Immer dieser Knasterbax
Stadt. Mit
festen Schritten marschierte er durch die Straßen. Vor dem Bahnhof drängten
sich viele Leute um einen Zeitungsverkäufer, der mit lauter Stimme ein Extrablatt
der Flunkerheider Nachrichten ausrief. Der Räuber trat näher an das
Menschengewimmel heran, um ihn zu verstehen.
„Kaufen Sie das erregende
Extrablatt!“ hörte er nun. „Lesen Sie von der Festnahme des berüchtigten
Räubers Knasterbax durch den bescheidensten aller Polizisten! Wachtmeister
Siebenschütz ist mutig wie ein Löwe und schweigsam wie ein Fisch. Wo gibt es
das heute noch! Meistens ist es umgekehrt. Kaufen Sie, meine Herrschaften,
kaufen Sie!“
Die Leute rissen ihm die
Zeitungen nur so aus der Hand. Jeder wollte wissen, wie es dem unerschrockenen
Polizisten gelungen war, den schrecklichen Räuber ins Gefängnis zu bringen. Und
keiner merkte, daß der ganz in der Nähe stand und sich den Trubel in aller Ruhe
betrachtete. Eine junge Frau rannte ihn fast um, weil sie das Extrablatt dicht
vor die Nase hielt und nicht auf den Weg achtete. Knasterbax trat zur Seite und
blickte ihr über die Schulter. Er sah ein Bild von Siebenschütz, wie er wild
mit den Armen fuchtelte und, das war doch nicht zu fassen, ein Foto von sich
selbst! Hatte der Reporter ihn also heimlich fotografiert. Gerade wollte er
genauer hinsehen, um festzustellen, ob er auch nicht zu räuberhaft aussah in
der grünen Uniform, da stieß ihn die Frau an und rief: „Kaufen Sie sich doch
selber eine Zeitung, wenn Sie den Räuber sehen wollen!“ und rauschte davon.
Knasterbax grinste und ging weiter.
Im Stadt- und Polizeiamt sollte
just das Eingangstor geschlossen werden, weil die Beamten in der Kantine zu
Mittag essen wollten, da drängte sich Knasterbax als letzter hinein. Er hatte
sich genau überlegt, was er sagen wollte, damit man ihm rasch die Belohnung gab
und dann weiterziehen ließ.
„Zeit ist knapp. Nächstes
Räuber wartet“, wollte er sagen. „Hier ist Tasche für Belohnung.“ Aber er
brauchte den Mund gar nicht aufzumachen. Der Pförtner in der kleinen Kabine
neben dem Eingang erkannte ihn sofort, denn er hatte das Extrablatt auch schon
gelesen. Er gab eine Eilmeldung durch, die in allen Zimmern über Lautsprecher
gehört wurde: Achtung, Achtung! Soeben betritt der berühmte Wachtmeister
Siebenschütz das Stadt- und Polizeiamt.
Das ließ alle Beamten ihren
Hunger für eine Zeitlang vergessen. Sie stürzten in die Halle, um den
furchtlosen Mann zu beglückwünschen. Im Nu war er umdrängt und mußte immerzu
Hände schütteln. Der Stadt- und Polizeipräsident Klimm von Klammelfinger
höchstpersönlich schloß Knasterbax in die Arme und gab ihm einen Kuß auf die
Wange, was alle andern Polizisten auch von Herzen gern getan hätten.
„Mein lieber Herr
Siebenschütz“, sagte der Präsident, „Herr Kollege, wir sind stolz auf Sie! Sie
haben wieder einmal gezeigt, daß die Polizei mit jedem Räuber fertig wird.
Kommen Sie bitte mit in mein Zimmer, damit ich Ihnen einen Orden geben kann.
Die Belohnung können Sie ja leider nicht bekommen, weil Sie von der Polizei
sind. Wir werden das Geld dazu benutzen, die Gitter an den Fenstern unseres
Gefängnisses zu erneuern, weil sie durchgerostet sind.“
„So eine Schweinerei!“ rief
Knasterbax enttäuscht.
„Das ist auch unsere Meinung“,
stimmte ihm der Präsident zu, „aber Sie können sich beruhigen, diesmal werden
wir Gitter aus rostfreiem Stahl anbringen, wir haben ja nun Geld genug!“
Nach diesen Worten hängte er
dem Räuber einen blitzenden Orden um den Hals, der aus einer kleinen
vergoldeten Pistole und einem Paar silberner Handschellen bestand, und drückte
ihm herzhaft die Hand. Dann erinnerte er sich an seinen Hunger und die leckere
Erbsensuppe, die es heute in der Kantine gab, und geleitete ihn zur Tür.
Und schon stand Knasterbax
wieder draußen, hatte einen Orden um den Hals, aber keinen Pfennig Geld in der
Tasche. Er war wütend und hätte dem Polizeipräsidenten den dummen Orden am
liebsten vor die Füße geworfen, aber das große Tor war schon hinter ihm
abgeschlossen worden.
Knasterbax stampfte nach dem
Reinfall auf dem Stadt- und Polizeiamt mißmutig durch die Grünkohlstraße von
Flunkerheide. So schön hatte er sich sein neues Leben als Polizist ausgemalt!
Mit der großen Belohnung in der Tasche wollte er den ganzen Tag spazierengehen,
ein wichtiges Gesicht machen und genausowenig tun wie die anderen Polizisten.
Und nun fing die Sache so unerfreulich an! Er hatte kein Geld,
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