Immortal: In den Armen der Dunkelheit
Haar. Ihr Gesicht war schmutzig vom Lauf durch die Wälder, zerkratzt und rissig von schneidenden Zweigen.
Er malte die Schnitte sachte mit seinen Fingerspitzen nach und wünschte, er besäße Tains Heilkräfte. Tain hätte Nadias Wunden in maximal zwei Sekunden schließen und verschwinden lassen können.
Der Drang, sie zu heilen, festzuhalten, für sie zu sorgen, war übermächtig. Er wollte sie in seine Arme nehmen und nach Hause tragen, wo er sie behielt, bis er die Welt sicherer für sie gemacht hatte.
Derlei Regungen sollte er für seine Rudelgefährtin empfinden, nicht für eine Dämonin – ganz gleich, wie schön sie war. Falls Logan noch eine Verbindung zu seinem Rudel hatte, könnte Matt fühlen, dass er eine Gefährtin erwählt hatte. Alphas hatten ein sehr gutes Gespür für die Nuancen eines jeden im Rudel, und Logan hätte wetten können, dass sein Fortgang allein dieses Band nicht gekappt hatte. Nein, Matt nutzte es aus, so wie er alles andere zu seinen Zwecken nutzte.
»Du solltest duschen«, sagte er leise, »und schlafen. Du musst dich ausruhen.«
Als er Verlangen in Nadias Augen aufblitzen sah, hämmerte sein Herz. Das Bett stand gleich neben ihnen, ein wackliges Möbelstück mit einem fadenscheinigen blauen Überwurf.
Er bemerkte, wie Nadia zum Bett und dann wieder zu ihm blickte.
Hitze loderte auf. Sie wollte es.
Nein!
Er wich zurück. »Geh duschen! Wir reden später darüber, was wir mit dir machen.«
»Mit mir machen?«, fragte sie und wurde rot. »Ist es zu viel von deinem Hirn verlangt, zu begreifen, dass du nichts mit mir zu tun hast?«
Ohne seine Antwort abzuwarten, schlüpfte sie an ihm vorbei und zum Bad, wo sie die Tür hinter sich zuknallte, dass die dünnen Wände wackelten.
Logan starrte auf die Badezimmertür. Dann hörte er, wie die Dusche aufgedreht wurde und die Rohre klimpernd ächzten, als das warme Wasser hindurchfloss.
Zwangsläufig stellte er sich vor, wie sie alles auszog – seine Sachen – und auf den kalten Fliesenboden fallen ließ. Wie sie nackt den Plastikvorhang zurück- und wieder vorschob, während sie unter den dampfenden Wasserstrahl trat.
Logan machte einen Schritt auf das Bad zu und verharrte dort. Sein Magen krampfte sich zusammen.
Er war hergekommen, um sie zu beschützen, nicht um sie sich zu nehmen. Auf keinen Fall würde er sich wie Matt verhalten.
Also wandte er sich vom Bad ab. Er verlangte schmerzlich nach ihr, und seine Erektion nahm es ihm übel, dass er sie nicht ins Bett zerrte. Zweifellos wollte er sie, wollte ihr zeigen, wie viel er in der ganzen Zeit an sie gedacht hatte.
Und vor allem wollte er sie aus einem ganz niederen Grund: Um ihren warmen weiblichen Körper unter seinem zu spüren, um ihr in die Augen zu sehen, wenn sie kam, wenn sie sich unter ihrem Höhepunkt wand und ihn mit ihren inneren Muskeln umklammerte.
Schluss!
Er nahm sein Handy vom Tisch und klappte es auf. Eine ganze Weile sah er nur auf das Display, ehe er langsam eine Nummer eingab, die er bisher erfolglos versucht hatte zu vergessen.
Eine Frau nahm ab und meldete sich mit einem atemlosen »Hallo?«.
»Kayla«, sagte Logan.
Er musste ihr nicht erklären, wer dran war. Sie rang hörbar nach Atem.
»Logan.«
»Wo steckt Matt?«
»Du dürftest nicht anrufen, Logan. Du gehörst nicht zum Rudel. Du wurdest ver …«
»Wo zur Hölle ist Matt?«, fiel Logan ihr knurrend ins Wort. Der Beta-Wolf in ihm war noch mächtig genug, dass sie abbrach, sich jedoch nicht traute, einfach aufzulegen. »Weißt du überhaupt, wo er sich herumtreibt?«
»Ja, ich weiß es.«
»Er jagt mir nach, stimmt’s? Warum?«
»Matt kann reisen, wohin er will«, entgegnete Kayla schnippisch. »Er ist der Rudelführer, Arschloch!«
Wenn man bedachte, dass Logan einst in sie verliebt gewesen war …
Nein, Liebe war das nie gewesen. Sie war ihm versprochen und er ihr gegenüber loyal gewesen und hatte sie beschützt. Sein Lohn dafür hatte darin bestanden, dass sie zu Matt gerannt war und eine erbitterte Feindschaft zwischen ihnen gesät hatte.
»Matt ist hergekommen, um mich zu töten«, fuhr Logan ungerührt fort. »Weshalb macht er sich solche Umstände? Ich habe das Rudel verlassen, wie du sagtest. Ich bin weggegangen, damit ihr beide bis ans Ende eurer Tage glücklich und zufrieden leben könnt.«
»Es ist noch nicht vorbei«, antwortete Kayla.
»Doch, das ist es.« Für Logan war es vorbei und erledigt. Er hatte seinem alten Leben den Rücken gekehrt, und dabei blieb
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