Infam
verheiratet sind. Sie auch.«
Selbst Garret mit seinen siebzehn Jahren erkannte, dass ich ihn eingeladen hatte, eine Grenze zu überschreiten, die tiefer und breiter als ein Schützengraben war. »Das ist eine Sache zwischen Ihnen und ihr«, sagte er.
»Wir wollen nur alles richtig angehen«, erklärte ich. Ich ließ einen Moment verstreichen. »Ich finde, wir sollten durchbrennen. Ich werde sie bitten, mit mir nach Vegas zu fliegen – vielleicht schon morgen.«
»Sie sind noch nicht geschieden«, sagte Garret grinsend.
»Nevada kann ein Geheimnis wahren«, hielt ich dagegen. »Der ganze Papierkram wird sich am Ende schon regeln.«
»Klingt …überwältigend«, sagte er.
»Aber kein Wort zu deiner Mutter«, beschwor ich ihn. Ich ermahnte ihn jedoch nicht, es auch vor Billy geheim zu halten. Mir war klar, dass Garret ihn binnen der nächsten fünf Minuten einweihen würde – ich wollte, dass er es tat.
»Ich schätze, ich gehe besser wieder zurück«, verkündete Garret. »Ziemlich erstaunliche Neuigkeiten.«
»Sehe ich dich nachher?«
»Auf alle Fälle«, sagte er.
Ich sah ihm nach, während er zum Haus zurückging. Aus dem Augenwinkel bemerkte ich Julia, die am Panoramafenster des Wohnzimmers stand und uns anstarrte. Plötzlich spürte ich ein weiteres Augenpaar, das auf mich gerichtet war. Als ich nach oben sah, erhaschte ich einen Blick auf Billy, der auf dem Balkon im ersten Stock stand. Er drehte sich um und ging wieder ins Haus. Als ich wieder zu dem Panoramafenster sah, war auch Julia verschwunden.
Ich blieb stehen, bis Garret durch die Haustür verschwand, und stellte mir währenddessen vor, wie die psychosexuelle Spannung in Candaces elegantem Inseldomizil unaufhaltsam ansteigen würde. Ich konnte förmlich die Flammen des emotionalen Scheiterhaufens an den blanken Fensterscheiben hochlodern sehen.
Dr. Mossberg rief mich um 13 Uhr 20 auf meinem Handy aus der Registratur des Cornell Medical Center an. Die Informationen, die sie aus den Krankenblättern der Bishops zusammengetragen hatte, stützten meine Theorie, dass Darwin Bishop trotz seiner Gewalttätigkeit wahrscheinlich nicht der Mörder von Brooke war. Um genau zu sein, wiesen sie schnurgerade auf die Person, die ich verdächtigte. Als ich auflegte, drohten meine Knie unter der Last dieser Tatsache nachzugeben. Ich musste mich zwingen, tief durchzuatmen, um mich nicht zu übergeben.
Eines der düstersten Dramen, die man sich vorstellen kann, hatte zu Brookes Tod geführt, und ich hatte unwissentlich eine Rolle darin gespielt.
Ich war noch immer etwas zittrig, als es an der Tür des Gästehauses klopfte. Mühsam rappelte ich mich hoch und öffnete vorsichtig. Wieder war es Billy.
»Sie sehen aus, als hätten Sie einen Geist gesehen«, bemerkte er.
»Ich habe noch nichts gegessen«, erwiderte ich. »Das ist alles.«
Er trat an mir vorbei und setzte sich auf die Couch. »Garret hat mir das mit Ihnen und Mom erzählt«, sagte er.
Wie ich erwartet hatte. »Oh?« Ich tat, als wäre ich überrascht.
»Sie wollen durchbrennen?«, fuhr er fort. »Morgen?«
»Vorausgesetzt, deine Mutter sagt Ja«, erklärte ich. »Ich habe sie noch nicht gefragt.« Ich setzte mich ans andere Ende der Couch.
»Das wird sie«, sagte er.
»Woher weißt du das?«
»Sie konnte noch nie Nein sagen«, stellte er fest.
»Das heißt?«
»Das heißt«, sagte er und beugte sich zu mir, »dass nicht jeder hier taub, stumm und blind ist.«
»Ich höre …«
»Ich will Ihnen nicht das Herz brechen, aber Sie sind nicht der Erste, in den sie ihre Krallen geschlagen hat. Keineswegs.« Er hielt inne und blinzelte nervös. »Sie verliert schnell das Interesse. Okay?«
Lass nicht locker, mach mehr Druck, ermahnte ich mich. »Ich werde schon damit fertig«, erwiderte ich.
»Sie werden nur alles kaputtmachen«, sagte er mit ausdrucksloser Miene. »Was haben Sie vor?« Er musterte mein Gesicht. »Ist das der wahre Grund, weshalb Sie mich aus dem Weg haben und in diesen Riggs-Laden verfrachten wollten? Hat meine Mutter Ihnen so Ihren beschissenen Kopf verdreht, dass Sie Garret nach Yale und mich in dieses Irrenhaus abschieben wollen?« Er stand auf. »Sie hatten nie vor, für mich da zu sein.«
»Du verstehst das alles völlig falsch«, beschwichtigte ich ihn.
»Ich kann einfach nicht glauben, dass ich Ihnen vertraut habe«, sagte er kopfschüttelnd.
»Du kannst mir immer vertrauen.«
Er stapfte hinaus.
Ich stellte mich ans Fenster des Gästehauses und schaute ihm
Weitere Kostenlose Bücher