In alter Freundschaft - Kriminalroman
sie mir nach.
Ich wandte mich um. »Ich habe keinen Wagen gesehen.«
»Es gibt eine Garage unter dem Anbau. Ich zieh nur rasch meine Schuhe an.«
Nach dem Tempo ihrer Bewegungen zu urteilen, war sie wieder im Vollbesitz ihrer Kräfte.
Tatsächlich stand Kummers schwarzer Flitzer in der Garage.
»Geben Sie mir die Schlüssel!«, sagte ich. »Ich glaube, es ist besser, wenn ich fahre.«
Wir schossen den Berg hinunter, sodass den Gänsen Hören und Sehen verging. Schapdetten sah jetzt viel gemütlicher aus.
»Wohin fahren wir?«, fragte sie nach einer Weile.
»Zum Polizeipräsidium«, sagte ich.
Sie gab ein Geräusch von sich, das Ergebenheit oder Protest bedeuten konnte.
»Ihr Kinderpornoladen ist aufgeflogen«, redete ich weiter. »Sie und Ponti sind sowieso dran. Wollen Sie mir nicht endlich sagen, was Sie über den Mord an Ines Block wissen?«
Sie seufzte. »Sie sind ein Arschloch, aber vielleicht haben Sie mir das Leben gerettet. Also schulde ich Ihnen etwas, oder?«
Ich guckte sie kurz an und bemerkte, dass sie den Versuch eines Lächelns startete. »Die Wahrheit würde mir schon genügen.«
»Die Pornogeschichte war Pontis Idee«, begann Claudia Kummer mit stockender Stimme. »Ich habe in diesem Kinderheim in Zweierwalde gearbeitet, bis ich keine Lust mehr hatte, mich um missratene Kinder zu kümmern. Eine Zeit lang genoss ich die Arbeitslosigkeit und das münstersche Nachtleben. Und eines Nachts im Bad lief mir Carlo Ponti über den Weg. Es war nicht die große Liebe, aber der Beginn eines bequemen Lebens. Er schmiss mit Geld nur so um sich, wir reisten viel und hatten viel Spaß miteinander. Irgendwann präsentierte er mir dafür die Rechnung. Man kann mit Kinderpornos unheimlich viel Geld verdienen. Aber das war, glaube ich, nicht der einzige Grund für ihn. Wahrscheinlich ist er ein bisschen pervers. Zuerst habe ich mich geweigert, aber als er damit drohte, mich auf die Straße zu setzen, willigte ich ein. Von der Stütze konnte und wollte ich nicht mehr leben. Also habe ich die Leute in Zweierwalde gekauft und die Dreharbeiten organisiert, obwohl ich das Ganze ekelhaft fand.«
»Immerhin waren Sie clever genug, um sich einen Anteil am Geschäft zu sichern«, warf ich ein.
Sie ließ ein rauchiges Lachen hören. »Ja. Ich handelte mit Ponti Prozente aus. Unsere Beziehung wurde eine rein geschäftliche, falls sie es nicht von Anfang an war. Von meinem Anteil konnte ich mir das Haus auf der Sentruper Höhe und einiges mehr leisten. Als Sozialarbeiterin hätte ich das nie geschafft.«
»So viel zur Moral«, sagte ich. »Und nun zu Ines.«
»Ines wusste nicht, womit ich mein Geld verdiente. Ich habe ihr etwas von einer Erbschaft erzählt.«
»Was passierte an dem Tag, als sie ermordet wurde?«, hakte ich nach.
»An dem Nachmittag kam sie zu mir. Armin hatte sie geschlagen und sie war wildentschlossen, nicht mehr zu ihm zurückzukehren. Wir begossen ihren Entschluss mit einer Flasche Sekt. Dann tauchte plötzlich Carlo Ponti auf. Ich hatte nicht mit ihm gerechnet, aber da er einmal da war, tranken wir zu dritt weiter. Ponti baggerte Ines an und sie schien nicht abgeneigt. Als wir alle ziemlich blau waren, überredete er uns, mit ihm ins Bett zu gehen.«
Ich schluckte. »Sie meinen …«
»Ach, der Detektiv ist etwas spießig«, lachte sie. »Haben Sie noch nie einen flotten Dreier gemacht?«
»Das ist schon etwas her«, murmelte ich. »Ich war siebzehn oder achtzehn.«
»Dann wissen Sie ja, was ich meine. Ponti war in Höchstform und es wurde ein vergnüglicher Nachmittag. Bis zu dem Moment, als er anfing, von unseren Pornos zu reden. Ines war entsetzt. Sie hatte ja keine Ahnung. Für mich war die Situation fürchterlich peinlich. Unter dem Vorwand, dass ich eine Verabredung hätte, habe ich die beiden verlassen. Als ich mich geduscht und angezogen hatte, lagen Ponti und Ines noch im Bett. Mehr weiß ich nicht.«
Ich brauchte einen halben Kilometer, um die Geschichte zu verdauen. »Glauben Sie, dass Ponti Ines getötet hat?«
»Bei Ponti weiß man nie, woran man ist. Er kann von einer Sekunde auf die andere ausflippen.«
»Ja«, sagte ich und wurde plötzlich unheimlich müde.
»Sie mochten Ines, nicht wahr?«, sagte die Kummer sanft.
»Das ist lange her«, antwortete ich.
»Wie lange?«
»Wir haben beide an der Uni Münster studiert. Ich war im Allgemeinen Studentenausschuss und den ganzen Tag damit beschäftigt, Streiks, Aktionstage oder Demos zu organisieren. Sie gehörte einer
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