In Satans Hand
Söhnchen!«
Sein nächster Schuß erwischte eines der Ungeheuer genau zwischen die bernsteinfarbenen Lichter. Aus ihrem Hinterkopf spritzte etwas Dunkles in die Nacht. Stumm kippte das Monster nach hinten weg.
»Alles kla-? Aaarrrggghhh!«
Ein Schatten war mit irrsinniger Geschwindigkeit von hinten auf Isaak Loti zugejagt, hatte ihn umgerissen und unter sich begraben. Muskelbepackte Arme wirbelten, messerscharfe Klauen blitzten, und dann spürte Rawi Oz widerlich warme Spritzer in seinem Gesicht.
Er schoß auf das Ungeheuer, während Loti noch gurgelnd schrie. Der Soldat starb mit seinem Mörder.
»Kemelman! Vorsicht!«
Rawis Warnung kam zu spät. Kemelmans Kopf verschwand für eine Sekunde wirbelnd im Dunkeln, schlug dann dumpf auf die Motorhaube des Jeep und rollte Oz von dort aus direkt zwischen die Füße.
Die Pranke seines Mörders hatte dem jungen Mann die Schutzmaske vom Gesicht gerissen. Nahezu kreisrund geöffnete Augen starrten zu Rawi empor. Er erbrach sich in Jakob Kemelmans totenstarres Gesicht .
Sengender Schmerz riß ihn aus der Apathie. Seine linke Schulter schien mit einemmal in Flammen zu stehen, kochend heiß kam ihm das Blut vor, das aus der Wunde quoll.
Dem nächsten Hieb des Angreifers entging Rawi nur, weil der erste Schlag ihn zwei, drei Schritte nach vorne hatte taumeln lassen. Die Zeit bis zum dritten reichte dem Leutnant, um sich umzudrehen und den Monsterschädel in Stücke zu schießen.
Dann übernahm etwas die Kontrolle über seinen Körper, für das es nur das Wort Überlebensinstinkt gab. Jetzt machte sich bezahlt, daß sein Vater ihn in der militärischen Ausbildung hart hergenommen hatte. Oz' Verstand schaltete sich aus, nur noch Reflexe steuerten ihn. Für Überlegungen war keine Zeit mehr.
Als sei er aus Gummi, so elastisch tauchte er unter den Attacken der Gegner weg. Er warf sich förmlich in den Jeep, dabei wild, aber immer noch gezielt um sich feuernd. Mit einer Hand startete er das Fahrzeug. Sein Wendemanöver brachte ihn für zwei, drei Sekunden aus der Reichweite der Ungeheuer.
Dann gab er Vollgas, ließ den Jeep leicht nach links und rechts pendeln; wie ein Rammbock brach er sich Bahn durch die gegnerische Phalanx. Die Monstren wurden zu beiden Seiten förmlich wegkatapultiert.
Nur eine der Bestien schaffte es, mit einem Satz auf der Motorhaube zu landen. Ihre Pranke stieß mit aller Gewalt durch die Windschutzscheibe. Splitterndes Glas prasselte Rawi Oz entgegen. Automatisch nahm er den Kopf zur Seite und entging damit auch den Klauen des Ungeheuers, die neben seiner Schulter die Rückenlehne des Sitzes zerfetzten.
Ein abrupter Dreh am Lenkrad, links, dann rechts, und Vollbremsung!
Das Monster rutschte von der Haube.
Und wieder Gas!
Der Jeep vollführte einen regelrechten Bocksprung nach vorne, die Reifen mahlten hör- und spürbar über das Ungeheuer.
»Was . was tun Sie da?«
Emerson Fitzgerald! Der Leutnant hatte den Verletzten im Fond des Wagens ganz vergessen gehabt und erschrak, als der Engländer ihn unvermittelt ansprach.
»Ich bring uns hier raus«, gab er zurück.
»Raus? Aber ich dachte, das geht nicht, weil -«
»Geht nicht gibt's nicht.« Rawi Oz hatte Mühe, überzeugend zu klingen.
»Wo fahren Sie hin?« fragte Emerson Fitzgerald.
Oz warf einen flüchtigen Blick über die Schulter. Fitzgerald stierte blind um sich. Der Anblick schnürte dem Leutnant fast die Kehle zu, so mitleiderregend empfand er ihn.
»In die Stadt«, sagte er dann.
»In die Stadt? Aber dort ist es noch schlimmer! Glauben Sie mir!«
»Mag sein«, erwiderte Rawi Oz bitter.
Er wollte Jerusalem nicht allein verlassen, wenn es denn überhaupt einen Ausweg gab. Er war hergekommen, um seine Familie zu retten.
Aber nach allem, was er inzwischen erlebt hatte, war er in dieser Hinsicht bescheidener geworden - - er wollte seine Familie wenigstens noch einmal sehen . ..
*
Etwas krabbelte über ihre Stirn. Lilith wollte es wegwischen, als sie begriff, daß es Gabriel war, der sie streichelte.
Erschrocken fuhr sie auf. In ihr hallte der Traum nach, in dem sie am Boden des Schachtes zerschellt war, in den Gabriel sie - Verwirrt blickte sie um sich. Und die Erinnerung ergoß sich wie ein Sturzbach über sie. So machtvoll, daß sie aufbrüllte und Gabriels Hand wegschlug.
Sie befand sich immer noch - oder wieder - im Felsendom, der einen unversehrten Eindruck machte. Die Brüstung um den Heiligen Fels war unversehrt. Es gab kein Indiz für das, was sie erlebt zu haben
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