In alter Freundschaft - Kriminalroman
sich lässig an die Wand. Sein Lächeln war nicht mehr so freundlich wie früher. Eigentlich bleckte er nur die Zähne, wie das Politiker tun, wenn sie nach einem verlorenen Wahlkampf vor die Kameras treten.
»Na, Schorsch, wie läuft's denn so?«
»Man schlägt sich so durch.«
»Oder man wird geschlagen, du beschissener kleiner Schnüffler. Warum steckst du deine Nase in Angelegenheiten, die dich nichts angehen? Hättest du dich um das gekümmert, wofür ich dich bezahlen wollte, würdest du jetzt nicht in der Scheiße stecken.«
Ich lehnte mich auf dem Bett zurück. Neben einem klapprigen Holzstuhl bildete es das gesamte Inventar des Raumes.
»Es sind deine Gorillas. Alle.«
»Was?«
»Dein Wachpersonal beklaut dich in Gemeinschaftsarbeit. Du musst dich nach einem neuen Fitnessstudio umsehen.«
»Warum sagst du das erst jetzt?«
»Weil es mir eine gewisse Genugtuung bereitet, dein dummes Gesicht zu sehen. Außerdem sind mir die Folgen im Moment egal.«
»Na schön.« Seine Stimme klang ärgerlich. »Das erklärt noch nicht, warum du mir nachschnüffelst.«
»Ich habe noch einen zweiten Klienten. Der möchte, dass ich ihn von einem Mordverdacht befreie. Dummerweise bist du mir bei den Ermittlungen in die Quere gekommen.«
»Ines Block«, sagte Carlo Ponti.
»Genau.« Ich richtete mich auf. »Tatsächlich war ich hinter der Kummer her. Ich hatte sie im Verdacht, mehr zu wissen, als sie mir gegenüber zugeben wollte. Und plötzlich erscheinst du auf der Bildfläche und willst ihr eine Flasche über den Schädel ziehen. So etwas geht mir gegen den Strich. Und noch weniger kann ich leiden, wenn man die Flasche dann auf meinem Kopf zertrümmert. Da werde ich richtig nachtragend.«
»Tut mir wirklich leid, Schorsch. Das war nicht persönlich gemeint.«
Ich ging nicht darauf ein. »Wo wir schon dabei sind: Was hast du mit der Kummer gemacht?«
Ponti grinste breit. »Schorsch, ich glaube nicht, dass du in der Position bist, mir Fragen zu stellen.«
»Dann möchtest du sicher auch nicht wissen, welchen Deal ich dir anbieten kann.«
»Vorschläge für Deals höre ich immer gerne, Schorsch.«
»Ein Gespräch mit der Kummer. Falls sie mir das erzählt, was ich hören will, bin ich bereit, die Kinderpornos zu vergessen.«
»Hmm, vielleicht lässt sich da was regeln. Aber zuerst musst du mir verraten, wie du nach Zweierwalde gekommen bist und wer sonst noch von der Geschichte weiß.«
Jetzt lächelte ich. »Das ist nicht fair, Carlo. Erst die Kummer, dann die Information.«
Er stieß sich von der Wand ab. »Ich will dir sagen, was fair ist, du kleiner Schnüffler. Spuck aus, was du weißt, oder wir nehmen dich so in die Mangel, dass deine Mutter dich nicht wiedererkennt.«
»Du hast zu viele schlechte Filme gesehen, Carlo. Das verdirbt die Sprache.«
»Okay, ich bin gleich zurück. Denk an meine Worte!«
Er verschwand und ich dachte an seine Worte.
Als sich die Tür ein paar Minuten später wieder öffnete, zuckte ich zusammen. Aber es war kein Folterknecht, sondern der verschüchterte Herr Hebbel. Ich atmete auf.
»Kommen Sie«, flüsterte er und wedelte mit der Hand, »ich bring Sie raus.«
Das ließ ich mir nicht zweimal sagen.
Gemeinsam huschten wir durch dunkle Gänge, vorbei an Türen, hinter denen Kinderstimmen zu hören waren.
»Die wollen Sie umbringen«, keuchte Hebbel. »Da mach ich nicht mit. Sagen Sie der Polizei, dass ich Sie gerettet habe.«
Er schloss eine Tür auf und wir standen im Freien.
»Was ist mit meinem Auto?«, fragte ich.
Hebbel schüttelte den Kopf. »Zu gefährlich. Man kann das Tor nur von der Pforte aus öffnen.«
Bis zum Tor ging alles glatt. Dann wurde es eine ungemütliche Kletterpartie. Hebbel blieb an einem Zacken hängen und riss sich Bein und Hose auf. Er jammerte, aber ich trieb ihn zur Eile an. Es war schließlich nur eine Frage der Zeit, bis Carlo Ponti uns suchen würde.
Auf halber Strecke zwischen Kinderheim und Zweierwalde hörten wir hinter uns ein Auto. Ich zog Hebbel von der Fahrbahn und drückte ihn in den Graben. Das Auto fuhr vorbei.
In Zweierwalde hatte man längst die Bürgersteige hochgeklappt und den Bewohnern Tiefschlaf verordnet. Die hell erleuchtete Telefonzelle auf dem Marktplatz gab ein hervorragendes Ziel für Scharfschützen ab.
Ich befahl Hebbel, sich in einem Hauseingang zu verstecken und zu pfeifen, sobald er etwas Verdächtiges bemerke. Dann ging ich todesmutig zur Telefonzelle und bestellte ein Taxi.
Nach einer Viertelstunde
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