In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition)
des fleckigen Gesichts. Er drehte sich wieder zur Tür um und hebelte sie auf; jetzt begriff Cam, daß die Tür nicht geklemmt hatte, sie war aus den Angeln gerissen und danach abgeschlossen worden. James MacDonald fing die Leiche seiner Frau auf, die gegen seine Brust kippte, drückte seine Wange an ihre. Er sprach in die weiße Haut ihres Halses. »Rühren Sie sie nicht an«, flüsterte er jetzt.
Cam warf Zandy über die Motorhaube hinweg einen Blick zu. Er begab sich zur Beifahrerseite, während Zandy sich langsam auf James MacDonald zubewegte. Doch James leistete keinen Widerstand, als Cam ihm auf die Schulter klopfte. »Mr. MacDonald«, sagte er, »ich muß Sie verhaften.« Er ließ die Handschellen über den Handgelenken des Mannes zuschnappen. »Ach, Sergeant«, sagte er mit einem Nicken auf die Leiche im Wagen hin, »können Sie sich darum kümmern?«
James begann, gegen die Handschellen anzukämpfen. »Nein«, krächzte er, »das dürfen Sie nicht!«
Cam mußte sich zu ihm beugen, um ihn zu verstehen. »Wir müssen hineingehen, Mr. MacDonald.«
»Bitte lassen Sie sie nicht mit ihm allein.«
Aus dem Augenwinkel sah Cam, wie Allie aus der Menge trat. Sie zitterte, als sie näherkam, und sah Cam nicht in die Augen. »Ich bin Allie MacDonald«, erklärte sie, »Cams Frau.« Sie legte ihre Hand auf James' Arm. »Wenn Sie möchten, bleibe ich bei Maggie.«
James musterte sie von oben bis unten, dann nickte er. Cam atmete in einem langen Seufzer aus und gab Zandy ein Zeichen, James festzuhalten. Dann führte er Allie beiseite. »Das ist keine gute Idee«, meinte er. »Du könntest als Zeugin aussagen müssen, wenn er vor Gericht kommt.«
»Ach Cam«, flüsterte Allie. »Du wirst ihn doch nicht wirklich verhaften, oder?«
Cam packte sie an den Oberarmen. »Er hat eine Frau getötet, Allie.«
»Aber er hat dich um Schutz gebeten.«
Cam schnaubte. »Dazu ist es zu spät. Jetzt ist das Kind schon in den Brunnen gefallen.«
Allie richtete sich auf. »Wenn ich du wäre, würde ich ihm einfach zuhören«, schlug sie vor. »Es ist doch nicht zu übersehen, daß er seine Frau geliebt hat.«
Cam senkte den Kopf. »Das macht sie auch nicht wieder lebendig.«
James MacDonald warf einen letzten Blick auf den leblosen und lieblichen Leib seiner Frau vorne im Wagen und dachte an seinen Hochzeitstag vor elf Jahren, an dem einfach alles schiefgegangen war.
Maggie hatte sich das Wochenende vor dem Memorial Day ausgesucht, weil sie am liebsten im Freien heiraten wollte; doch das vorhergesagte milde Wetter hatte sich zu einem Wolkenbruch ausgewachsen. Da sie keine große Feier planten, hatten sie sich für einen Friedensrichter entschieden und dort einen Termin vereinbart. Doch als sie vor der Tür des Mannes standen, bekamen sie von seiner Frau zu hören, daß der Richter mit Darmgrippe im Bett liege. Nun hatte Jamie von Cummington aus eine Stadt nach der anderen abgeklappert, um irgendwo einen Richter aufzutreiben, der nicht weggefahren und nicht zu krank war, sie zu trauen.
Als Jamie und Maggie schließlich in dem Wohnzimmer eines Friedensrichters in Great Barrington standen, waren Jamies Hosenaufschläge von unzähligen Pfützen aufgeweicht, und Maggies Veilchenstrauß hing welk in ihrer Hand. Im Hintergrund konnten sie das aufbrandende Gelächter der Gäste des Richters hören, die in der warmen, trockenen Enge seiner Garage den Memorial Day mit üppigem Essen und Trinken feierten. »Wir sind hier versammelt«, setzte der Friedensrichter an, »um … ach du liebe Güte!«
Maggies Kopf fuhr hoch. Ihre Hand begann leicht in Jamies Griff zu beben.
In diesem Moment begriff Jamie, daß er für sie zu fragen habe, ob es ein Problem gab. So chauvinistisch und altmodisch das auch erschien, nichts versinnbildlichte Jamie besser, was es heißen würde, Ehemann zu sein. Er wäre Maggies Sprachrohr. Und manchmal wäre sie seines.
»Stimmt etwas nicht?« fragte er pflichtschuldigst.
Der Friedensrichter schielte über Jamies Schulter. »Ein Zeuge«, ächzte er. »Ohne einen Zeugen geht es nicht!« Er formte die Hände zum Trichter und brüllte in Richtung Garage, bis ein verschwitzter Mann mit wildem Blick in der Tür erschien, in der Hand eine Dose Bier. »Himmel«, beschwerte sich der Mann. »Du brauchst nicht gleich so zu brüllen.« Und damit drückte er dem Friedensrichter die Dose in die Hand.
»Nicht jetzt , Tom«, wehrte der Richter ab.
Tom runzelte die Stirn. »Ich habe gedacht, du brauchst noch ein
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