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In den Spiegeln - Teil 3 - Aion

In den Spiegeln - Teil 3 - Aion

Titel: In den Spiegeln - Teil 3 - Aion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ales Pickar
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vorgesehene Abdrücke im Stein gedrückt hatte. Der Strahl erlosch sofort.
    Ich atmete schwer aus und ließ mich aus der Hocke auf den Hintern fallen.
    Um uns herum tänzelten leicht schwebend kleine graue Partikel zu Boden, ähnlich wie Flaum oder Asche. Das war alles, was von den haarigen, achtbeinigen Monstern übriggeblieben war.
    Mit gerunzelter Stirn und halboffenem Mund suchte ich nach der richtigen Frage, doch es war schwieriger, als ich dachte.
    Erst jetzt hatte ich Gelegenheit, die Frau in Augenschein zu nehmen. Und das ist der Punkt, an dem die Sache begann, perfide zu werden.
    »Ich heiße Akhanta«, nahm sie den Anfang vorweg. Ihre Stimme war trocken und gleichgültig, als wollte sie mir zu verstehen geben, dass meine Rettung kein Akt der Sympathie war. Ich starrte wortlos dieses anmutige und doch zugleich so spröde Wesen an und versuchte ihr Vorhandensein irgendwie in die riesige Gleichung voller Unbekannten einzubauen. Sie trug weniger am Leib, als ich sonst jemals eine Frau außerhalb einer Wohnung tragen sah, abgesehen vom Danglars natürlich, wohin sie perfekt hineingepasst hätte. Als ich es über mich gebracht hatte, nicht mehr auf diese vollen, nackten Brüste zu starren, wurde es mir möglich, auf ihrer rechten Schulter die vertraute Tätowierung der Lux Aeterna zu entdecken. Doch im Gegensatz zu der gefangenen Talitha Kumi in München, befand sich bei dieser Kriegerin inmitten des Kreises keine römische Zahl, sondern die vereinfachte Zeichnung einer Hand, ähnlich einer ägyptischen Hieroglyphe.
    Sie schien meine Verwunderung nicht zu beachten und verschwand stattdessen zwischen den Säulen. Als ich mich fragte, ob sie vielleicht wieder gegangen war, erschien sie erneut und trug ihren Speer, wie auch einen Bogen und warf sich einen mit Pfeilen gefüllten Köcher über die Schulter.
    »Wer bist du?« fragte ich sie, noch immer auf den kalten Steinplatten sitzend. Zumindest hätten sie kalt sein sollen. Doch sie waren es nicht. Ich hatte den Eindruck, dass sie entweder perfekt auf die Körpertemperatur abgestimmt waren, oder gar keine Temperatur besaßen.
    »Sagte ich doch, ich bin Akhanta«, erwiderte sie geduldig.
    »Wohin gehen wir?«
    »Zu einer Sacraporta , dem geheimen Tor in die Stadt.«
    Erst jetzt stellte ich fest, dass der Sturm aufgehört hatte. Nicht einmal ein leiser Windhauch durchdrang die Nacht. Es fühlte sich an, als besäße dieser Ort gar keine Atmosphäre, gar keine Luft. Ich hätte auf dem Mond stehen können. Ich sah mich um und taumelte kurz, diesmal im Erstaunen darüber, was ich zwischen den Säulen sah. Da war es wieder — schimmernd in die Dunkelheit.
    »Was ist das?« hauchte ich.
    Akhanta blieb stehen und sah zu mir zurück.
    »Thanatopolis, die Dunkle Stadt . Dort wollen wir hin.«
    »Warum...« Ich blickte sie verwirrt an. »Warum gehen wir dann in die andere Richtung?«
    »Weil wir nicht gesehen werden wollen«, antwortete sie rätselhaft. Ich beließ es dabei und beobachtete weiter die geheimnisvolle Lichtfestung auf der anderen Seite der Ebene.
    Die Stadt war rund, und aus ihrer Mitte ragte ein hoher Turm. Beinahe wie ein Schornstein, der keinen Rauch abgibt, sondern ihn einatmet. Die Architektur war nicht genau erkennbar, da sich die Bauwerke in ein erstarrtes Ballet aus Schatten hüllten. Doch zugleich haftete das Licht an ihnen, wie schimmernder Staub. Der Turm und die Stadt wirkten komplex, als wäre ihre Architektur fraktal und würde bei näherem Hinsehen ständig weitere Details in Form von Türmchen, Brücken und Terrassen preisgeben.
    »Sie zieht das Licht an«, sagte ich nachdenklich.
    Ich sah zum Himmel, der diese seltsame tiefblaue Färbung hatte. Er war übersät von unzähligen Lichtern, die alle wie Sternschnuppen aussahen. Oder wie gefilmte Sterne im Zeitraffer. Als wäre das Himmelsgewölbe in einem anderen Zeit-Raum-Gefüge. Von allen Seiten drifteten diese Lichter zielstrebig über das dunkelblaue Firmament, um durch den Turm die Stadt zu betreten.
    Um Thanatopolis herum schwebten andere Lichter. Sie waren größer und geringer an der Zahl. Sie befanden sich deutlich unterhalb des Sternschnuppenschauer und schwebten langsam, fast unbeweglich nur einige Dutzend Meter über den Straßen und Mauern des Stadt. Lichtbojen, dachte ich.
    »Was sind das für Lichter?« erkundigte ich mich leise, ohne den Blick abzuwenden.
    »Engel«, antwortete Akhanta gleichgültig, als wäre es die belangloseste Information der Welt. »Wir müssen nun gehen. Es

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