Wenn es schon so anfing, gab es eigentlich nur zwei Möglichkeiten, worauf die Ansprache hinauslaufen würde. Hochzeit oder Kinder. »Nun, also Lucy und ich sind jetzt wieder offiziell ein Paar. Das habt ihr sicherlich schon gemerkt.« Verlegenes Kichern auf der Tischseite der Gäste. »Wir hatten unsere Probleme, das wisst ihr ja auch, und wir haben sie bestimmt nicht auf die leichte Schulter genommen, auf keinen Fall. Wir haben alles besprochen und abgewogen, und sind schließlich zu dem Schluss gekommen, dass diese Trennung uns beiden sehr wehgetan hat und dass wir einfach zusammengehören. Lucy verzeiht mir, und ich verzeihe ihr. Vergeben und vergessen. Und aus diesem Grund freue ich mich, euch heute sagen zu können …« Hannes machte eine kleinere Pause, um die Spannung zu steigern, die eigentlich nicht wirklich groß war, denn, wie gesagt, was sollte schon kommen? Hochzeit oder Kinder. Wäre beides prima, aber der Überraschungseffekt geht nach so einem Einstieg nun einmal gegen null. Hätte ich etwas Derartiges zu verkünden – ich würde es anders angehen.
    »Raus mit der Sprache.« Auch Richard fand die dramatische Pause eher unnötig.
    »Okay, na gut. Also, wir haben beschlossen: Ich ziehe zurück in unsere gemeinsame Wohnung. Das heißt, ihr habt euer Sofa wieder für euch.«
    Sowohl Richard als auch ich starrten Lucy und Hannes mit offenen Mündern an.
    »Äh … Das ist …«
    »… toll. Echt!«, führte ich Richards Satz für ihn zu Ende. »Obwohl ich sagen muss, dass wir davon jetzt irgendwie ausgegangen waren. Also, nachdem wir ja wussten, dass ihr euch wieder vertragen habt. Versteh das nicht falsch, Hannes, wenn du einen Platz zum Schlafen brauchst, kannst du immer … Ich meine, ich hoffe, es ist nicht mehr nötig, aber wenn …« Ich unterbrach mein Gestammel und nippte an meinem Weinglas. Welch eine ernüchternde Antiklimax!
    Ich war gerade dabei, mich damit abzufinden, als Lucy mit einem Ruck ihr Wasserglas in die Höhe hob, sodass die Hälfte des Inhalts auf den Tisch schwappte, und kreischte: »Und wir werden heiraten!«
    Hannes zog sie an sich und gab ihr einen dicken Kuss, während Richard und ich schon wieder sprachlos waren, aber nur kurz. Dann applaudierten wir, gratulierten, füllten die Gläser nach (sogar Lucy ließ sich zu einer kleinen Schorle überreden), stießen auf das glückliche Paar an und verbrachten den Rest des gemeinsamen Abends damit, uns alles von Hannes’ romantischem Antrag am Strand erzählen zu lassen und über die großen und kleinen Hochzeitspläne zu reden.
    »Ich will eine vierstöckige Torte. Mindestens. Mit rosa Zuckerguss«, verkündete Lucy mit glühenden Wangen.
    »Lädst du Betty und Max auch ein?«, fragte ich und legte zur Antwort auf ihr irritiertes »Ja, klar. Warum?« lediglich den Kopf schief. »Du wirst schon sehen … Aber ich kenn da eine gute Konditorei, die ich dir empfehlen kann.« Schließlich schuldete ich denen noch etwas.
    Hannes und Lucy verließen uns irgendwann nach Mitternacht, und wenig später fielen Richard und ich erschöpft und ein wenig

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