In den Armen des Meeres
Mal umarmt, bis Emilian dazugekommen war. Es schien ihn etwas misstrauisch zu machen, dass die beiden Frauen den Tränen nahe waren und so gerührt schienen.
Danach hatte Elysse nur noch einmal angehalten – zu einem Besuch, den sie viel lieber vermieden hätte. Es war an der Zeit, sich von Blair zu verabschieden. Sie hatte ihn in seinem Büro aufgesucht, was sie noch nie zuvor getan hatte. Er hatte sie lange angesehen, dann alle anderen hinausgeschickt und die Tür geschlossen. »Sie machen der Sache ein Ende«, hatte er ohne Umschweife festgestellt. Seine Miene war verschlossen und verletzt.
»Es tut mir so leid!«, rief Elysse. Sie hatte sein schönes Gesicht mit beiden Händen umfasst. »Sie sind einer der besten Freunde, die ich jemals hatte – und einer der edelsten Männer, die ich je gekannt habe.«
Er hatte ihre Handgelenke umfasst. »Ich will nicht Ihr bester Freund sein, Elysse. Ich will der Mann sein, den Sie lieben.«
Langsam schüttelte sie den Kopf. »Ich empfinde so viel für Sie – aber noch mehr liebe ich meinen Ehemann.«
Seine Miene wurde verschlossen. Elysse hasste es, ihm wehzutun, aber es hatte keine andere Möglichkeit gegeben. Sie konnte nur hoffen, dass er eines Tages seine wahre Liebe fand.
Sie hatte ihn während ihrer engen Freundschaft nie belogen, und sie wollte es auch jetzt nicht tun. Als sie ihm gesagt hatte, dass sie die Stadt verließ, war sie sehr ausweichend gewesen, hatte keine Einzelheiten berichten wollen und nicht einmal erwähnt, dass sie nach Irland wollte. Doch er war ihr bis zum Schluss misstrauisch und skeptisch erschienen. »Wenn de Warenne nicht zur Vernunft kommt und Sie so behandelt, wie Sie es verdienen, dann werde ich ihn fordern«, hatte Blair offen erklärt. Das waren seine Abschiedsworte für sie gewesen.
Sie hoffte, dass Alexi zur Vernunft kam, so wie Blair es gesagt hatte.
»Denken Sie an Kapitän de Warenne?«, fragte Lorraine und unterbrach damit ihre Gedanken.
Sie dachte Tag und Nacht an Alexi, und ihre Zofe spürte das immer. »Ich denke an zu Hause«, sagte sie leise. Ein Boot, kleiner als ein Ruderboot, wurde ins Meer hinuntergelassen.
Ihr Magen zog sich zusammen. Waren sie an Bord ohne Courier denn sicher? Sollte sie darauf bestehen, zusammen mit Lorraine mit ihm an Land zu gehen? Als sie ihre Zofe ansah, kam Courier gerade auf sie zu. Er hatte eine zerknitterte Jacke angezogen und einen Dreispitz aus Filz. »Ich bin am Morgen zurück«, erklärte er höflich.
»Kapitän, vielleicht wäre es am besten, wenn meine Zofe und ich mit Ihnen an Land gingen.«
»Madame de Warenne, das ist unmöglich. Meine vertrauenswürdigsten Offiziere werden mit Ihnen an Bord bleiben. Es gibt absolut keinen Grund, etwas zu befürchten.«
Lorraine sah Elysse an und flüsterte: »Ich habe Angst, an Land zu gehen, Madam.«
Elysse hatte bereits erfahren, dass ihre Zofe nicht schwimmen konnte – das hatte sie mehrmals erwähnt. »Ich setze all mein Vertrauen in Sie, Sir.« Sie sah den Kapitän an und lächelte.
Sein Blick wurde freundlicher, und er verneigte sich. Einen Augenblick später sah sie zu, wie er mit fünf weiteren seiner Männer in das kleine Boot stieg. »Viel Glück!«, rief sie ihm nach, einem Impuls folgend.
Er winkte ihr zu.
Während der nächsten Stunde sah sie durch ihr Fernglas und seufzte erleichtert, als Couriers Boot es sicher durch die Wellen geschafft hatte. Dann drehte sie sich zu ihrer Zofe um. »Ich denke, wir sollten uns zurückziehen, Lorraine, und unter Deck bleiben, bis der Kapitän zurückkommt.«
Lorraine stimmte zu, und sie eilten hinunter in die kleine Kabine, die sie miteinander teilten. Darin standen zwei Betten, eines an jeder Wand, ein kleiner Schrank und ein Tisch. Alles war am Boden befestigt. Die Tür schlossen sie sofort ab.
In jener Nacht, als der Mond aufging, lag Elysse auf ihrem Bett und starrte durch das offene Bullauge hinaus. Sie konnte nicht schlafen. Die Nacht war finster, der Himmel übersät von Sternen, während der Dreiviertelmond ihr zuzulächeln schien. Sie dachte an Alexi, der gestanden hatte, viele schlaflose Nächte auf See verbracht zu haben, und ihr Herz schmerzte vor Sehnsucht. Inzwischen hatte er sicher das Kap der Guten Hoffnung erreicht. Ob er wohl an sie dachte? Konnte er ebenfalls nicht schlafen? Bestimmt dachte er an die Leidenschaft, die sie miteinander erlebt hatten. Sie hoffte, dass der Geist des armen Montgomery ihn in Ruhe ließ.
Nachts schienen die Masten noch lauter zu knarren.
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