Immortals after Dark 03 - Versuchung des Blutes
anderer Gefahren war. In dieser dicht bewaldeten Region konnte jederzeit ein Krieg zwischen zwei menschlichen Armeen ausbreche n – ein Revierkampf zwischen einem etablierten Drogenkartell und einer größeren Bande von Narco-Terroristen. Der Konflikt würde sich mit Gewissheit in nächster Zeit zuspitzen.
Was zum Teufel hatte sie sich bloß dabei gedacht? Die Tatsache, dass sie irgendwie zur selben Zeit wie die anderen eingetroffen wa r – und früher als Bowe selbs t – , spielte bei seinen Überlegungen keine Rolle.
Auf dem Beifahrersitz lagen noch zwei Landkarten ausgebreitet, beide mit zahlreichen Hervorhebungen versehen und mit ausführlichen Notizen bekritzelt. Auf dem Rücksitz befanden sich vier wissenschaftliche Bücher, darunter Pyramiden und Paläste, Monster und Masken: Das Goldene Zeitalter der Architektur der Maya . Viele der Seiten waren systematisch mit bunten Zetteln markiert.
Neben den Büchern lag ein abgewetzter Rucksack, von dem auf der einen Seite eine mit Matsch bedeckte Machete herabhing und auf der anderen Seite ein iPod, dessen leuchtendes Pink hier völlig fehl am Platz zu sein schien.
Ein pinkfarbener iPod mit Katzenaufkleber n – um der Götter willen!
Wie jung war sie eigentlich? Es war möglich, dass sie erst seit Kurzem zu den Unsterblichen zählte, also war sie vielleicht nicht mal über hundert.
Aber ganz gleich, wie alt sie war, offensichtlich war sie zu jung und zu dumm, um zu wissen, dass man mit einem mächtigen zwölfhundertjährigen Lykae lieber keine Spielchen trieb.
Und sie hatte mit ihm gespielt und ihn verzaubert, damit er sie küsste. Bowen MacRieve verachtete Hexen; er würde ganz sicher niemals vor Verlangen nach einer von ihnen den Verstand verlieren.
Sein eigener Vater war den Machenschaften einer Hexe zum Opfer gefallen. Bowe erinnerte sich gut an den gehetzten Blick seines Vaters, noch Jahrhunderte später, als er von seinem Zusammentreffen mit einer Hexe mit rabenschwarzem Haar und von unglaublicher Schönhei t – und unaussprechbarer Bösartigkei t – erzählte.
Angus MacRieve war ihr an einer verschneiten Wegkreuzung in der alten Heimat begegnet. Sie hatte eine samtschwarze Hermelinstola und ein weißes Gewand getragen und war das lieblichste weibliche Wesen, das er je gesehen hatte. Sie hatte ihm versprochen, er habe einen Wunsch frei, wenn er sie zu einer benachbarten Stadt führen würde. Angus war erst siebzehn gewesen und hatte sich gewünscht, was er sich schon immer gewünscht hatte: Er wollte der Stärkste unter seinen Brüdern sein, die ihn unbarmherzig schikanierten, wenn sie es auch nicht böse meinten.
Am nächsten Tag hatten drei von ihnen einen zugefrorenen See überquert, wie jeden Tag. Obwohl die Kälte des Winters noch nicht nachgelassen hatte, war das Eis gebrochen, und sie waren ertrunken. Am Tag danach waren zwei weitere Brüder an einer Art Fieber erkrankt, das sie rasch dahingerafft hatte, obwohl es sich bei ihnen um kerngesunde, kräftige junge Männer gehandelt hatte.
So hatte die Hexe ihm seinen Wunsch also erfüllt. Jetzt war Angus in der Tat der Stärkste von allen.
Bowens Vater konnte seine überwältigenden Schuldgefühle niemals verwinden. Aufgrund seiner Ta t – so unabsichtlich sie auch immer begangen worden wa r – hatten nur zwei der sieben Söhne des Königs der Lykae überlebt: Angus und ein sehr viel jüngerer Bruder.
Schlimmer noch, Angus hatte zu seinem Entsetzen feststellen müssen, dass er jetzt der Thronerbe war, und er hatte seinen Anspruch sogleich bereitwillig aufgegeben.
Dieser Hexe hatte es Vergnügen bereitet, das Leben eines Jungen zu ruinieren, der weder ihr Feind war, noch sein Schwert im Zorn oder zum Angriff erhoben hatte.
Hexen verfolgten nur ein einziges Ziel: Zwietracht zu säen, Hass zu verbreiten, einer einst stolzen Familie die Saat des Verderbens einzupflanzen.
Einen Mann dazu zu verführen, zum ersten Mal vom Pfad der Tugend abzuweichen.
Wut überkam Bowe, als er darüber nachdachte, was er gerade getan hatt e – mit einer verfluchten Hexe.
Er brüllte so laut, dass der Lärm durch den ganzen Dschungel hallte. Dann schlug er seine Klauen in die Seite ihres Jeeps und riss ihn der Länge nach auf. Nachdem er die dicken Reifen durchbohrt und den Motor aus dem Chassis gerissen hatte, machte Bowe sich an die anderen Wagen und zerfetzte sie, bis sie vollkommen nutzlos waren.
Außer Atem und mit Metallsplittern übersät, blickte er mit finsterem Blick auf seine Hände hinunter. Er
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