Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
In Sachen Kain und Abel. Neue Satiren.

In Sachen Kain und Abel. Neue Satiren.

Titel: In Sachen Kain und Abel. Neue Satiren. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ephraim Kishon
Vom Netzwerk:
Sie!«
    »Keinen Groschen.«
    Jetzt wurde Herr Zwanziger wütend: »Wir sind unter uns«, brüllte er. »Niemand hört zu. Sie können völlig ungeniert sprechen.«
    Ich blieb ungeniert stumm. Vielleicht bin ich ein jämmerlicher Feigling, aber ich habe tatsächlich meine sämtlichen Steuern bezahlt. Was war zu tun?
    »Ich bin bereit, meine Angaben in Gegenwart eines Lügendetektors zu wiederholen und zu beschwören«, flüsterte ich. »Ich habe kein schwarzes Geld.«
    »Was wollen Sie dann eigentlich von mir?« fragte Herr Zwanziger.
    Diese Frage begann auch mich zu beschäftigen.  
    »Ich dachte«, fuhr Herr Zwanziger fort, »daß Sie eine seriöse Kundschaft sind. Ich habe Millionengeschäfte mit respektablen Bürgern abgeschlossen, mit Architekten, Gynäkologen, Landwirten und Installateuren - aber keiner von ihnen ist mir jemals mit weißem Geld gekommen. Ich frage Sie zum letzten
    Mal: Wieviel schwarzes Geld haben Sie?«
    »Hm«, machte ich ausweichend. »Das spielt doch eigentlich keine Rolle.«
    »Soll das ein Witz sein, oder was?« fauchte der ehrliche Makler. »Glauben Sie, daß es in diesem Land einen einzigen Menschen gibt, der für alle seine Einnahmen Bestätigungen ausstellt und alle seine Einnahmen versteuert? Hören Sie endlich auf, mich zu langweilen. In jedem sauberen Geschäft werden zehn Prozent des Umsatzes deklariert und der Rest geht unter dem Tisch von Hand zu Hand. Woher käme sonst unsere Inflation? Von den Monatsgehältern der Angestellten?«  
    Ich gab klein bei: »Schön, dann sagen wir also den Eigentümern der Grundstücke, daß ich mit schwarzem Geld zahle.«
    »Niemals! So etwas mache ich nicht!« Herr Zwanziger straffte sich. »Wenn Sie mich nicht zum Narren halten und wenn Ihr Geld wirklich weiß ist, dann scheint der Betrag in Ihren Büchern oder in Ihrem Bankauszug auf und wird eine leichte Beute für die Steuerbehörde. Ich denke gar nicht daran, meine Kunden, die mir ihr Vertrauen geschenkt haben, in solche Affären zu verwickeln. Vielleicht finden Sie irgendeinen Winkelagenten, der weißes Geld nimmt. Ich nicht, Herr. Ich nicht!«
    Allmählich wurde mir meine verzweifelte Lage klar. Auf der einen Seite eine florierende Volkswirtschaft - auf der anderen Seite ich, ganz allein, mit lauter weißem Geld, für das ich leichtsinnigerweise Steuern gezahlt habe und das niemand anrühren will. Es war praktisch wertlos. Ich könnte es ebensogut verbrennen.
    »Läßt sich denn gar nichts mit dem Geld anfangen?« flehte ich.
    Herr Zwanziger sah mich mitleidsvoll an. Im Grund seines Wesens war er ein guter, weichherziger Mensch. Er wollte nur nicht mit dem Gesetz in Konflikt geraten.  
    »Ich hatte schon einmal einen ähnlichen Fall wie Sie«, erinnerte er sich. »1968, glaube ich. Damals wollte irgendein verrückter Rechtsanwalt ein vierstöckiges Haus bar bezahlen und
    die volle Summe bestätigt bekommen. Ich habe ihn gefragt, wie wir unsere Bauarbeiter unter dem Tisch bezahlen sollen, wenn wir kein schwarzes Geld zur Verfügung haben. Und dann habe ich ihn hinausgeworfen.«
    Ich saß mit gesenktem Kopf. Ich war um nichts besser als dieser Rechtsanwalt. Mit einem Idioten wie mir, der die ganze ökonomische Struktur unseres Landes ins Wanken bringen würde, konnte man wirklich keine Geschäfte machen. Zum Teufel mit meinem lilienweißen Geld.  
    Herr Zwanziger stand auf und zog mich zum offenen Fenster: »Hier übertönt der Straßenlärm unser Gespräch«, flüsterte er mir ins Ohr. »Also seien Sie unbesorgt und sagen Sie mir endlich, wieviel schwarzes Geld Sie haben.«
    Ich brach in Tränen aus und schwieg.
    Herr Zwanziger seufzte tief. Dann schrieb er auf ein Blatt Papier: »Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort, daß in meinem Büro keine Abhörgeräte eingebaut sind.«
    Ich schrieb zurück: »Ich glaube Ihnen, aber ich bin weiß.«
    Das war das Ende. Herr Zwanziger schloß das Fenster, ließ sich in seinen Stuhl fallen und schrie: »Hinaus!«
    Ich schlich davon, ein Schatten meiner selbst, ein Ausgestoßener, ein Abschaum der Gesellschaft.

Alarm

    Um eins in der Nacht wachte ich kürzlich auf, weil draußen ein verwundeter Löwe brüllte. Das Brüllen hielt an, immer in derselben furchterregenden Tonstärke. Es kam aus der Wäscherei im Parterre unseres Hauses.  
    Ich weckte die beste Ehefrau von allen.
    »Hörst du das?« schrie ich ihr ins Ohr. »Alarm«, murmelte sie, ohne die Augen zu öffnen. »Sie rauben die Wäscherei aus.«
    Diese Erklärung leuchtete mir ein. Ich vergrub

Weitere Kostenlose Bücher