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In den Waeldern des Nordens - V3

Titel: In den Waeldern des Nordens - V3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack London
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wuschen sie Pfannen zu fünfhundert Dollar aus und gewannen fünfzig Millionen Dollar. Dorado war ebenso schlecht. Nach allem, was man weiß, liegen gerade unter dieser Hütte oder eben jenseits des nächsten Hügels Millionen und warten darauf, daß ein Glücklicher wie ich kommt und sie ans Tageslicht bringt.«
    Ende Januar kam sein Unglück. Irgendein kräftiges Tier, seiner festen Meinung nach ein Luchs, verfing sich in einer seiner Fallen und schleppte sie fort. Ein starker Schneefall hielt seine Verfolgung auf halbem Wege auf, verlöschte die Fährte und ließ ihn sich verirren. Es war nur wenige Stunden täglich zwischen den zwanzig Stunden Finsternis hell, und seine Bemühungen in der Dämmerung und dem beständigen Schneefall hatten zur Folge, daß er sich noch gründlicher verirrte.
    Glücklicherweise steigt das Thermometer stets, wenn Winterschnee im Nordland fällt; statt der gewöhnlichen vierzig, fünfzig oder sogar sechzig Grad Fahrenheit unter Null blieb die Temperatur auf fünfzehn Grad stehen. Er war auch warm gekleidet und hatte eine volle Streichholzschachtel bei sich. Ferner trug zur Linderung seiner Unannehmlichkeit bei, daß er am fünften Tage einen verwundeten Elch tötete, der mehr als eine halbe Tonne wog. Er schlug sein Lager neben dem toten Elch in einem tannenbewachsenen Gelände auf und bereitete sich darauf vor, hier den Winter durchzuhalten, falls er nicht von einer Abteilung, die nach ihm suchte, gefunden wurde oder sein Skorbut sich verschlimmern sollte.
    Nach zwei Wochen aber hatte sich noch kein Mensch gezeigt, sein Skorbut sich aber unweigerlich verschlimmert. Dicht an seinem Feuer, gegen die äußere Kälte durch eine Mauer aus Tannenzweigen geschützt, lag er lange Stunden zusammengekauert schlafend und lange Stunden wach da. Aber die wachen Stunden wurden weniger, wurden sehr bald zu halbwachen und halbträumenden Stunden. Und langsam sank der letzte Funke von Bewußtsein, der John Tarwater ausmachte, immer tiefer hinab in die Tiefe seines Wesens, die zusammengesetzt war, ehe der Mensch Mensch war oder während er Mensch wurde, als er zuerst von allen Tieren sich selbst mit nach innen gewandten Augen betrachtet und den Grundstein zur Moral in einem Aberglauben gelegt hatte, der die Welt mit den Ungeheuern bevölkert, die seinen eigenen, jeder Ethik baren Wünschen entsprungen waren.
    Wie ein Mensch im Fieber mit langen Zwischenräumen zum Bewußtsein erwacht, so erwachte der alte Tarwater, bereitete sich sein Elchfleisch und legte Holz aufs Feuer. Aber immer längere Zeit verbrachte er in seiner Schlaffheit, ohne zu wissen, was Traum im Wachen und was Traum im Schlafen während seiner Bewußtlosigkeit war. Und hier, in den unvergeßlichen Verstecken der ungeschriebenen Geschichte der Menschheit, die undenkbar und nicht zu erfahren ist, wie die Begebenheiten in einem Alptraum oder unmögliche Erlebnisse in der Verrücktheit, begegnete er den Ungeheuern, die das erste Moralgefühl des Menschen geschaffen und die ihn seither stets geplagt haben, so daß er phantastische Erzählungen ersinnen mußte, um sie zu täuschen oder zu bekämpfen.
    Kurz, unter der Last seiner siebzig Jahre, in der ungeheuren schweigenden Einsamkeit des Nordens fand der alte Tarwater wie in einem durch einen Schlaftrunk oder ein Betäubungsmittel hervorgerufenen Delirium das kindliche Gemüt des Kindmenschen einer früheren Zeit wieder. In der Dämmerung der flatternden Schwingen des Todes kauerte Tarwater nieder und begann wie sein ferner Vorgänger, der Kindmensch, Mythen zu schaffen, die Sonne zu einem Halbgott zu machen und selbst der Halbgott zu werden, der nach dem Schatz aus undenkbaren Zeiten suchte, nach dem Schatz, der so schwer zu erringen ist.
    Entweder mußte er den Schatz gewinnen – denn so lautete die unerbittliche Logik im Schattenland des Unbewußten –, oder er mußte in dem alles verschlingenden Meer, dem schwarzen Verzehrer des Lichts, versinken, der allnächtlich die Sonne verschlang, so daß sie erlosch – die Sonne, die immer wieder neu geboren am nächsten Morgen im Osten aufging und die für den Menschen das erste Symbol der Unsterblichkeit durch Wiedergeburt geworden ist. Alles das war in den Tiefen seines Bewußtseins (dem dunklen Westen des sinkenden Lichts) die nahe Dämmerung des Todes, in der er langsam versank.
    Wie aber sollte er diesen finsteren Ungeheuern entgehen, die ihn von innen heraus langsam verschlangen? Allzu tief versunken war er, um von Befreiung zu träumen

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