In den Armen des Sizilianers
1. KAPITEL
Emma wurde es angst und bange, als sie den großen Mann mit dem blonden Haar ansah, der vor ihr stand. Sie konnte sich jedoch nicht erlauben, in Panik zu geraten, und nahm sich zusammen.
„Es tut mir leid, Andrew, ich kann beim besten Willen keine höhere Miete bezahlen“, erklärte sie ruhig. „Das wissen Sie doch.“
Ohne eine Miene zu verziehen, zuckte er die Schultern. „Ich bin kein Wohltätigkeitsverein. Wenn ich das Cottage anderweitig vergebe, kann ich leicht den doppelten oder dreifachen Betrag erzielen.“
Unwillkürlich nickte sie. Das stimmte natürlich. Die Leute rissen sich geradezu um so gemütliche Häuser in englischen Kleinstädten. Auf dem Land zu leben war momentan groß in Mode.
„Gibt es niemanden, der Ihnen helfen könnte? Vielleicht Ihr Mann?“, fragte Andrew.
Der Gedanke an Vincenzo ließ sie erschauern. Doch sie wollte und konnte sich keine Schwäche mehr erlauben.
„Danke, dass Sie sich um mich Sorgen machen, aber das ist nicht nötig. Ich werde nach einer Lösung suchen“, erwiderte sie, wobei ihr Lächeln wenig überzeugend wirkte.
„Emma …“
„Bitte, Andrew“, unterbrach sie ihn betont ruhig. Sie wollte weder mit ihm noch mit sonst jemandem über Vincenzo reden. „Entweder schaffe ich es, Ihrer Forderung nachzukommen, oder ich schaue mich nach einer günstigeren Wohnung um.“
Sie wusste, dass es noch eine andere Möglichkeit gab, das hatte Andrew ihr auf seine ganz spezielle Art mehr als einmal nett und höflich zu verstehen gegeben. Sie würde jedoch nicht mit ihm ausgehen, nur damit er die Miete nicht anhob. Dann würde er sich Hoffnungen machen, die sie enttäuschen musste. Sie legte keinen Wert darauf, Freundschaften zu schließen, dafür gab es in ihrem Leben keinen Platz. Seit sie Vincenzo verlassen hatte, konnte sie sich nicht mehr vorstellen, jemals wieder mit einem Mann zusammen zu sein.
Andrew verabschiedete sich und verschwand im Nebel, der an diesem grauen Novembertag über dem Land lag, und Emma ging ins Haus zu ihrem Sohn, der im Kinderzimmer schlief.
Sie konnte kaum glauben, dass er schon zehn Monate alt war. Er war ein gesundes, kräftiges Kind und hatte einen starken Willen, den er zweifellos von seinem Vater geerbt hatte.
Seine Decke hatte der Kleine schon wieder weggestrampelt, und das Plüschtier presste er so fest an sich, als hätte er Angst, man würde es ihm wegnehmen. Bei seinem Anblick floss ihr das Herz über vor Liebe und Zärtlichkeit. Wenn es nur um sie ginge, brauchte sie sich keine Sorgen um eine Wohnung zu machen. Es gab genug Arbeitgeber, die ihren Mitarbeitern ein Zimmer zur Verfügung stellten, und sie hätte ein solches Angebot, ohne zu zögern, angenommen.
Ihre Hauptsorge galt jedoch ihrem Sohn. Sie war es ihm schuldig, ihm nur das Allerbeste zu bieten. Es war ganz allein ihre Schuld, dass sie sich jetzt in dieser schwierigen Situation befand, und er sollte nicht darunter leiden.
Sie biss sich auf die Lippe. Andrews Vorschlag, Vincenzo um Hilfe zu bitten, war nicht von der Hand zu weisen. Doch der Stolz verbot es ihr eigentlich, Vincenzo, der ihr fremd geworden war, daraufhin anzusprechen.
Andererseits war er wahrscheinlich verpflichtet, ihr Unterhalt zu zahlen, was ihm bei seinem Reichtum bestimmt nichts ausmachen würde. Wenn sie ihn um die Scheidung bat, würde er sich sicher nicht weigern, ihr monatlich einen bestimmten Betrag zu überweisen, obwohl er sie verachtete und ihr nichts Gutes wünschte.
Müde rieb sie sich die Augen. Hatte sie überhaupt eine andere Wahl? Um einen gut bezahlten Job zu bekommen, war sie nicht genügend qualifiziert, und als sie arbeiten gegangen war, hatte sie einen großen Teil ihres bescheidenen Gehalts für die Kinderbetreuung ausgeben müssen. Außerdem hatte Gino darunter gelitten, stundenlang von ihr getrennt zu sein.
Deshalb hatte sie sich entschlossen, als Tagesmutter zu arbeiten. Sie liebte Kinder, konnte zu Hause bei ihrem Sohn bleiben und verdiente genug, um davon zu leben. Doch dann gab es Probleme, mit denen sie nicht gerechnet hatte.
Mehrere Mütter hatten sich beschwert, es sei für ihre Kinder in dem Cottage zu kalt. Zwei meldeten ihre Kinder sofort ab, und was Emma befürchtet hatte, trat dann auch ein. Nach und nach suchten sich alle eine andere Betreuung, sodass sie kein Einkommen mehr hatte.
Wovon sie und Gino leben sollten, war ihr rätselhaft. Am liebsten hätte sie sich hingesetzt und einmal so richtig ausgeweint, doch damit löste sie ihre Probleme
Weitere Kostenlose Bücher