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Imperator

Imperator

Titel: Imperator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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habe – und was mein Großvater mir von den Ereignissen in seiner eigenen Jugend erzählt hat –, wurde der Leser darin eindringlich aufgefordert, den Kaiser zu töten! Ich glaube, Konstantins Ermordung war der Zweck der Prophezeiung. Alles andere, die Vorhersagen über Claudius’ Invasion und den Bau des Walls, diente nur als Beweis für ihre Echtheit. Es sollte die Besitzer der Prophezeiung in Konstantins Zeit dazu bringen, ihren Auftrag ernst zu nehmen.
    Aber das sind nur Vermutungen. Wie gern wüsste ich mehr! Ich habe meine eigene Rekonstruktion des Textes niedergeschrieben – hier irgendwo …« Er wühlte in seiner Tasche und brachte weitere Pergamente zum Vorschein. »Aber die letzten paar Zeilen lassen sich aus Claudius’ Erinnerungen nicht rekonstruieren; sie scheinen ihn nicht interessiert zu haben. Er beschreibt sie nur als ›Geschwafel über Freiheit und die Rechte von Völkern‹.«
    Maria sagte: »Du hast davon gesprochen, dass Gott die Macht besitzt, die Vergangenheit umzuschreiben. Willst du damit sagen, dass Gott unserer Familie befohlen hat, einen Kaiser zu töten?«
    Die Antwort fiel Nennius nicht leicht. »Sicherlich nicht Gott selbst – aber wenn Gott über solche Macht verfügt, wäre es dann nicht möglich, dass Menschen ihm eines Tages nacheifern könnten? Was, wenn es
ein Mensch war  – ein Mann oder vielleicht sogar eine Frau unserer Zeit, oder unserer Zukunft –, der durch die Macht des Gebets nach der Vergangenheit gegriffen hat, um mittels der Prophezeiung Änderungen daran vorzunehmen? In unserer Familiensage ist die Rede von einem Weber, der außerhalb des Zeitteppichs steht und am Verlauf unserer Leben zupfen kann, als wären es bloße Fäden.«
    »Und wenn er es getan hat, dieser Weber – was hat er damit bezweckt? Warum sollte Konstantin sterben?« , fragte Tarcho.
    »Um das Christentum zu retten«, erklärte Nennius lebhaft. »Dieses Ziel haben unser Großvater und seine Gefährten jedenfalls aus dem erhalten gebliebenen Akrostichon herausgelesen. Wäre Konstantin damals gestorben, hätte er das Christentum nicht korrumpieren und zu einem Arm des Staates machen können – und es wäre nicht derart intolerant geworden. Es hätte keine Verfolgung der einen Christen durch die anderen gegeben, keine Hetzjagd auf einen Denker wie Pelagius.«
    Tarcho nickte. »Christen aus der Zukunft wollten also Konstantin umbringen lassen und ihrer Religion die verlorene Reinheit wiedergeben. Willst du darauf hinaus?«
    »Ja«, sagte Nennius. »Nun ja, vielleicht. Ich weiß es nicht! Ich rekonstruiere jahrhundertealte Ereignisse und die mysteriösen Motive der dahinterstehenden Figuren, ohne dass mir das Hauptbeweisstück, die Prophezeiung, zur Verfügung steht.«

    Tarcho runzelte die Stirn. »Für mich klingt das alles ein wenig teuflisch.«
    »Aber wenn man solche Macht hätte, wenn man die Geschichte verändern könnte – warum sollte man sie auf diese Weise einsetzen?«, sagte Maria nachdenklich. »Die Kirche überlebt auch dort, wo das Imperium abstirbt – wie hier in Britannien. Sie ist wie eine Kleiderhülle über dem Körper des Reiches, die noch steht, obwohl das Skelett im Innern zerfallen ist. Wenn ich die Geschichte verändern könnte, würde ich mir keine Gedanken über die Kirche machen, denn sie ist robust genug, um den Eingriffen von tausend Konstantinen zu widerstehen. Ich glaube, ich würde einen Weg suchen, die Rückkehr Britanniens zu Rom zu beschleunigen.«
    Nennius nickte weise. »Natürlich. Britannien hat immer zur römischen Welt gehört. Es ist nur eine Frage der Zeit …«
    »Nein«, fauchte Tarcho. »Die Dinge liegen jetzt anders. Rom ist das letzte einer Reihe alter Imperien, die bis zu Alexander zurückreicht. Aber die Welt hat sich verändert, und Roms Zeit ist um. Wenn die Caesaren wirklich jemals wiederkommen, wird man ihnen keinen freundlichen Empfang bereiten.« Er musterte Nennius. »Weißt du, Vetter, du solltest hierbleiben. Hier in Brigantien. In unserer Familie hat es alles Mögliche gegeben, Soldaten, Steinmetzen, Gelehrte. Im tiefsten Innern waren wir jedoch immer Briganten.«
    Nennius runzelte die Stirn. »Aber der Trojaner Äneas ist nach Britannien gekommen und …«

    Tarcho machte eine wegwerfende Handbewegung. »Vergiss diesen Quatsch. Hier im Norden wissen wir immer noch, wer wir sind. Unser Großvater Audax ist als Sklave aufgewachsen, aber er hat trotzdem im Gedächtnis behalten, dass er Brigant war. Und jetzt, wo die Römer

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