Immortals after Dark 01 - Nacht des Begehrens
gefüllt, worauf er sogar noch heftiger reagierte als in dem Moment, da das auflodernde Feuer ihm die Haut von den Beinen brannte. Nicht ein einziges Mal hatte er ihnen die Genugtuung verschafft, ihn vor Schmerzen schreien zu hören. Nicht, als er zum ersten Mal starb, auch nicht beim zweiten Mal oder irgendeinem anderen Mal, bei dem er im Verlauf der nächsten fünfzehn Dekaden immer wieder verbrannte, nur um in einer neuen Hölle wieder zum Leben zu erwachen. Sein Hass war das Einzige, was ihm half, nicht endgültig und unwiderruflich dem Wahnsinn zu verfallen, und daran klammerte er sich.
Er klammerte sich daran, als das Feuer nachließ. Er klammerte sich daran, als ihm klar wurde, dass ihn einzig und allein sein Bein davon abhielt, ihr zu folgen, und als er sich dazu zwang, seinen Knochen entzweizubrechen, und er klammerte sich in dem Moment daran, in dem e r … die Bestie losließ, damit si e …
Sie ließ den Kopf hängen und würgte. Er hatte sich daran geklammert, bis er sie gefunden hatte. Sie, deren Witterung er an der Oberfläche aufgenommen hatte, diejenige, die ihn retten sollt e …
Dann hatte er diesen Kampf also letztendlich für sie ausgefochten.
Sie fragte sich, wieso er sie nicht getötet hatte? Wie kam es, dass er seiner Verwirrung und seinem Hass nicht nachgegeben hatte, die sich mit seinem Verlangen, sie zu der Seinen zu machen und endlich Vergessen zu finden, vermischt hatten? Wie kam es, dass er sie nicht mit Gewalt genommen hatte, als seine Haut noch brannte?
Er wollte nicht, dass sie von seinen Qualen erfuhr, und sie verstand jetzt, warum. Sie wusste, dass sie ihm von ihren Träumen erzählen musste, aber was sollte sie dazu sagen? Dass dies ein geradezu apokalyptischer Fall von „So genau wollt ich’s gar nicht wissen“ war? Dass sie endlich wusste, wie seine Folter ausgesehen hatte, und sicher war, dass dies das Schlimmste war, was man je einem Lebewesen angetan hatte?
Wie zum Teufel sollte sie ihm bloß sagen, dass es ihr Vater war, der ihm das angetan hatte?
Bösartige, dreckige Parasiten, die in die Hölle gehören.
Fast hätte sie sich übergeben, aber es gelang ihr, den Drang zu unterdrücken. Sie wusste, Lachlain würde sie dafür nicht hassen, aber es würde brennen, sich langsam einfressen wie ein winziger Tropfen Säure auf der Haut. Es würde niemals aufhören, an ihm zu nagen. Ihr Vater hatte fast seine ganze Familie zerstört, eine Familie, die er bedingungslos geliebt hatte.
Da sie nun wusste, was Lachlain alles durchgemacht hatte, und seine Gedanken kannte, seine Rachschwüre, überkam sie siedend heiß ein Gefühl der Scham, dass sie sich mit ihm wegen seiner geplanten Rache gestritten hatte. Vor allem in diesem Moment, wo sie kurz davorstand, sie ihm für alle Zeit abzunehmen.
Ihre Entschlossenheit war immer noch, nun ja, entschlossen. Als sie inmitten des Gemetzels auf dem kühlen Boden Kinevanes gelegen hatte, waren ihr alle möglichen Gedanken durch den Kopf geschossen. Ihre bittere Scham war schließlich vom berühmt-berüchtigten Stolz der Walküren überwältigt worden sowie von deren Ehrgefühl, das sich endlich in ihr gerührt hatte. Unwürdig. Verängstigt. Emma die Sanftmütige – das war vorbei.
Den n – und das war das Erstaunlichst e – jetzt, wo sich ihre Gefühle gefestigt hatten und sie wieder klarer denken konnte, würde sie genau dasselbe wieder tun.
Es erschreckte sie, wie entschlossen sie war. Sicher, die alte Emma lauerte immer noch irgendwo im Hintergrund ihres Verstandes und hörte nicht auf, sie mit piepsender Stimme zu erinnern, wie dumm das alles war: He, wie gefällt dir eigentlich meine neue Hose aus purem Fleisch? Wo war doch gleich noch mal der Tigerkäfig?
Es war wahrhaftig tollkühn.
Aber die neue Emma wusste, dass sie nicht zu dumm war, um leben zu wollen; aber sie schämte sich zu sehr, um sich deswegen Sorgen zu machen. Sie musste es einfach tun, um alles wieder in Ordnung zu bringen, mit ihrem Koven und mit Lachlain.
Lachlain . Der großherzige König, dem sie mit Haut und Haaren verfallen war. Für ihn würde sie unbarmherzig kämpfen.
Ihr Vater, ihre Bürde. Sie war gekommen, um Demestriu zu töten.
Eine ganze höllische Stunde lan g – so lange, wie Harmann brauchte, um ihn zu dem Privatflugplatz zu fahre n – kämpfte Lachlain dagegen an umzukehren. Er war weder dazu fähig, sich von der hauchdünnen Linie zurückzuziehen, noch konnte er so vernünftig nachdenken, wie es eigentlich nötig gewesen wäre. Die
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