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In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition)

In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition)

Titel: In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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auf das unfrisierte Haar starrte, das ihr genau bis zur Schulter reichte, auf den weichen, vollen Schwung ihrer Lippen, auf den Puls, der an ihrer Kehle pochte. Sie war nicht unbedingt schön, ihm völlig fremd, und doch stockte Cam der Atem. Als er die Hand ergriff, die sie ihm zum Gruß entgegenstreckte, bemerkte er, daß ihre Augen blau violett waren, von jenem Farbton, in dem er sich den Atlantik vor der französischen Küste vorgestellt hatte.
    »Ah«, sagte Allie, die aus dem Hinterzimmer kam. »Das ist Mia!« Und mehr konnte sie Cam nicht mehr erklären, denn in diesem Augenblick stürzte Zandy Monroe in den Laden und knallte dabei die Tür so brutal gegen die Wand, daß eine Glasscheibe zersprang.
    »Chief«, brüllte er, »Sie müssen kommen!«
    Sein jahrelang trainierter Instinkt ließ Cameron hinter seinem Sergeant auf die Straße rennen, die linke Hand an der Pistole. Er sah eine wachsende Menschenmenge vor der Polizeistation; aus dem Augenwinkel bekam er mit, daß auch Allie und Mia sich eilends näherten.
    Adrenalin pulsierte durch Cams Gliedmaßen, als er ins Zentrum des Geschehens trat, wo ein roter Ford Pickup parkte. Zandy ging an das Fenster auf der Fahrerseite. »Okay«, schnauzte er hinein. »Hier ist der Chief.« Achselzuckend murmelte er Cam zu: »Wollte mit keinem außer Ihnen reden.«
    »Cameron MacDonald?«
    Die Stimme des Mannes klang kräftig, aber angestrengt; ein Beamter mit weniger Erfahrung hätte vielleicht nicht den Schmerz bemerkt, der bei der Anrede mitschwang. »Der bin ich«, bestätigte Cam. »Was kann ich für Sie tun?«
    Der Mann stieg aus dem Wagen. Er lebte nicht in Wheelock, doch Cam meinte, ihn in der vergangenen Woche schon mal im Ort gesehen zu haben. Auf der Post, vielleicht in der Kneipe … Er war genauso groß wie Cam, doch dünner, so als hätte das Leben seinen Tribut von ihm gefordert. »Ich bin James MacDonald«, stellte der Mann sich so laut vor, daß jeder seinen Nachnamen verstehen konnte, »und Ihr Cousin.« Er trat einen Schritt zurück zu seinem Auto und deutete auf den Beifahrersitz und die dort zusammengesackt schlafende Frau. »Meine Frau hier, Maggie, ist tot«, trug er vor. Er sah Cameron MacDonald ins Gesicht. »Und ich habe sie umgebracht.«

2
     
    Ungeachtet aller von Verona MacBean aufgestellten Theorien brach eine sehr akute Hölle los.
    Zwei Frauen fielen in Ohnmacht, wobei sich die eine die Stirn am Bordstein aufschlug, so daß sich unter ihrer Wange eine dicke rote Blutpfütze bildete. In falsch verstandenem Rittertum baute sich Art MacInnes, der örtliche Friseur, vor James MacDonald auf und boxte ihn ins Gesicht. Zwei Kinder auf knallig neonfarbenen Rädern fuhren Slalom um den Pickup herum und durch die brodelnde Menge.
    »Es reicht!« brüllte Cam. Er gab Zandy ein Zeichen, der daraufhin den Pickup umrundete. Cam konnte schließlich nicht wissen, ob dieser Kerl nicht komplett durchgeknallt war; vielleicht hielt die Dame auf dem Beifahrersitz nur ein Nickerchen oder lag im Diabetes-Koma oder spielte ihnen ein Theater vor. Cam drehte sich zu den Schaulustigen um. »Geht alle nach Hause«, drängte er. »Ich kann meine Arbeit nicht erledigen, wenn ihr im Weg steht.«
    Niemand rührte sich.
    Cam seufzte und machte mit ausgestreckten Armen einen vorsichtigen Schritt auf James MacDonald zu. James stand leicht gebeugt und hielt sich die Hände vor das blutüberströmte Gesicht. Cam suchte in seiner Hose nach seinem Taschentuch. »Hier«, sagte er und wedelte mit dem kleinen weißen Stoffetzen vor James auf und ab, eine Geste, die fast wie eine Kapitulation wirkte.
    James MacDonald sah nicht gefährlich aus; es gab keinen Grund, ihn in Handschellen abzuführen. Cam würde ihn auf einen Stuhl setzen, ihm Kaffee anbieten und versuchen, ihn zum Reden zu bringen. Er würde ihn nicht gleich verhaften.
    »Chief«, meldete Zandy Monroe, »die Tür klemmt.«
    Bei diesen Worten fuhr James MacDonald herum und sah Zandy an der Beifahrertür des Wagens rütteln. Als sich die Tür nicht regte, schob Zandy zwei Finger durch das halb heruntergekurbelte Fenster und versuchte, am Hals der Frau den Puls zu fühlen.
    Mit einem tierischen Klagelaut befreite sich James MacDonald aus Cams Griff und rannte um das Fahrzeug herum. Er zerrte den Sergeant von der Tür und riß ihn mit all der Kraft zurück, die ein großer, starker Mann stets einzusetzen vermag. »Rühren Sie sie nicht an!« brüllte er Zandy an, mit geballten Fäusten und obszön weißen Zähnen inmitten

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