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In Einer Zaertlichen Winternacht

In Einer Zaertlichen Winternacht

Titel: In Einer Zaertlichen Winternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Lael Miller
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vergangenen
Jahren gelernt, sich Problemen zu stellen, wenn sie auftauchten. »Ich hoffe für
dich, dass du es nicht gelesen hast«, sagte er brummend.
    »Das
brauchte ich gar nicht«, entgegnete Wes leichthin. »Der Telegrafist hat es mir
verraten. Inzwischen weiß wahrscheinlich die halbe Stadt, dass der Beauftragte
für Indianer, Philbert, noch vor Neujahr nach Stillwater Springs zu kommen gedenkt
und für jede Menge Unruhe sorgen wird. Die frischgebackene Mrs Creed hat
jedenfalls mit Sicherheit ihre Anstellung verloren, was aber nach der Hochzeit
und allem ja sowieso egal ist.«
    Obwohl er
damit gerechnet hatte, traf Lincoln die Ankündigung wie ein Schlag. Er
schwankte etwas in seinem Sattel. »Was noch?«, wollte er wissen, wobei er
weiterhin dem Blick seines Bruders auswich.
    »Er hat
vor, die Kinder zurück nach Missoula zu bringen«, stieß Wes aus.
    Lincoln
schloss die Augen. Sagte nichts.
    Bevor
dieser Philbert hier auftauchte, würde er Joseph und Theresa bereits in den Zug
nach North Dakota gesetzt haben, koste es, was es wolle. Und wenn er sie
höchstpersönlich zum Bahnhof in Missoula bringen und ins Zugabteil schaffen
musste. Juliana hatte sich bereits auf diesen Abschied vorbereitet – und für
die Kinder war es das Beste, bei ihrer Familie zu sein. Bei den beiden Kleinen
aber sah die Sache ganz anders aus. Sie waren Waisen. Und Juliana hatte
irgendwann die Mutterrolle für Daisy und Klein-Bill übernommen. Sie jetzt gehen
zu lassen, wäre bitter für sie und die beiden.
    »Tom hat
dir das Familiengeheimnis erzählt, wie ich höre«, bemerkte Wes, als Lincoln für
seinen Geschmack viel zu lange geschwiegen hatte.
    Jetzt
drehte Lincoln den Kopf und schaute seinen Bruder geradewegs ins Gesicht. »Warum
hast du es mir nicht erzählt, Wes?«
    »Ma hat
mich gebeten, das nicht zu tun«, entgegnete Wes ernst.
    Doch
Lincoln ließ nicht locker. »Seit wann bist du so scharf darauf, zu tun, was Ma
will?«
    Sein Bruder
lächelte dünn und etwas zerknirscht. »Immerhin habe ich einen Weihnachtsbaum
gefällt und auf dem Rücken meines Esels hier raufgeschleppt, nur weil sie es
mir gesagt hat, oder?«
    »Das hast
du für Gracie getan.«
    Seufzend
richtete Wes sich einen Moment lang in den Steigbügeln auf, um die Beine zu
strecken. »Überwiegend«, gestand er schroff und fügte dann hinzu: »Zwischen Ma
und mir lief es nicht immer so schlecht, Lincoln. Du weißt doch noch, wie es
nach Dawsons Tod war. Sie war fast verrückt vor Kummer. Doc Chaney musste sie
mit Laudanum ruhigstellen. Ich war auch ganz schön fertig. Das waren wir alle,
aber vor allem Ma hat gelitten. Ich wollte tun, was immer in meiner Macht
stand, um ihr zu helfen, und das war weiß Gott nicht viel.«
    Schweigend
ließ Lincoln die Worte auf sich wirken. Er wusste noch, wie seine Mutter in den
ersten Wochen nach der Schießerei in manchen Nächten laut geweint hatte und wie
sein Vater dann immer aus dem Haus gestürmt war.
    Das
Sattelleder knirschte leise, als Wes sich mit ernstem Blick ein wenig
vorbeugte. »Es gab aber noch einen anderen Grund, warum ich dir nichts davon
gesagt habe.« Seine Stimme klang jetzt merklich verärgert.
    »Und
welchen?«, fauchte Lincoln, der nicht vorhatte, es seinem Bruder leicht zu
machen. Warum auch immer Wes geschwiegen hatte, Lincoln hätte wie jeder andere
ein Recht gehabt, die Wahrheit zu erfahren.
    »Du neigst
dazu, dich an Dinge zu klammern, die du loslassen solltest«, sagte Wes. »Auch
an Menschen.«
    »Beth.«
Lincoln seufzte laut.
    »Beth«,
stimmte Wes ihm zu. Wieder entstand ein langes Schweigen, unterbrochen nur vom
Schnauben der Pferde und dem Plätschern des Bachs. »Von uns vier bist du Pa am
ähnlichsten, Lincoln. Ein harter Knochen und klüger, als gut für dich oder alle
anderen ist. Du hast an diesem Land festgehalten, genauso wie er, und dafür
gesorgt, dass es sich bezahlt macht, in guten wie in schlechten Zeiten. Aber du
kommst auch in anderer Hinsicht nach dem alten Mann. Wenn ich dir einen Spaten
über den Kopf ziehen würde – und das wollte ich öfter als einmal tun –, würde
der Spaten kaputtgehen, nicht dein Schädel.«
    »Das war
eine ganz schöne Predigt, Wes.«
    »Bleib
ruhig noch einen Moment auf der Kirchenbank sitzen, ich bin nämlich noch nicht
fertig. Jetzt, wo du so jung bist, ist diese Dickköpfigkeit sogar hilfreich. Du
hältst sie wahrscheinlich für ,Entschlossenheit`. Das Problem ist nur, dass
sich das mit der Zeit in etwas weitaus weniger Angenehmes verwandeln

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