Impfen Pro & Contra - Das Handbuch für die individuelle Impfentscheidung
Beschluss des Berliner Kammergerichts aus dem Jahr 2005 sind Impfungen aufgrund möglicher Komplikationen und Nebenwirkungen von einer solchen Bedeutung für das Kind, dass über sie von beiden Eltern einvernehmlich entschieden werden muss (Az. 13 UF 12/05).
Die Impfentscheidung ist – bei all den Unsicherheiten, die in diesem Bereich vorhanden sind und immer sein werden – letztlich eine intuitive Entscheidung. Sie ist von einem »rationalen«, wissenschaftlichen Standpunkt aus nur bedingt angreifbar. Schließlich werden wichtige Fragen wie die positiven Auswirkungen von Krankheiten auf die Lebensqualität, die langfristigen Folgen von Impfungen für den Einzelnen und die Nachhaltigkeit von Massenimpfungen in einer Gesellschaft wissenschaftlich nicht untersucht, ja sie sind mit wissenschaftlichen Methoden auch höchstens ansatzweise zu untersuchen, da wesentliche Kriterien wie beispielsweise körperliches Wohlbefinden, Persönlichkeitsentwicklung, Selbstbewusstsein oder auch die Gesundheit in einer Gesellschaft nicht in Zahlen auszudrücken sind.
Zudem sind wissenschaftliche Befunde immer nur eine Annäherung an die Wahrheit und nie der Weisheit letzter Schluss. »Wissenschaft wird immer eine Suche sein, niemals wirklich eine Entdeckung«, schreibt der Wissenschaftstheoretiker Karl Popper. Dies drückt sich auch in den unterschiedlichen nationalen Impfplänen und in der ständigen Diskussion darüber aus.
Impfen und Angst
Sicher leben wir heute in einer Zeit, in der Infektionskrankheiten für den Einzelnen nur noch geringe Bedeutung haben. Im Allgemeinen haben wir das Vertrauen, dass solche Krankheiten medizinisch »beherrschbar« sind. Todesfälle durch klassische Seuchen wie Diphtherie oder Masern sind eine extreme Rarität. Mit dem Verschwinden der Seuchen, zu dem neben dem gestiegenen Lebensstandard und der besseren Hygiene die Impfungen ihren Teil beigetragen haben, geraten ihre Gefahren in Vergessenheit, und die Nachteile von Impfungen kommen uns umso mehr ins Bewusstsein.
Impfprogramme zur Ausrottung von Krankheiten entwickeln andererseits eine enorme Eigendynamik, da sie nur dann erfolgreich sein können, wenn möglichst rasch möglichst große Teile der Bevölkerung – in der Regel mehr als 95 Prozent – daran teilnehmen: »Die Details des Impfplanes sind relativ unwichtig im Vergleich zu einer möglichst frühzeitigen und möglichst vollständigen Durchimpfungsrate« (Schmitt 2001a). Medienberichte und Informationsmaterial zum Impfthema stellen daher einseitig die Gefahren von Krankheiten und den Nutzen von Impfungen in den Vordergrund.
Der Verfassungsrechtler Prof. Dr. Rüdiger Zuck sieht das Selbstbestimmungsrecht im Impfbereich gerade deswegen gefährdet, weil »das Allgemeininteresse an einer hohen Durchimpfungsrate bis zur Grenze jeglicher Abwägungsresistenz in den Vordergrund gerückt worden ist« (Zuck 2011). Wichtigster Bestandteil der Öffentlichkeitsarbeit durch Behörden und Industrie ist es, Angst zu erzeugen, um die Impfmotivation zu erhöhen. Ein ganzer Forschungszweig hat sich mit der Frage beschäftigt, welches »Angstniveau« für diesen Zweck optimal ist. Die bewusste Auseinandersetzung mit den Themen Vorbeugung und Impfung, Krankheit und Sterben, mit dem Sinn des Lebens überhaupt wird auf diese Weise blockiert, die Menschen werden entmündigt, ihre Gesundheit wird abstrakten Zielen untergeordnet.
Hinter dieser Verschärfung der Impfdebatte steht immer noch das Schreckgespenst der Impfpflicht. Sie würde eine maximale »Durchimpfung« der Bevölkerung bewirken, andererseits aber auch starken Widerspruch und Widerstand hervorrufen.
Wie erfolgreich die Strategie der Angsterzeugung ist, zeigt eine Studie, in der die subjektive Wahrnehmung von Gefahren und das tatsächliche Risiko miteinander verglichen wurden (Höppe 2005). In dieser Studie setzten Eltern die Gefahren von Zeckenbissen auf Rang 2, von Meningitis auf Rang 4, von Kinderkrankheiten auf Rang 6 und von Hepatitis auf Rang 7 – Risiken, die in der Impfpropaganda eine große Rolle spielen. Experten gaben den entsprechenden Risiken lediglich die Ränge 19, 20, 29, 36 auf der Risikoskala. Unfälle, Bewegungsmangel, Passivrauch, Dieselruß, Allergene und psychischen Stress hatten die Eltern in ihrem Einfluss auf die Kindergesundheit völlig unterschätzt.
Eine zentrale Funktion im Spannungsfeld der Impfentscheidung hat die Wissenschaft. Abhängig von Geldgebern im öffentlichen und vor allem privaten Bereich,
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