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Inferno - Höllensturz

Inferno - Höllensturz

Titel: Inferno - Höllensturz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lee
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inzwischen, nach all diesen Tausenden von Jahren, war er Enttäuschung gewohnt.
    »Es hat geklappt, Herr. Ich fühle mich sehr geehrt, Euch das mitteilen zu dürfen.«
    Nein, nein, nein , immer wieder drehten sich die Worte im Kopf des Herrn der Dunkelheit. Er wanderte wie betäubt zurück in das leuchtende Atrium. Dann fiel er auf die Knie und presste sich die Fäuste vor das vollkommene Gesicht. »Zeig es mir.«
    Sherman gab dem Hexer einen Wink mit den Augen und sagte: »Bringt es herein.«

II
    »Nehmen wir mal an, du hättest ein Dia von dieser Klinik, dann nimmst du ein Dia von einem Straßenzug der Mephistopolis, legst die beiden Dias übereinander und hältst sie gegen das Licht. Das ist eine räumliche Verschmelzung. Zwei Stücke aus zwei völlig unterschiedlichen Welten überschneiden sich«, erklärte Angelese.
    Als Cassie die Augen öffnete, war sie zurück in ihrem Zimmer auf der Station. Das Erste, was sie sah, war der weißhaarige Engel. Angelese stand über ihr Bett gebeugt und redete auf sie ein. Sie wirkte aufgedreht und fahrig. Cassie war im ersten Augenblick völlig verwirrt, doch dann sammelte sie sich langsam wieder. Sie hatten in der Hölle traumgechannelt. Der Panzuzubezirk , erinnerte sie sich. Das Atrozeum. Angelese hatte sie in eine Art Zoo gebracht, in einem Nektoport, und …
    Lissa ist dort gewesen.
    Zu viel, zu schnell. Ein merkwürdiger Druck schien auf ihrem Kopf zu lasten, beinahe wie Hände, die ihren Schädel umfassten.
    »Kannst du mich hören? Wach auf! Wach auf!«
    Cassies Blick stabilisierte sich endlich. Angelese lief unruhig im Zimmer auf und ab und rang die Hände. »Erst kommt die elektrische Aufladung, dann der Geruch, dann werden wir es allmählich hören.«
    »Angelese! Was ist denn los! Warum bist du so nervös?«
    »Wovon spreche ich denn die ganze Zeit? Die räumliche Verschmelzung steht kurz bevor! Wir müssen bereit sein!«
    Wie soll man sich auf so etwas vorbereiten? , dachte Cassie bedrückt. Mühsam wälzte sie sich aus dem Bett und stand auf. Der Druck auf ihren Kopf wurde stärker. Hat sie gerade was von elektrischer Aufladung gesagt?
    Als Cassie einen zufälligen Blick in den Spiegel warf, standen ganze Strähnen ihres leuchtend weißgelben Haares senkrecht nach oben. Ein neon-violetter elektrischer Bogen knisterte zwischen ihren Fingern.
    »Aua!«
    »Und du riechst es auch, oder?« Angelese war angespannt.
    »Könntest du dich mal entspannen? Mann, du regst dich über die ganze Sache ja mehr auf als ich!« Cassie zog die Nase kraus. Ein flüchtiger, aber grauenhafter Geruch machte sich langsam im Zimmer breit.
    »Sie haben die Todesplatte fallen gelassen«, stellte Angelese fest. »Die Todeswelle ist schon unterwegs.«
    »Was machen wir jetzt?«
    »Warten. In einer Minute müsste es …« An dieser Stelle wurde Angelese unterbrochen, da das gesamte Gebäude schwankte. Dann ertönte ein ohrenbetäubendes Geräusch, ähnlich wie ein gigantischer Wasserfall.
    »Das ist es«, flüsterte Angelese. »Es ist so weit.« Ein leuchtendes Silberlicht trat in ihre Augen. Ihre Unterlippe zitterte. »Mein Gott, ich weiß seit Ewigkeiten, dass dies passieren wird. Ich habe mich darauf vorbereitet – seit Ewigkeiten! Und jetzt, wo es wirklich geschieht, weiß ich nicht, was ich tun soll, Cassie!«
    »Beruhige dich!«, brüllte Cassie in den sich verändernden – verschmelzenden – Raum. Die Panik des Engels flößte ihr nicht gerade Zuversicht ein. Sie wusste doch auch nicht, was sie tun sollte!
    Dann gingen die Lichter aus.
    »Na prima, ist ja hervorragend!«, zeterte sie. Endlich flackerte eine batteriebetriebene Notlampe auf, und Cassie war dankbar für das trübe Licht; so war es leichter, nicht zu glauben, was man sah. Die schlichte weiße Wand schien sich zu verschieben – es sah aus, als wüchse etwas darüber: der Teil eines Fensters.
    Ein dunkles, orangefarbenes Leuchten stieg im Zimmer auf, während das Fenster selbst auch höher stieg. Es war, als wüchse dieses merkwürdig geformte Fenster aus dem Boden heraus in die Wand.
    Cassie sah aus dem Fenster …
    … und taumelte sofort wieder rückwärts. Sie hatte ein Schild gesehen: STÄDTISCHE WERTSTOFFANLAGE NO. 727.368. Ein fetter Troll mit nässenden Furunkeln im Gesicht schlug zack-zack-zack immer wieder ein verschmiertes Fleischerbeil zwischen die Rippen eines nackten, weiblichen Imp-Mensch-Mischlings.
    Die bananengelben Augen der Frau wurden bei den Schlägen blutrot. Die gefleckten Arme und Beine

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