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In der Südsee. Zweiter Band

Titel: In der Südsee. Zweiter Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Louis Stevenson
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aufzuwarten. Onkel Parker, der uns mit Toddy und grünen Nüssen versorgte, war ein ältlicher, fast alter Mann mit dem Temperament, dem Fleiß und der Moral eines zehnjährigen Jungens. Sein Gesicht war das eines Greises und blickte spitzbübisch, ja diabolisch in die Welt; die Haut spannte sich über den gestrafften Sehnen wie ein Segel am Leitseil, und er lächelte mit jedem Muskel seines Kopfes. Seine Nüsse mußten Tag für Tag abgezählt werden, sonst betrog er uns bei der Ablieferung; täglich mußte man sie untersuchen, sonst stellte es sich heraus, daß aus einigen der Kern herausgeschält war, und nichts außer dem Namen des Königs vermochte ihn zu seiner Pflicht anzuhalten, und selbst dieser Name versagte manchmal. Nach vollendeter Mühe und Arbeit gab man ihm eine Pfeife, Zündhölzer und Tabak, und er setzte sieh auf den Boden der Maniap', um zu rauchen. Dabei rührte er sich nicht vom Platze, und doch war jeden Tag, wenn es galt die Sachen zurückzugeben, das Päckchen Tabak verschwunden. Auf irgendeine Weise hatte er es fertig gebracht, es unter dem Dach zu verstecken, von wo er es am nächsten Tage strahlend hervorholte. Obwohl dieses Taschenspielerstückchen regelmäßig vor drei bis vier Paar Augen verübt wurde, ist es uns weder gelungen, ihn dabeizu ertappen, noch konnten wir je, wenn er gegangen war, den Tabak wiederfinden. Das waren so die Späße und Unterhaltungen Onkel Parkers, eines Mannes von fast sechzig Jahren. Aber er wurde für alle seine Missetaten bestraft: meine Frau setzte es sich in den Kopf, ihn malen zu müssen, und die Leiden, die er während der Sitzungen ausstand, spotten jeder Beschreibung.
    Dann erschienen noch drei Mädels aus dem Palaste, um unsere Wäsche zu waschen und mit Ah Fu Unsinn zu treiben. Sie waren von niedrigstem Range, Nichtstuerinnen, die man zur Bequemlichkeit der Handelskapitäne duldete, wahrscheinlich von plebejischer Abstammung, vermutlich sogar Ausländerinnen, ohne eine Spur von Verfeinerung in ihren Manieren oder ihrer Erscheinung, aber in ihrer Art ganz brauchbare, lustige Dirnen. Die eine nannten wir »Die Schneppe«, denn ihr Prototyp ist in den finstersten Vierteln jeder Großstadt zu finden: das gleiche magere, dunkeläugige, lebhafte, ordinäre Gesicht, das gleiche plötzliche, heisere, laute Lachen, das gleiche dreiste und doch ängstliche Benehmen, als schiele sie mit dem einen Auge ständig zum nächsten Polizisten hinüber; nur daß der hiesige Wachtmeister ein richtiger, lebendiger König und sein Gummiknüppel ein Gewehr war. Dagegen zweifle ich, ob man außerhalb dieser Gegend eine Parallele zu »Dickerchen« finden wird, denn auch hier trifft man nur selten ihresgleichen. »Dickerchen« war ein Berg von einem Mädchen, die ungefähr ebensoviel Stone Ein Stone = vierzehn englische Pfund. wiegen mußte, wie sie Sommer zählte, und diees ohne weiteres mit einem Gardegrenadier aufgenommen hätte, dabei das Gesicht eines Babys besaß und ihre ungeheuren Körperkräfte ausschließlich auf Spiel verwandte. Doch hatten alle drei das gleiche heitere Temperament. Unsere Wäsche wurde besorgt, während sie Haschen spielten; sie liefen und jagten einander, bespritzten und bewarfen sich, tummelten und wälzten sich im Sande und schrien und lachten dabei fortwährend wie eine Schar Kinder in den Ferien. Und kann man es ihnen verdenken? So sonderbar ihre Rollen in jenem strengen Institut sein mochten, in dem sie für gewöhnlich beschäftigt waren, hier waren sie endlich einmal auf einen Tag dem größten und züchtigsten Mädchenpensionat der ganzen Südsee entronnen.
    Der fünfte unserer Dienstboten war kein geringerer als der königliche Koch. Er war an Gesicht und Figur ein auffallend schöner Bursche, faul wie ein Sklave und frech wie ein Fleischerjunge. Er schlief und rauchte auf unserem Grundstück in den verschiedensten, anmutigsten Posen, aber weit davon entfernt, Ah Fu zu helfen, nahm er sich nicht einmal die Mühe, ihm zuzusehen. Von ihm kann man getrost behaupten, daß er gekommen war, um zu lernen, und blieb, um anderen eine Lehre zu sein, und wahrlich, seine Lektionen waren schwer zu verdauen. So wurde er zum Beispiel weggeschickt, um einen Eimer am Brunnen mit Wasser zu füllen. Etwa auf halbem Wege traf er meine Frau, die damit beschäftigt war, ihre Zwiebeln zu begießen, tauschte die Gefäße mit ihr aus, ließ ihr den leeren Eimer da und kehrte mit dem vollen indie Küche zurück. Ein anderes Mal gab man ihm eine Schüssel Klöße

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