Immortals after Dark 08 - Flammen der Begierde
vögeln, wie er wollte.
Er erreichte den Felsenhaufen an der Dammwand und begann zu klettern. In seinem Kopf ging es während des Aufstiegs drunter und drüber.
Wie leicht es doch sein könnte, wenn sich seine Gefühle für sie in Hass verwandeln würden, wie ihre es offensichtlich getan hatten. Hass wäre sicher weniger schmerzlich als diese Besessenheit. Diese quälende Abwesenheit nicht mehr jede einzelne Minute des Tages fühlen zu müssen …
Doch dann runzelte er plötzlich die Stirn. Lucia verhielt sich zwar so, als ob sie ihn jetzt verachtete, aber zuvor hatte sie ihm wieder und wieder bewiesen, dass sie etwas für ihn empfand. Er erinnerte sich an ihre Sorge bei seinen Vorbereitungen, zur Barão hinüberzuschwimmen, oder als sie kurz davorgestanden hatte, ihm ins Wasser hinterherzuspringen. Und dann ihre eigenen Worte: »… je mehr ich dich mag, umso weniger will ich dir meine Geheimnisse verraten. «
Als er oben auf dem Steindamm angekommen war, blickte er unwillkürlich zurück. In weiter Ferne sah er Lucia, die auf den Knien lag und weinte. Er atmete tief aus und rieb sich die schmerzende Brust. Er konnte sie noch nie gut weinen sehen.
Verdammt soll sie sein! Wie es schien, hatte er sein Maul reichlich weit aufgerissen, als er behauptet hatte, er sei mit ihr fertig. Denn die Wahrheit war …
»Sie ist mein Mädchen«, murmelte er.
Egal, was passiert, ich könnte sie nie verlassen.
Schweren Herzens und voller Bedauern machte er sich auf den Rückweg zu ihr. Die Bewegung im Gebüsch sah er erst viel zu spät.
41
Lucia befand sich nach wie vor in einem Schockzustand. Sie konnte einfach nicht aufhören zu zittern und starrte ihren Bogen an, als wäre er ein abgetrennter Arm, der nie wieder anwachsen würde.
Kummer überschwemmte sie, Verzweiflung zerrte an ihr. Ich bin nichts. Ich habe der Welt nichts zu bieten. Nichts, was mich von anderen abheben würde. Bis vor Kurzem hatte sich Lucia davor gefürchtet, dass aus der Bogenschützin einfach nur die Gefährtin des Lykae werden würde. Jetzt war sie noch nicht einmal mehr das.
Nachdem MacRieve sie verlassen hatte, war sie zu Boden gesunken und hatte den Kopf in die Hände gelegt, um zu weinen. Vor zwölf Monaten hatte sie vorhergesehen, dass er ihr Ruin sein würde. Sie hatte recht behalten.
Will er mich wirklich verlassen? Ja, es war ihm ernst. Gerade erst hatten sie unglaublichen, atemberaubenden Sex gehabt, und dann war sie einfach mit ihren wilden Anschuldigungen über ihn hergefallen.
Aber sie war auch noch nie so wütend gewesen, hatte sich noch nie so benutzt gefühlt. Seinetwegen war sie nun für alle Zeit eine andere, was man von ihm allerdings nicht behaupten konnte. Er hatte sie zu der Seinen gemacht, hatte zumindest dieses primitive Verlangen erfüllt, das einen Lykae antrieb. Nun konnte er sich auch mit anderen zufriedengeben. Und nachdem sein Bruder erneut auf dem Thron saß, würde er einfach sein Leben als Dunkler Prinz wiederaufnehmen, als Frauenheld und Raufbold.
Lucia hingegen war es nicht möglich, in ihr Leben vor MacRieve zurückzukehren.
Und jetzt habe ich ihn auch noch verloren. Er hatte sie gewarnt, dass sie eines Tages zu weit gehen würde. Das war heute geschehen. Die vernünftige, rationale Lucia begann, noch heftiger zu schluchzen.
Was war schlimmer? Zu wissen, dass sie ihn verloren hatte? Oder dass sie ihn womöglich mehr vermissen würde als ihre Schießkünste … ?
Mit einem Mal zuckten ihre Ohren. Sie hatte einen kurzen Schrei gehört und hob ihren Kopf mit einem Ruck. Es hatte wie MacRieve geklungen – als ob er abgewürgt worden wäre.
Lucia sprang auf die Füße, wischte sich mit dem Arm übers Gesicht und blickte sich aufmerksam um. Vereinzelte Sonnenstrahlen drangen durch den Baldachin über ihr, sodass das Grab und die erhabenen Statuen seltsame Schatten warfen.
Sie sah auf, spähte weit in die Ferne und sah eine Bewegung. Ja, dort oben auf dem Damm, vielleicht eine Meile entfernt.
Moment mal … Zuerst traute Lucia ihren Augen nicht. Durch die Tränen hindurch sah sie alles nur verschwommen, und die Entfernung war doch ziemlich groß … Aber ihr Verstand begriff ganz allmählich, dass die größte Schlange, die sie je gesehen hatte, ihren muskulösen grünen Körper um MacRieve geschlungen hatte, sein Gesicht nur wenige Zentimeter von dem Kopf des Untiers entfernt.
Ihr fleischiger Körper war von schwarzen Punkten übersät, und über ihrer Nase erhob sich eine Art Knochenkamm, der sich an ihren
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