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Im Zweifel suedwaerts

Im Zweifel suedwaerts

Titel: Im Zweifel suedwaerts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katarina Fischer
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bescheuerte Ansprüche, weil sie unmöglich umzusetzen sind. Und selbst wenn es doch möglich wäre, wie langweilig und nervig ist ein Leben, in dem alles schon festgezurrt ist? Ich meine, das Leben sollte doch im besten Fall so geschmeidig wie möglich bleiben, oder nicht?« Ich gab es ungern zu, aber damit hatte Sky leider mal wieder recht gehabt.
    Richard nickte. »Geschmeidig klingt gut.«
    »Ja, oder?« Ich beobachtete mit Erleichterung, dass er lächeln musste. Ganz leise, kaum sichtbar. »Ich verspreche hiermit, dass ich unsere Beziehung nicht mehr diesem Druck aussetzen werde. Ich beschränke meine Vorstellungen auf ein Minimum. Und ›Für immer‹ ist ab jetzt Geschichte. Ich bin für mehr ›Jetzt‹. Wenn du willst.«
    Er ließ das Lächeln verschwinden und sah an mir vorbei aus dem Fenster. »Ich bin mir nicht sicher, ob man eine Beziehung einfach so neu starten kann, Daphne. Nach allem, was vorgefallen ist.«
    »Es ist kein Neustart. Es ist eine Systemoptimierung.«
    Bingo. Da war es wieder. Das Lächeln. »Das klingt schrecklich romantisch, weißt du das?«
    »Sei doch froh, dass ich dich aus deiner Pflicht entlassen habe, dafür zu sorgen, dass wir immer frische Milch im Kühlschrank haben.«
    »Was das betrifft, habe ich wohl auf ganzer Linie versagt.« Er tat zumindest so, als wäre er ehrlich zerknirscht.
    Ich lachte. »Das war mir eigentlich nie sonderlich wichtig. Aber auf einem gemeinsamen Urlaub bestehe ich nach wie vor.«
    Er erhob sich und reichte mir seine Hand. Ich nahm sie und ließ mich von ihm hochziehen. »Ich werde mich darum bemühen. Versprochen.«
    »Nur Idioten glauben an Versprechen.« Ich ließ zu, dass er mich an sich zog und legte meine Arme in seinen Nacken. Ich roch an seinem Hals, was wissenschaftlich betrachtet umgehend eine Wagenladung biochemischer Stoffe in meinem Körper ausschüttete und zur Folge hatte, dass mein Herzschlag an Fahrt aufnahm und es in meinem Bauch kribbelte. Die guten alten Schmetterlinge. Schön, wenn sie von Zeit zu Zeit mal vorbeischauten.
    Richards Blick wanderte über mein Gesicht, blieb mal hier hängen und mal dort und schließlich besonders lange auf meinen Lippen. Und was das bedeutete, das wusste ich. Es war Zeit für den Kuss. Der Kuss, der diese ganze Sache besiegeln würde, der einen Schlussstrich ziehen und gleichzeitig ein neuer Anfang sein würde, endlich, das Ende aller Zweifel. Und dafür hatte ich erst dreitausend Kilometer südwärts fahren müssen.
    Ich legte den Kopf leicht schräg, schloss meine Augen und wartete darauf, dass seine Lippen meine berührten. Aber nichts passierte. Irritiert öffnete ich eines wieder und sah ihn fragend an. »Was?«
    »Daphne … Ich hab noch eine Frage.«
    »O Gott, was denn bloß?« Was hatte ich übersehen? Was gab es noch, das diese Versöhnung zunichtemachen konnte? Es war doch eigentlich alles geklärt.
    »Sag mal, kann es sein …«, begann er.
    »Ja?«
    »Hast du zufällig Döner gegessen oder so was?« Er grinste breit, dann lachte er und ich auch. Es ging doch nichts über die Poesie des Alltags.
    »So was Ähnliches«, sagte ich, zog ihn an mich und küsste ihn trotzdem. Wir hatten schließlich schon größere Widrigkeiten gemeistert.
    Vier Tage später, am Sonntagabend, hielt ein Taxi vor unserer Tür. Es kam vom Flughafen und hatte zwei Fahrgäste an Bord. Lucy, deren Kleid in Neon-Pink ihre braun gebrannte Haut erst recht braun gebrannt aussehen ließ, und Hannes, der trotz seines Kurzurlaubs unter der Sonne Portugals noch immer so blass war, als hätte er zwei Jahre unter einem Stein verbracht.
    Die beiden hatten just in dem Moment an der Tür geklingelt, als ich die letzte Kerze auf dem Küchentisch anzündete und Richard die Nudeln abgoss. Während er das Essen auf den Tellern anrichtete und Wein und Wasser einschenkte, zeigte ich unseren Gästen das fertig renovierte Schlafzimmer und die Fortschritte, die wir in den letzten Tagen im Wohnzimmer gemacht hatten. Doch auch wenn die Tapete noch nicht an der dafür vorgesehenen Wand klebte, war das für mich mehr als in Ordnung, denn schließlich genossen Richard und ich unsere letzten Urlaubstage, da arbeitete man nur so viel wie nötig und nur, so lange es Spaß machte. Die übrige Zeit hatten wir mit Ausflügen verbracht. Und im Bett. Die meiste Zeit eigentlich. Jetzt, wo das Sexfallen-Thema vom Tisch war, bot sich das irgendwie an. Und wir hatten geredet, sehr viel sogar. Mehr als in all den Monaten zuvor, so kam es mir jedenfalls

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