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In den Häusern der Barbaren

In den Häusern der Barbaren

Titel: In den Häusern der Barbaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Héctor Tobar
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entonces.«
    »Hasta mañana.«
    Diese Verabschiedung ist zu formell, zu höflich, voller unausgesprochener Sehnsüchte, wie daheim in den Dörfern , dachte Araceli und griff nach seiner Hand. Ihre Finger blieben so lange zusammen, dass sie einmal ein- und ausatmen konnte, sehr langsam, und in dieser Sekunde spürte Araceli mehr Elektrizität durch ihre Haut zucken als vorhin, als der große Filmstar dieselbe Hand berührt hatte.

26 Am zweiten Morgen von Aracelis Verhandlung war die große Demonstrantenmenge von den Stufen des Gerichts verschwunden. Janet Bryson stand allein vor dem Gebäude und suchte Parkplatz und Straße nach den Leuten ab, mit denen sie sich am Vortag angefreundet hatte. Über das Ausbleiben der anderen wunderte sie sich zunächst nur ein bisschen, aber dann war sie über diesen Mangel an Durchhaltevermögen richtiggehend enttäuscht. »Sie haben versprochen zu kommen«, sagte Janet laut zu sich selbst, und als die Angeklagte im Prozess The People vs. Araceli N. Ramirez in Begleitung eines weiteren Mexikaners die Treppe heraufkam, bemerkte sie es kaum, so sehr regten sie die Unpünktlichkeit und Unzuverlässigkeit ihrer Mitstreiter auf . Was kann so wichtig sein, dass sie nicht herkommen? Läuft etwas Spannendes im Fernsehen? Sind sie im Stau stecken geblieben? Araceli und Felipe stiegen die Treppe hinauf und bemerkten Janet Bryson gar nicht. Die Frau, die hier am Vortag noch herumgeschrien hatte, fand keinen Platz in Aracelis Wahrnehmung, denn am Fuß der Treppe hatte Felipe Aracelis Hand genommen.
    Er hatte spontan nach ihrer Hand gegriffen, weil die Vorstellung, seine neue Freundin ins Gericht zu begleiten, an jenen Ort, an dem die Leute auf Nimmerwiedersehen verschwanden, ihn überwältigte. Möglicherweise würde Araceli verurteilt und in ein Straflager in der Wüste geschickt, in ein abgelegenes Tal, das nur die Angehörigen je besuchten. Die Familien der eingesperrten Väter und Brüder nahmen endlose Autofahrten in Kauf, und auf dem Rückweg gab es für die Kinder ein Eis bei Burger King, so als würde dadurch irgendetwas besser. Felipe hatte solche Ausflüge selbst erlebt, als er seinen älteren Bruder besucht hatte, der heute noch einsaß, dreizehn Jahre später. Als er Aracelis Hand nahm, wollte er sich selbst genauso beruhigen wie sie. Er sah in ihr einen besonders kostbaren Menschen, dessen Freiheit und Zukunft in Gefahr waren. Vierundzwanzig Stufen gingen sie Hand in Hand und dann noch weitere achtunddreißig Schritte bis zum Eingang, wo der Metalldetektor stand. Erst da ließ Felipe sie los. Er ließ sie allein weitergehen und sagte: » Te espero en el Parkplatz, so wie gestern.«
    Im holzvertäfelten Gerichtssaal eröffnete Ruthy Bacalan die Verhandlung, indem sie aufstand und sagte: »Euer Ehren, wir rufen Salomón Lucán in den Zeugenstand.« Der Stadtrat von Huntington Park betrat den Saal in einer schwarzen Jeans mit breitem Ledergürtel, auf dessen Silberschnalle die Initialen SL prangten. Seine Achtung vor dem Gericht äußerte sich in seinem frisch gebügelten Karohemd und den auf Hochglanz polierten Stiefeln, die mindestens so glänzten wie der Eichentisch im Paseo Linda Bonita. Er betrat den Zeugenstand und berichtete von dem Anruf, der Araceli Ramirez zu ihm geführt hatte, und wie die Angeklagte mit ihren beiden Schutzbefohlenen vor seiner Tür aufgetaucht war. »Sie hat gesagt, sie sei auf der Suche nach dem Großvater der Kinder«, erklärte er in fast akzentfreiem Englisch. »Mutter und Vater hatten sie mit den zwei gringuitos allein gelassen«, fügte er hinzu.
    »Mit den zwei was?«, unterbrach ihn der Richter.
    »Verzeihung. Ich meinte, mit den zwei amerikanischen Kindern.«
    »Und haben diese beiden Kinder«, fragte Ruthy schnell, »einen gepflegten und gut versorgten Eindruck auf Sie gemacht?«
    »Ja. Sie waren ein bisschen müde. Aber diese junge Frau dort, Araceli, hatte alles im Griff. Die Kinder hatten lange Haare, aber Araceli hat sie aufgefordert, sich zu kämmen. Sie hat sich um sie gekümmert, ja.« Luján schilderte, wie Brandon, Keenan und Araceli im Kinderzimmer seiner Tochter – »diejenige, die in Princeton studiert, richtig?« – übernachtet hatten. Luján bestätigte, dass er dem Stadtrat von Huntington Park angehöre. Dann befragte Ruthy ihn zu Aracelis Flucht aus seinem Haus.
    »Hat sie Ihnen gesagt, weshalb sie geht?«
    »Ja. Wegen der Einwanderungsbehörde.«
    »Sie fürchtete, wegen ihres Status als illegale Immigrantin festgenommen zu

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