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In Sachen Kain und Abel. Neue Satiren.

In Sachen Kain und Abel. Neue Satiren.

Titel: In Sachen Kain und Abel. Neue Satiren. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ephraim Kishon
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ausbezahlt wird, Ihnen zur Verfügung zu stellen.«
    »Sie sind ein Genie.«
    »Nicht so eilig. Sie müssen die Summe voll versteuern.« »Was?!«
    »Aber das läßt sich vermeiden, indem ich Sie auf der Basis einer Verleumdungsklage ausbezahle.«  
    »Ich verstehe nicht.«
    »Es ist die einzige gesetzlich zulässige Möglichkeit zur Durchführung von Zahlungen zwischen zwei hier ansässigen Personen. Für Beträge, die Ihnen von einem ordentlichen Gericht als Wiedergutmachung einer wörtlichen oder tätlichen Ehrenbeleidigung zugesprochen werden, brauchen Sie keine Steuer zu zahlen.«
    »Wieso nicht?«
    »Solche Beträge gelten als Spesen.«
    »Kennen Sie einen Präzedenzfall?«
    »Aus meiner eigenen Praxis. Ich habe einem meiner Klienten auf diese Weise 1000 Shekel verschafft. Er brauchte nichts weiter zu tun, als sich von mir zwei Ohrfeigen geben zu lassen. In Ihrem Fall wird bereits eine kleine Beschimpfung genügen. Ich könnte Ihnen zum Beispiel höhnisch vorwerfen, daß Sie mit ungarischem Akzent sprechen.«
    »Das ist keine Beschimpfung. Das ist die Wahrheit.«  
    »In drei Jahren haben Sie ihn vielleicht verloren.«
    »Ich glaube nicht an Wunder.«
    »Nun, wir werden schon etwas finden. Hauptsache, daß Sie mich auf Ehrenbeleidigung verklagen und daß die Ihnen zugesprochene Entschädigungssumme genau mit der Versicherungsprämie übereinstimmt, die von der Tochtergesellschaft Ihres Sohnes zu meinen Gunsten als Stiftung deponiert wird, und zwar in der gleichen Höhe, in der die Firma Ihrer Frau das von Weintraub gezahlte Honorar gegen ihr eigenes Verlustkonto verrechnet. Sind Sie mit dieser Prozedur einverstanden?«
    »Gerne. Aber Sie sagten etwas von einer zweiten Möglichkeit?«
    »Die zweite Möglichkeit wäre, daß Sie keine Bestätigung ausstellen und der Steuer die 460 Shekel verschweigen.«
    »Auf keinen Fall. Das kann zu Komplikationen führen.«

Die Bürde des weißen Mannes

    Wenn ich mir unser Steuersystem betrachte und all die übrigen labyrinthischen Gesetze und Verordnungen, denen wir ausgesetzt sind, dann glaube ich immer, daß Franz Kafka sich unter uns sehr wohl gefühlt hätte. Seit unsere progressive Einkommenssteuer die 100%-Grenze überschritten hat, seit wir also unter bestimmten, leicht erhältlichen Voraussetzungen mehr Steuern zahlen müssen, als wir verdienen, hat der schwarze Geldmarkt eine noch nicht dagewesene Hochblüte erreicht. Ehrliches, weißes Geld ist kaum noch in Zirkulation, und wenn ein gesetzestreuer Bürger der Regierung tatsächlich alles zahlt, was sie von ihm verlangt, wird er von seiner Umwelt gemieden.
    Des eingedenk sprach die beste Ehefrau von allen zu mir eines Tage wie folgt: »Es ist Wahljahr. Geh und kauf uns ein Grundstück.«
    Obwohl ich da keinen unmittelbaren Zusammenhang entdekken konnte, suchte ich gehorsam Herrn Nissim Zwanziger auf, den bestbekannten Grundstücksmakler.  
    »Guten Morgen«, sagte ich. »Ich möchte etwas kaufen.«  
    »Was?«
    »Grundstücke, Häuser, Wohnungen, was immer.«
    »Gerne«, sagte Herr Zwanziger. »Wieviel Geld haben Sie?«
    Ich gab ihm die gewünschte Auskunft.  
    »Und wieviel davon ist schwarz?« fragte Herr Zwanziger.
    Nicht ohne Selbstgefälligkeit ließ ich ihn wissen, daß kein Groschen meines Geldes schwarz sei. Herr Zwanziger wurde deutlicher: »Ich wollte wissen, wieviel Sie unter dem Tisch verdient haben.«
    »Ich habe alles auf dem Tisch verdient.«  
    »Das meine ich nicht«, erläuterte Herr Zwanziger, immer noch höflich. »Ich meine jenen Teil Ihrer Einkünfte, für den Sie keine Bestätigungen ausgestellt haben und von dem die
    Regierung nichts weiß.«
    »Die Regierung weiß alles. Ich habe meine Einkommenssteuer voll bezahlt.«
    Jetzt lachte Herr Zwanziger schallend auf:
    »Großartig! Ihr berühmter Humor! Wie Sie mir da ganz ruhig ins Gesicht sagen, daß Sie alle Ihre Steuern bezahlt haben... also das macht Ihnen niemand nach. Das ist einmalig. Ich freu mich schon drauf, es im Kaffeehaus zu erzählen.«
    Und sein Lachen steigerte sich so gewaltig, daß ich Angst hatte, er würde ersticken.
    »Na, schön«, sagte er, als er wieder zu Atem kam. »Wir hatten unseren Spaß, wie haben gelacht, und jetzt kommen wir zum Geschäft. Wieviel von Ihrem Geld ist schwarz?«  
    »Es ist alles weiß.«
    Meine Beharrlichkeit schien ihm ein wenig auf die Nerven zu gehen: »Grundstücksgeschäfte sind eine Sache des Vertrauens. Ich verspreche Ihnen absolute Diskretion. Wieviel schwarzes Geld haben

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