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In der Südsee. Zweiter Band

Titel: In der Südsee. Zweiter Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Louis Stevenson
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begegnet wäre, andere aber haben den Sturz des Baumes vernommen, der das Signal seines Kommens zu sein scheint. Mr. Donat nahm einmal an einer Perlenfischerei auf der unbewohnten Insel Haraiki teil. Es war ein vollkommen ruhiger Tag, wie er in dem ganzen Archipel mit Tagen rauhen Windes abwechselt. Die Taucher befanden sich in der Mitte der Lagune bei der Arbeit, der Koch, ein zehnjähriger Junge, hantierte im Lager mit seinen Töpfen herum. So waren sämtliche Anwesende bis auf einen Eingeborenen, der Mr. Donat auf der Suche nach Vogeleiern begleitete, beschäftigt. Da hörten sie ganz plötzlich in der großen Stille den Fall eines mächtigen Baumes. Donat wollte weitergehen, um die Ursache zu ergründen, aber sein Begleiter rief: »Nein, das war kein Baum. Da stimmt etwas nicht, wir wollen in das Lager zurückkehren.« Am nächsten Sonntag wurden sämtliche Taucher ausgeschickt, um die Insel zu durchsuchen, und tatsächlich war auch kein Baum gefallen. Kurz danach sah Mr. Donat auf der nämlichen Insel einen seiner Taucher vor einem ähnlichen Geräusch in ähnlicher, echter Panik fliehen. Aber keiner wollte sich näher erklären, und erst später, als er mit Rua zusammenkam, erfuhr Donat den Grund ihres Schreckens.
    Indessen bleibt der Zweck, den die Toten mit ihrem furchtbaren Wirken verfolgen, einerlei ob sie bei Tage oder in der Nacht erscheinen, stets der gleiche. Mein Gewährsmann auf Samoa hatte keine Ahnung, wovon die Buschgeister sich nährten; auf den Paumotu herrschtjedoch in dieser Beziehung keinerlei Unklarheit. In jenem stets hungrigen Archipel müssen die Toten wie die Lebenden um ihre Nahrung kämpfen, und da die Rasse in der Vergangenheit kannibalisch war, sind die Geister es auch heute noch. Da doch die Lebenden die Toten verzehrten, folgerte die erschreckte mitternächtliche Phantasie daraus, daß auch die Toten die Lebenden essen könnten. Zweifellos töten, ja verstümmeln die Geister die Menschen manchmal aus schierer Bosheit. Die marquesanischen Gespenster reißen zum Beispiel den Reisenden die Augen aus. Aber selbst das beruht vielleicht auf konkreteren Tatsachen, als man auf den ersten Blick annehmen möchte, denn das Auge gilt überall bei Kannibalen als ein Leckerbissen, und ohne Frage ist das Grundmotiv dieser Toten, die des Nachts umherstreifen, die Jagd nach Nahrung. Auch jenes Weib bei der Beerdigung pries Donat als einen delikaten Bissen an. Außerdem gibt es noch Geister, die es sich zur Spezialität machen, sich nicht von den Leibern, sondern von den Seelen der Toten zu ernähren. Das geht klar aus einer tahitischen Geschichte hervor. Ein Kind erkrankte, siechte schnell dahin und zeigte endlich alle Anzeichen des nahenden Todes. Da eilte die Mutter zu einem Zauberer, der in der Nähe wohnte. »Du kommst gerade noch zur rechten Zeit,« meinte der, »eben ist ein Geist an meiner Tür vorbeigelaufen, der die Seele deines Kindes in ein Puraoblatt gewickelt forttrug; aber ich habe einen Geist, der stärker ist und noch schneller läuft als er; der wird ihn einholen, bevor er Zeit hat, sie zu essen.« – In ein Blatt gewickelt: Wie alle eßbaren und dem Verfall ausgesetzten Dinge!
    Oder nehmen wir einen Vorfall, der Mr. Donat auf der Insel Anaa zustieß. Es war in einer sehr stürmischen Nacht, der Wind fegte in Böen daher; das Kind war schwer krank, und der Vater lag, obwohl er zu Bett gegangen war, wach und lauschte auf den Sturm. Ganz plötzlich wurde eines seiner Hühner heftig gegen die Wand des Hauses geschleudert. In der Annahme, daß er vergessen hätte, es mit den anderen unter Dach und Fach zu bringen, stand Donat auf, fand das Tier (einen Hahn) auf der Veranda liegen und tat es in den Hühnerstall, dessen Tür er fest hinter ihm verriegelte. Fünfzehn Minuten später wiederholte sich die Geschichte mit dem einzigen Unterschied, daß das Tier diesmal, als es gegen die Wand geschleudert wurde, aufkrähte. Wieder brachte Donat es in den Stall, wobei er diesen genau untersuchte und feststellte, daß alles in Ordnung war. Während er noch damit beschäftigt war, blies der Wind das Licht aus und er mußte sich, ziemlich nervös geworden, zur Tür zurücktasten. Noch ein drittes Mal wurde der Vogel gegen die Wand geworfen, und zum drittenmal brachte Donat ihn in halbtotem Zustande zu dem übrigen Geflügel zurück. Kaum hatte er aber das Haus wieder erreicht, als irgend etwas mit der Kraft eines starken Mannes gegen die Tür stürmte und ein Pfeifen rings um das Haus ertönte, so

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