In Sachen Kain und Abel. Neue Satiren.
des Erscheinens meiner ersten Kurzgeschichtensammlung und das 30jährige Jubiläum meiner fruchtbaren literarischen Tätigkeit, so daß er für mich ein dreifaches Jubiläum bedeutet. »Und so«, um den bekannten Schriftsteller Ephraim Kishon zu zitieren, »hat der einstige Talmudstudent seinen Weg vom Haus des Rabbi zum Gipfel des Ruhms genommen und wird sich am 25. Oktober als poeta laureatus des hebräischen Schrifttums präsentieren.« Ich darf noch hinzufügen, daß der oben erwähnte biblische Ausdruck sich bis heute in unserem täglichen Sprachgebrauch erhalten hat. Es grüßt Sie respektvoll
Ihr ergebener Gideon Cheschwan.
»Was ist das?« fragte mich mit vor Nervosität zitternder Stimme der Literaturredakteur, nachdem ich ihm den Brief zurückgegeben hatte. »Was bedeutet das?«
»Keine blasse Ahnung«, gab ich nicht minder nervös zurück. »Woher soll ich das wissen? Ich bin ja gar nicht hier. Ich existiere überhaupt nicht. Bitte vergessen Sie mich.«
Grußlos rannte ich hinaus, fest entschlossen, mich bis auf weiteres nicht in der Redaktion zu zeigen.
Die Dinge nahmen ihren unvermeidlichen Lauf. Gideon Cheschwans 55. Geburtstag lag immer drückender in der Luft.
Man spürte bei jedem Atemzug, daß zu seinem dreifachen Jubiläum ein großer Empfang stattfinden würde. Je näher der Unglückstag herannahte, desto häufiger sah man Angehörige der Schreiberzunft schreckensbleich nach dem Süden des Landes fliehen. Andere versiegelten ihre Wohnungstüre und schlössen sich ein, wieder andere begaben sich in Spitalspflege. Die von Cheschwan frequentierten Straßen lagen entvölkert, die Kaffeehäuser leerten sich schlagartig, sobald er auftauchte. Aber niemand machte sich ernsthafte Hoffnungen, dem Schicksal entgehen zu können.
»Vor ein paar Tagen«, so informierte mich einer meiner Freunde, der Dichter, L. Grinboter, »erschien Cheschwan plötzlich in meinem Haus in Sichron Jakov und bat mich um Tinte für seine Füllfeder. Angeblich war ihm zu Hause in Tel Aviv die Tinte ausgegangen. Während er seine Feder füllte, äußerte er wie von ungefähr, daß ihm die Tinte hoffentlich bis zum 25. Oktober reichen würde, seinem 55. Geburtstag, der zugleich ein dreifaches Jubiläum und ein Meilenstein in der Geschichte der israelischen Literatur darstelle. Und ich würde doch sicher nicht versäumen, davon gebührend Notiz zu nehmen.
Was soll ich tun? Und warum gerade ich? Du kennst ihn doch viel besser.«
Nach einigem Hin und Her beschlossen wir, das Los entscheiden zu lassen. Ich war dumm genug, »Adler« statt »Kopf« zu wählen, und verlor. Damit war ich verurteilt, einen Jubiläumsartikel über Cheschwan zu schreiben, was ein sorgfältiges Quellenstudium erforderte. Ich lieh mir eines seiner Bücher aus, las es gewissenhaft bis zur Mitte der Seite 6 und konsultierte zur Sicherheit auch noch das »Who's Who in Israel«. Dann, in Erfüllung des Auftrags, der mir von Grinboter und ein paar anderen zugewiesen worden war, fand ich mich bei Gideon Cheschwan ein.
»Ich komme mit einer guten Nachricht, Herr Cheschwan. Eine Gruppe Ihrer Freunde und Bewunderer möchte aus Anlaß Ihres 55. Geburtstags eine kleine, intime Jubiläumsfeier für Sie veranstalten.«
»Für mich?« fragte Cheschwan in fassungslosem Erstaunen. »Eine Feier für mich? Sie müssen verrückt geworden sein, mein Lieber. So etwas brauche ich nicht. Sparen Sie sich die Mühe.«
»Nein, nein«, widersprach ich. «Gideon Cheschwan hat Anspruch darauf, gefeiert zu werden. Bitte stimmen Sie zu! Bitte!«
Cheschwan überlegte eine Weile, dann schüttelte er den Kopf.
»Es geht nicht. Die Zeiten sind zu ernst. Womit hätte ich eine solche Feier verdient? Ich habe getan, was ich tun mußte. Gewiß, ich habe es besser getan als die meisten anderen. Gewiß, die Jugend unseres Landes verehrt mich. Aber das ist mir Lohns genug. Ich bitte Sie, den Plan eines Festempfangs im Mann-Auditorium aufzugeben. Und ich bestehe darauf, daß Sie den Unterrichtsminister, den Parlamentspräsidenten und die führenden Persönlichkeiten unseres öffentlichen Lebens sofort davon verständigen. Am 25. Oktober um 21 Uhr findet im Mann-Auditorium keine Jubiläumsfeier statt, bitte sorgen Sie dafür...«
Es wurde eine wunderschöne Feier im Mann-Auditorium. Nach der Eröffnungsrede des Unterrichtsministers schilderte I. L. Grinboter in schwungvollen Worten den Weg des einstigen Talmudstudenten vom Haus des Rabbi zum Gipfel des Ruhms, wobei er besonders die im Herbst
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