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Immer verlasse ich dich

Immer verlasse ich dich

Titel: Immer verlasse ich dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Scoppettone
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ich
erkenne, daß es um eine ernste Sache geht. »Ich dachte, du willst vielleicht Bescheid
wissen. Es geht um Megan Harbaugh...«
    »Ich weiß es schon.«
    »Ach ja?«
    »Es ist ein komischer Zufall, aber du
kennst doch unseren Freund William...«
    »Nein«, unterbricht er. »Ich weiß von
William und dem versuchten bewaffneten Raubüberfall. Darum geht’s nicht. Es ist
danach passiert. Mensch, Lauren, ich weiß nicht, wie ich es dir sagen soll.«
Ich kann mich nicht erinnern, ihn schon einmal so erlebt zu haben.
    »Wie du mir was sagen sollst?« Doch
noch während er dies sagt, weiß ich genau, was Cecchi mir sagen wird, und ich
kann es nicht ertragen.
    »Sie wurde erschossen. Megan ist tot.«

 
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     Ich hatte Megan Harbaugh länger gekannt als sonst einen Menschen,
ausgenommen meine Eltern. Wir lernten uns in der ersten Klasse kennen. Sie war
schon damals die größte Schülerin der Klasse und ich die kleinste. Ich weiß
nicht, ob es an ihrem angeborenen Beschützerinstinkt lag oder ob sie mich
einfach mochte, jedenfalls wurde Megan auf Anhieb meine Freundin. Freundin und
Beschützerin.
    Wir waren ein merkwürdiges Duo. Neben
dem Größenunterschied von fast achtundzwanzig Zentimetern war sie so hell wie
ich dunkel, ihr praktisch weißes Haar umrahmte ein Chormädchengesicht mit
frechen blauen Augen, die in dein Innerstes zu sehen schienen, wenn sie
zufällig deinen Blick auffingen.
    Schon mit sechs Jahren war sie witzig.
Und verbreitete Spaß. Nach der Schule spielten wir zusammen, denn es stellte
sich heraus, daß Meg nur eineinhalb Blocks von mir entfernt in South Orange,
New Jersey, wohnte. Manchmal dachte ich, das einzig Gute an diesem Staat sei,
daß Megan dort geboren wurde.
    Unsere Clique in dem Viertel bestand
aus fünf Leuten, Danny, Bobby, Joan, Megan und mir. Meg und ich waren die
Anführerinnen... eigentlich nur sie, aber wegen unserer engen Freundschaft
schien es, als sei ich es ebenfalls. Wir spielten alle bekannten Spiele, die
Kinder so spielen: Cowboys und Indianer, Räuber und Gendarm, Haus, Schule,
Laden. Im Winter bauten wir Iglus und fuhren mit unseren American Flyers meinen
Hügel runter. Das restliche Jahr über waren Fahrräder unser bevorzugtes
Fortbewegungsmittel. Meg wollte immer noch ein Stück weiter fahren, als wir
durften, und die Grenzen um diesen einen Extrablock überschreiten. Was immer
sie tat, ich tat es ihr nach. Das lag nicht daran, daß ich keine eigenen Ideen
hatte — es lag daran, daß ihre gewöhnlich besser waren, aufregender.
    Als wir etwa zehn waren und ohne die
anderen drei spielten, erfanden wir das Spiel Evol. Das war »Love« rückwärts
buchstabiert, und wir glaubten fest, daß niemand wußte, worum es ging, wenn wir
es unseren Eltern gegenüber erwähnten. Erst später erfuhr ich, daß alle
Bescheid wußten. Das Spiel war eine Art Hausspiel, jedoch mit sexuellen
Untertönen. Meg war immer der Ehemann, wegen ihrer Größe. Wir gingen nie über
Küsse hinaus, die außerdem ganz keusch waren, nie mit offenem Mund, aber wir
spielten durchaus auf den Teil mit dem Ins-Bett-gehen an; es war wie eine
Abblende im Film. Als kleine Kinder hatten wir alle zusammen »du zeigst mir
was, und ich zeig dir was« gespielt, aber das hier war etwas anderes. Dieses
Spiel hatte eine Geschichte, fast eine Handlung, und es lief in Fortsetzungen,
wie eine Fernsehserie. Ich schätze, wir spielten es wenigstens dreimal pro
Woche, bis wir zwölf waren und von der Grammar School abgingen.
    Auf der Junior High School waren die
Jungs ganz versessen auf Meg. Und sie auf die Jungs. Ich tat so, als empfände
ich dasselbe für Jungen, aber das tat ich nie.
    Praktisch vom ersten Tag der siebten
Klasse an wurden Meg und ihre Mutter zu Gegnerinnen, sie fochten einen
erbitterten Kampf über Jungen aus, der eigentlich ein Kampf um Sexualität war.
Meg kam in der sechsten Klasse vorzeitig in die Pubertät, und in der siebten
hatte sie schon große, voll entwickelte Brüste. Sie sah eher aus wie sechzehn,
nicht wie dreizehn.
    Zu Beginn ging sie noch gekrümmt, damit
niemand es sah, doch das nützte nicht viel. Die Jungen aus der sechsten Klasse
wußten Bescheid und machten ihr das Leben zur Hölle. Nicht so die Jungen aus der
neunten Klasse... sie sahen das alles schon ganz anders, und Meg fing wieder
an, aufrecht zu gehen und stolz auf ihre Brüste, die schmale Taille, ihre
Hüften zu sein. Sie stellte sich nicht zur Schau, sie nahm die Veränderungen
nur an und

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