In Einer Zaertlichen Winternacht
würdest
du tun?«, wisperte sie erstaunt. Garantiert gab es keinen zweiten Mann wie ihn
auf der ganzen Welt.
»Ja.«
»Warum?«
»Für sie.
Für Gracie. Aber vor allem für dich.« Sanft dirigierte er sie in Richtung Haus.
Dabei sagte er nah an ihrer Wange: »Geh rein, bevor du dir in der Kälte noch
den Tod holst. Ich komme nach, sobald ich das Pferd versorgt habe.«
Mit einem
vorsichtigen Schritt stellte Juliana fest, dass ihre Beine wieder ihren Dienst
taten.
Die Kinder,
die ihre Schulaufgaben erledigt hatten, bedrängten Tom gerade, sie zum Spielen
hinauszulassen. Juliana erlaubte es ihnen unter der Bedingung, dass sie sich so
warm wie möglich einpackten und keinen Lärm in der Nähe der Hütte der Gainers
machten, weil Rose-of-Sharon und das Baby Ruhe brauchten.
Es brach
ein großes Chaos los, als sich alle auf die Suche nach ihren Mänteln machten.
Gracie war so aufgeregt, dass sie kaum stillhielt, während Juliana ihr einen
Wollschal über den Kopf legte und fest unter dem Kinn verknotete. Für die anderen
Kinder trieb Tom Strickmützen auf. Schließlich stürzten sie aus der Tür.
Nachdem sie
gegangen waren, sagte Tom unvermittelt: »Du bist so weiß wie Neuschnee,
Juliana. Warum? Was ist geschehen?«
Stockend
erzählte sie ihm von dem Telegramm.
Toms
Gesicht wurde hart, während er zuhörte. »Was hat Lincoln dazu gesagt?«
»Er will
Joseph und Theresa so schnell wie möglich in Missoula in den Zug setzen.« Die
Adoption erwähnte sie nicht, da sie noch immer nicht sicher war, ob sie Lincoln
richtig verstanden hatte.
Tom nickte.
»Missoula ist ungefähr einen halben Tagesritt von hier entfernt, wenn das
Wetter hält. Und wenn nicht, wird Philbert es vermutlich auch erst in die Stadt
schaffen, wenn die Straßen frei sind.«
In diesem
Moment trat Lincoln ein. Ohne ein Wort zu sagen, sah er von Juliana zu Tom und
hängte Hut und Mantel auf seine typische Art an den Haken. Sein
Gesichtsausdruck war finster.
»Ich bringe
Joseph und Theresa nach Missoula«, erklärte Tom. »Und fahre mit ihnen nach
North Dakota, um sicherzugehen, dass sie gut ankommen und ihre Familie auch
wirklich auf sie wartet.«
Auf einmal
wirkte Lincoln traurig, doch er nickte. »Ich bin an meinem Schreibtisch«, sagte
er zerstreut. An der Tür zum Wohnzimmer drehte er sich noch einmal um. »Du
wirst doch zurückkommen, Tom?«
Tom
lächelte nicht. »Ich komme zurück«, antwortete er sehr leise.
Später, als
die Kinder erschöpft vom Spielen wieder hereinkamen, mit glänzenden Augen und
glühenden Wangen, kochte Juliana ihnen heißen Kakao in einem schweren Eisentopf.
Anschließend machte sie sich auf die Suche nach Lincoln, weil sie das
Bedürfnis hatte, in seiner Nähe zu sein.
Er saß an
seinem Tisch in einer Ecke des Wohnzimmers, umgeben von dicken Büchern, jedes
einzelne aufgeschlagen. Als sie sich näherte, tauchte er gerade seinen
Federhalter ins Tintenfass und schrieb etwas auf.
Sie stellte
einen Becher heißen Kakao neben ihn.
»Danke«,
sagte er knapp.
Julianas
Finger kribbelten. Am liebsten hätte sie Lincoln den Nacken und die Schultern
massiert, unterließ es aber. Obwohl er ihr Ehemann war, kam es ihr zu intim und
sogar ein wenig schamlos vor, ihn zu berühren, selbst auf so unschuldige Weise.
Allerdings
wollte sie auch nicht wieder gehen, genauso wenig wie sie sich nach einem
Marsch durch einen Schneesturm von der Wärme eines Ofens hätte losreißen
können.
»Wenn du
hierbleiben möchtest, Juliana, dann setz dich bitte«, lud er sie freundlich
ein, ohne von seinen Papieren aufzusehen.
Sie sank
auf die Kante eines Sessels, verschränkte die Finger und wartete.
»Alles wird
gut werden, Juliana«, versprach er ihr nach einer Weile und seufzte dabei
leise.
Da kannte
er Mr Philbert aber schlecht. »Vorhin am Stall, da glaubte ich dich sagen zu
hören ...«, begann sie vorsichtig.
Er wartete.
»Ich
glaubte dich sagen zu hören, dass du Daisy und Billy-Moses adoptieren möchtest.«
Lincoln
lächelte. »Das habe ich tatsächlich gesagt, Juliana.« Sie umklammerte die
Armlehnen. »Aber wie?«
»Ich bin
Anwalt«, antwortete er und deutete auf die Bücher. »Ich stelle gerade die
Unterlagen zusammen.«
»Das hast
du gar nicht erwähnt. Dass du Anwalt bist, meine ich.«
»Ich habe
dir eine ganze Menge noch nicht erzählt«, entgegnete er schlicht. »Dazu war
nicht genug Zeit.«
Sie stand
auf, setzte sich aber gleich wieder. »Du könntest ... du könntest
Schwierigkeiten bekommen, wenn du Joseph und
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