In einer heißen Sommernacht
Am Nachthimmel waren Flammen zu sehen. » Das ist in der Nähe des Highways.«
Genau in diesem Augenblick klingelte das Telefon. Als Ella zur Treppe ging, um abzuheben, erschien Miss Pearl in dem Rundbogen zum hinteren Salon. » Mrs Barron, wir riechen Rauch.«
» In der Stadt brennt es.«
» Ach, du meine Güte«, jammerte Miss Violet, die ihr Kartenblatt in der gefleckten Hand haltend neben ihrer Schwester erschien.
Ella nahm den Hörer ab. Es war Ollie Thompson, und Ella hielt den Atem an, weil sie fürchtete, er würde sie bitten, Mr Rainwater an den Apparat zu holen, und ihn zum nächsten Krisenschauplatz rufen. Aber er rief nur an, um Informationen weiterzugeben. Sie bedankte sich und legte auf. Nachdem sie das Telefon zurückgestellt hatte, wandte sie sich um und entdeckte ihre drei Hausgäste im Flur, die darauf warteten, die Neuigkeiten zu erfahren.
» Das war Ollie. Er hat sich schon gedacht, dass wir den Brand bemerkt haben. Das Feuer ist wohl in der Werkstatt von Packy Simpson ausgebrochen.«
» Ach du Schande«, sagte Miss Pearl. » Das ist so ein netter Neger. Er grüßt uns jedes Mal sehr freundlich, nicht wahr, Schwester?«
Ella ignorierte die beiden und blickte Mr Rainwater an, der fragte: » Wie ist das Feuer ausgebrochen?«
» Der Sheriff beschuldigt Mr Simpson, dass er eine brennende Zigarette im Aschenbecher vergessen hat, als er die Werkstatt abschloss. Mr Simpson raucht nicht, er nimmt nur Schnupftabak.« Sie ließ diese Information wirken, bevor sie fortfuhr: » Seine Werkstatt ist völlig vernichtet, aber er kann froh sein, dass das Feuer nicht auf sein Haus übergegriffen hat. Die beiden Gebäude stehen nur knapp zwanzig Meter auseinander.«
Die Schwestern kehrten in den hinteren Salon zurück, um ihre Partie Gin Rummy fortzusetzen. Ella bedeutete Mr Rainwater, in den vorderen Salon zu gehen. Solly saß auf dem Läufer, wo sie ihn zurückgelassen hatte, und stapelte Garnspulen aufeinander. » Mr Simpson ist Diakon in Bruder Calvins Kirche«, sagte sie in leisem Ton, damit die Schwestern nicht mithören konnten. » Er ist morgen bei der Trauerfeier einer der Sargträger.«
Mr Rainwater blickte sie lange an, dann fragte er: » Von wo aus hat Ollie angerufen?«
» Aus dem Drugstore. Dort haben sich Leute versammelt, um das Feuer zu beobachten. Er dachte, wir möchten informiert werden.«
Mr Rainwater wandte sich um und verließ den Salon wieder. Ella eilte ihm nach. » Du gehst?«
» Ich möchte mit den Leuten im Drugstore reden und schauen, was ich in Erfahrung bringen kann. Es kann kein Zufall sein, dass das Geschäft eines Schwarzen einen Tag, nachdem ein anderer gelyncht wurde, abbrennt.«
Ella stimmte ihm natürlich zu, aber ihr Herz zog sich vor Angst zusammen. » Bitte, geh nicht.«
» Ich werde nicht lange weg bleiben.« Er setzte seinen Hut auf.
» Du hältst dir ständig deine Seite.«
» Was?«
» Mir ist aufgefallen, dass du schon den ganzen Nachmittag deine Hand in die Seite drückst, aber ich wollte dich nicht darauf ansprechen, um dich nicht zu verärgern. Du hast Schmerzen, nicht wahr?«
» Es geht mir gut.«
» Lass mich Doktor Kincaid verständigen.«
Er lächelte über ihren verzweifelten Versuch, ihn im Haus zu halten. » Es wird nicht lange dauern.«
Als er durch die Vordertür hinaustrat, umklammerte sie seinen Arm. » Versprich mir, dass du vorsichtig bist.«
» Ich verspreche es.« Er warf einen Blick über ihre Schulter, um zu sehen, ob die Luft rein war, bevor er flüsterte: » Wir sehen uns später.«
18
Es war später– viel später–, als Ella seinen Wagen hörte. Sie hatte Solly zu Bett gebracht, ihre Flickarbeiten erledigt, Vorbereitungen für die Mahlzeiten morgen getroffen und sich währenddessen in eine Panik hineingesteigert, die Mr Rainwater in dem Moment vertrieb, in dem sie die Fliegengittertür entriegelte, um ihn hereinzulassen.
» Es ist alles in Ordnung. Als der Drugstore schloss, sind ein paar von uns vor Ort geblieben, um Präsenz zu zeigen, wir hoffen, dass es heute Abend zu keinen weiteren Vorfällen kommt. Es blieb alles ruhig.«
» Dem Himmel sei Dank.«
» Ja, aber es wird allgemein vermutet, dass das Feuer als Warnung für jene gelegt wurde, die auf Rache für Bruder Calvin aus sind. Wie du dir vorstellen kannst, hat Mr Simpson offen von einem Lynchmord gesprochen. Heute Mittag fand eine Fürbitte in der AME -Kirche statt. Mr Simpson hat dafür gebetet, dass Gottes Zorn sich über jene ergießt, die am Tod des
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