In Satans Hand
unausgesprochen ließ.
Der Felsendom erzitterte in seinen Grundfesten, als der Teufel sich kurz darauf wie eine heulende Sturmbö entfernte.
Lilith blieb reglos zurück, blieb stehen, wo sie stand, und ihr war, als lägen Satans Hände immer noch wie Ketten um ihre Haut. Um ihre Kehle.
Irgendwann merkte sie, daß sie den Lilienkelch anstarrte.
Irgendwann begriff sie, daß - wenn es noch eine Chance gab, Satans Pläne zu durchkreuzen - der Schlüssel dazu ausgerechnet in diesem Ding steckte, das soviel Unheil über unzählige Menschen gebracht hatte.
Aber vielleicht war es auch gerade deshalb prädestiniert, das dunkelste aller Zeitalter von der Welt abzuwenden .
Ich muß es wenigstens versuchen! dachte Lilith. Selbst wenn ich dabei umkomme!
Denn was konnte schrecklicher sein als das Leben, das Gabriel für sie vorgesehen hatte?
Ohne sich über die Folgen ihrer Handlung in letzter Konsequenz bewußt zu sein, leitete sie ihre Verwandlung ein und flog auf das einzigartige Kleinod zu, das die Ur-Lilith dereinst aus Magie und Traum gewoben hatte .
*
Des Teufels Heer wurde nicht müde, die Kräfte seiner Kämpfer erschöpften sich nicht, und ihre Lust am Töten ließ nicht nach. Wohl aber schienen einige von ihnen satt von ihren Opfern und ließen deswegen nach in ihrem blutigen Tun.
Es war eine der Aufgaben von Satans erster Kriegerin, dafür zu sorgen, daß das Morden nicht endete, daß jede einzelne der Bestien Beute riß, solange es noch Beute gab.
Und Nona erfüllte diese ihre Pflicht.
Als Wölfin patrouillierte sie durch die blutigen Straßen Jerusalems, und wo sie einen ihrer Art traf, der sich träge zurückziehen wollte, trieb sie ihn mit lautem Brüllen wieder hinaus in die Stadt, hetzte ihn auf das menschliche Wild. Und nicht einer vermochte sich ihrem Befehl zu widersetzen. Die Werwölfe erkannten ihre Autorität an, als trüge sie ein flammendes Zeichen der ihr verliehenen Macht auf der Stirn.
Sie selbst legte nicht Hand an. Das blutige Werk durfte sie den anderen überlassen.
Zudem wollte sie gar nicht daran teilhaben. Denn was um sie her geschah, entsetzte Nona, auf einer Ebene ihres Bewußtseins zwar, die sie nicht zu kontrollieren vermochte, aber das so empfundene Grauen ließ sie zweifeln an dem, was sie den anderen befahl.
Allein, sie kam nicht dagegen an. Sie mußte tun, was im Sinne Satans war.
Und gerade das machte ihr zu schaffen.
Denn dieses Blutbad schien so . sinnlos. Unmöglich kam ihr vor, was Gabriel wirklich damit bezweckte. Und doch wußte sie, daß er es schaffen konnte; denn sie teilte des Teufels Zuversicht, so wie er ihre Sinne teilte und Nona selbst als Werkzeug benutzte, seit er den tiefverwurzelten Ruch in ihr wachgerufen und sie zur Führerin seiner Armee bestellt hatte.
Im Zuge dieser Überlegungen erinnerte sie sich unweigerlich an Landru, den sie zurückgelassen hatte, als bedeute er ihr nichts mehr. Aber dem war nicht so; zu lange währte ihre Gefährtenschaft schon, und zu einzigartig war sie, als daß der Satan sie zur Nichtigkeit degradieren könnte.
Was würde geschehen, wenn Landru auf die mordende Wolfsmeute traf? Würden sie auch ihn -?
Ich muß zu ihm! gellte es durch den Schädel der Wölfin, als würde ihr menschliches Ich darin aufschreien.
Aber der Wunsch, zu Landru zurückzukehren, zerstob. Buchstäblich fast. Denn der tief schwarze Himmel über Jerusalem schien in dieser Sekunde zu explodieren!
Höllenlärm rollte wie Donner über die Stadt.
Und dann begannen die Angreifer zu feuern, aus allen Rohren -und die Todesgewalt ihrer Waffen konnte selbst Satans Heer gefährlich werden!
*
Nona sah ihre Krieger sterben.
Nicht alle freilich, aber viele erwischten die Geschosse des angreifenden Militärs, das mit Hubschraubern und Panzerfahrzeugen in Jerusalem eingefallen war.
Nona wußte nicht, wie viele Werwölfe Gabriel aus aller Welt mit Hilfe seiner uralten Kinder nach Jerusalem geholt hatte; nur, daß ihre Zahl gewaltig sein mußte. Trotzdem, es zählte jeder einzelne! Ihre gewaltige Masse war Satans Trumpf, und deshalb war jeder tote Wolf ein möglicherweise entscheidender Verlust, der den Plan des Bösen gefährden konnte.
Es sollte mich nicht kümmern, dachte Nona - vergebens: denn sie konnte nicht anders, als sich um das Erreichen des Zieles zu sorgen. Sie war Satans Hand, sein verlängerter Arm, und sie konnte sich seinem Willen nicht widersetzen. Denn sein Wille war ihr Wille - - und so rief sie ihn. Flehte den Leibhaftigen um Hilfe
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