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INFAM - Die Nacht hat tausend Augen (German Edition)

INFAM - Die Nacht hat tausend Augen (German Edition)

Titel: INFAM - Die Nacht hat tausend Augen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: André Wegmann
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vereinzelt, dann immer öfter. Gelegentlich fielen Wassertropfen aus dem Blätterdach der Bäume auf sie herunter. Plötzlich gellte ein hoher langgezogener Schrei durch die Nacht. Er hatte entfernt Ähnlichkeit mit dem Heulen eines Wolfes, war aber nicht so durchdringend und kräftig.
Das ist nur irgendein Waldtier, vielleicht ein Fuchs, versuchte sie sich selbst zu beruhigen. Als sie etwa 50 Meter zurückgelegt hatte, wandte sie sich nach links, um zu der Schotterpiste zu gelangen, auf der sie zum Haus hingefahren war. War das wirklich erst ein paar Stunden her? Ihr schien, als wären Jahre vergangen, seit sie unbeschwert und voller Vorfreude auf den Abend hier angekommen war. Am Rand des Waldstücks stand sie plötzlich vor einer Weide mit hüfthohem Gras, die von einem Stacheldrahtzaun umgeben war. In einiger Entfernung konnte sie die Umrisse einer alten Sämaschine erkennen, die wie vergessen mitten auf der Wiese stand. Sie betrachtete den Stacheldrahtzaun, der in mehreren Linien vom Boden bis etwa auf Höhe von Sarahs Brust verlief. Unwillkürlich musste sie daran denken, dass Stacheldraht ihr heute bereits einmal das Leben gerettet hatte, auch wenn sie dafür mit elendigen Schmerzen hatte bezahlen müssen.
Trotzdem ein verfluchter Mist, dass dieser Zaun hier steht. Jetzt muss ich noch weiter durch diesen dunklen Wald irren.
Sie überlegte, umzukehren und es auf der anderen Seite zu versuchen. Sarah verwarf den Gedanken aber wieder, da sie die Hoffnung hegte, direkt zur Straße zu gelangen, wenn sie einfach in derselben Richtung weiterging. Die anfangs willkommene kühle Luft wurde ihr nun doch unangenehm und Sarah begann zu frösteln. Ein Kribbeln lief über ihre Haut und die Härchen an ihren Armen fühlten sich wie elektrisch geladen an.
Werde ich diesem Albtraum je entrinnen?
Sarah biss auf die Zähne und setzte ihren Weg fort. Sie huschte, so schnell es ihr Zustand möglich machte, durch den Wald und ignorierte sämtliche Schmerzen so gut es ging. Plötzlich hörte sie unweit vor sich Geräusche. Zweige knackten, gefolgt von Rascheln, das sekündlich lauter wurde. Jemand preschte durch den dunklen Wald genau auf sie zu.

 
    39
     
    Richard stapfte durch das dunkle Waldstück und seine Laune verschlechterte sich sekündlich.
Wo zum Teufel steckt dieser elendige Mistkerl, fragte er sich nun bereits zum wiederholten Male. Immer wieder hielt er an, um in die Finsternis zu lauschen und durch seinen Camcorder die Umgebung abzusuchen. Bis auf die gelegentlichen Rufe des einen oder anderen Tiers und dem Wispern der Bäume, die sich in der leichten Brise wiegten, war es still und der Nachtsichtmodus zeigte ihm lediglich die Konturen des Waldes. Den umgeknickten Gräsern bei der Terrasse des Hauses nach zu urteilen, war er Sid zweifelsohne in die richtige Richtung gefolgt. Soviel Intelligenz eine falsche Fährte zu legen, traute Richard dem Wahnsinnigen nun wirklich nicht zu. Außerdem konnte er ja im Grunde immer noch nicht wissen, dass er ihm etwas Böses wollte. Eigentlich müsste er doch in seiner naiven Trotteligkeit geräuschvoll durch den Wald pflügen und dabei seine debilen Reime vor sich her brabbeln, dachte Richard. Aber er war wie vom Erdboden verschluckt. Zum ersten Mal ließ er den Gedanken zu, dass er Sid vielleicht nicht finden würde. Das wäre ein mehr als bescheuertes Ende für sein Werk und würde darüber hinaus ziemliche Probleme mit sich bringen. Eher früher als später würde Sid Menschen über den Weg laufen und die würden – sofern sie noch dazu kämen – die Polizei verständigen und der berichten, dass ein blutüberströmter Typ, der aussieht wie ein Monster, hier durch die Gegend läuft. Vielleicht würde er auch seinen Weg mit Leichen pflastern. Wenn er sich lebendig aufgabeln ließ, erzählte er womöglich irgendwas von seinem Haus und Leckereien, die darin auf ihn warteten. Bei dem konnte man nie wissen. Es würde so oder so darauf hinauslaufen, dass bald jede Menge Polizei in der Nähe wäre. Dann könnte Richard kaum in Ruhe alle Spuren beseitigen und aufräumen.
„Scheiße“, entfuhr es ihm und er trat gegen einen Baumstamm. Er bereute diesen Gefühlsausbruch sogleich, als er sich erinnerte, dass er gerade live auf Sendung war und tausende Menschen ihn hören konnten. In diesem dunklen und geräuscharmen Wald, hatte selbst er das für einen Moment vergessen. Als er gerade überlegte, wie lange er noch weiter suchen würde, hörte er das kaum vernehmbare Knacken von

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