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In Einer Zaertlichen Winternacht

In Einer Zaertlichen Winternacht

Titel: In Einer Zaertlichen Winternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Lael Miller
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gehört.
    Wortlos
wartete Lincoln darauf, dass sein Freund näher kam.
    »Sie ist
nicht hier, Lincoln«, sagte Tom. »Beth ist nicht hier.«
    »Glaubst du
vielleicht, das wüsste ich nicht?«, fragte Lincoln und rieb sich den Nacken. »Aber
wo ist sie, Tom? Beim großen Manitu? Oder da unten in diesem Loch?«
    »Warum tust
du dir das an?«, fragte Tom. »Warum stehst du hier in der Kälte und Dunkelheit
herum, wo du doch eine hübsche Braut hast, die im Haus auf dich wartet? Ist es,
weil du nicht damit gerechnet hast, Gefühle für Juliana zu entwickeln?«
    »Ich finde
Juliana schön«, antwortete Lincoln knapp. »Sie ist klug und mutig, und ich will
sie. Aber das ist auch schon alles, was ich fühle, Tom. Ich habe meine Frau
geliebt.«
    »Deine Frau
ist tot.«
    »Was du
nicht sagst.«
    Mit
zusammengebissenen Zähnen und blitzenden Augen hob Tom eine Hand und schlug
Lincoln so hart vor die Brust, dass er taumelte. »Lass Beth gehen.« Es klang
fast wie ein Knurren. »Juliana hat es nicht verdient, dasselbe durchzumachen
wie deine Mutter.«
    »Was zur
Hölle soll das denn schon wieder heißen?«
    »Das soll
heißen, du verdammter Idiot, dass dein Pa deine Mutter aus ziemlich den
gleichen Gründen geheiratet hat wie du Juliana. Er und Micah waren allein,
nachdem seine erste Frau gestorben war, und er wollte, dass der Junge eine neue
Mutter bekam. Er hat Cora nie geliebt und nie aufgehört, um seine arme
verstorbene Mary zu trauern. Damit hat er deiner Mutter das Leben zur Hölle
gemacht.«
    Fassungslos
öffnete Lincoln den Mund. Er brauchte eine Sekunde oder länger, bis er ihn
wieder schließen konnte. Nie zuvor hatte er diese Geschichte gehört. Jetzt
begriff er, warum Cora sich die Namen von Micahs vier Söhnen nie merken konnte,
warum sie nie zu ihnen nach Colorado fuhr oder wenigstens ab und zu einen Brief
schrieb. Vielleicht erklärte das sogar, warum Micah sich in einen anderen Staat
verdrückt hatte, sobald er alt genug gewesen war.
    »Warum
erzählst du mir das ausgerechnet jetzt?«, fragte er bitter, während seine
Gedanken wild durcheinanderwirbelten. Micah war der Sohn seines Vaters, aber
nicht seiner Mutter? In diesem Moment verstand er genau, was die Leute immer
meinten, wenn sie sagten, ihnen würde der Boden unter den Füßen weggezogen.
    »Weil du es
wissen musst.«
    »Wäre schön
gewesen, wenn das mal jemand erwähnt hätte, bevor Micah für immer abgehauen
ist.« Lincoln kämpfte gegen den alten Schmerz an. »Ich habe ihn immer so
bewundert. Er hat nicht einmal Auf Wiedersehen gesagt. Eines Tages war er
einfach verschwunden.«
    »Micah ist
nicht gegangen, weil er sich nicht mit Cora verstanden hat, sondern weil er es
schon immer in sich hatte, zu gehen.«
    »Und weil
seine Familie in Colorado lebt«, vermutete Lincoln.
    »Ja«, sagte
Tom.
    Als er
spürte, wie sich etwas in ihm löste, seufzte Lincoln laut. »Dann muss ich mich
wohl nicht länger fragen, was schiefgelaufen ist. Weiß Wes davon?«
    »Ja, er
weiß es.«
    »Bin ich
der Einzige, der keine Ahnung hatte?«
    »Reg dich
ab, Lincoln. Wes ist etwas älter als du. Er hat einfach mehr mitbekommen, das
ist alles.«
    »Und jetzt
wirst du mir gleich sagen, meine Ma wäre so einsam gewesen, dass du sie trösten
musstest und ich in Wahrheit dein und nicht Josiah Creeds Sohn bin.«
Einen Moment lang hielt Lincoln die Luft an, weil er beinahe hoffte, es wäre
so.
    Tom ballte
eine Hand zur Faust. Er sah aus, als wollte er Lincoln niederschlagen. »Wenn
du mein Sohn wärst«, stieß er dann hervor, »hätte ich schon vor langer Zeit
Anspruch auf dich erhoben. Keine Frau hat einen Mann jemals mehr geliebt als
deine Ma deinen Vater. Sie hat ihm drei gesunde Jungen geschenkt und den einen,
den er mit in die Ehe gebracht hat, liebevoll aufgezogen. Als Dawson
umgebracht wurde, hat Josiah behauptet, es wäre ihre Schuld, weil jemand aus
ihrer Familie abgedrückt hätte. Bis zu seinem Tod hat er nie mehr ein
freundliches Wort zu ihr gesagt.«
    Einen
Moment lang schloss Lincoln die Augen, dann atmete er langsam aus. »Aber du hast
meine Mutter all die Jahre geliebt, nicht wahr, Tom? Deshalb bist du geblieben.«
    »Ich bin
geblieben, weil ich bleiben wollte«, erwiderte Tom kühl.
    Wortlos
gingen sie nebeneinander zurück zum Haus.
    Theresa, Billy-Moses und Daisy schliefen
tief und fest in Mrs Creeds Bett. Darauf bedacht, sie nicht zu wecken, deckte
Juliana sie zu und legte noch etwas Holz im Ofen nach.
    Danach sah
sie nach Gracie, die ebenfalls schon schlief.

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