Infernoclub 3 Mein verlockender Earl
die neueste Geliebte des Prinzregenten?
Natürlich durfte sie diese Vermutungen nicht zu energisch von sich weisen und damit den Zorn des zukünftigen Königs riskieren. Denn zu viel Protest würde den Eindruck erwecken, dass Mara den Prinzen als Mann verabscheute. Und sie würde die Gefühle des sensiblen George niemals verletzen wollen. Er war sich seines Übergewichts wohl bewusst und sehr empfindsam. Daher fühlte er sich auch schnell zurückgewiesen.
Aufgrund des herabsetzenden und gehässigen Verhaltens ihrer Eltern wusste Mara genau, was Unsicherheit bedeutete. Die ständigen Angriffe auf das eigene Selbstwertgefühl ließen einen Menschen schnell an sich zweifeln, egal, wie sehr man versuchte, dagegen anzugehen.
Daher verstand Mara die Gefühle des bedauernswerten Prinzregenten sehr gut. Er hatte niemals die Chance bekommen, die Erwartungen seines Vaters und der Untertanen zu erfüllen. Man hatte sich den Verstand eines General Wellington gepaart mit dem Aussehen eines Adonis gewünscht. Stattdessen hatte das Volk einen unsicheren, korpulenten Kunstliebhaber bekommen.
Der Druck auf den Regenten war unvorstellbar, und der Prinz war zu zartbesaitet, um mit dieser Last umgehen zu können. Mara wusste, dass George dringend echte Freunde brauchte, nicht diese heuchlerischen Kriecher, von denen er umgeben war. Und nach allem, was er für Mara und ihren kleinen Jungen getan hatte, war sie gerne bereit, dem Regenten mit Treue und Loyalität zur Seite zu stehen. Selbst wenn ihr Ruf darunter litt.
Doch warum dachte sie überhaupt darüber nach? Sie war schließlich kein siebzehnjähriges Mädchen mehr, das etwas auf die Meinungen anderer gab und versuchte, allen zu gefallen.
Was die Gerüchte um den Prinzen betraf, war es am besten, darüber zu lachen und nur zurückhaltend zu protestieren, sodass die königliche Befindlichkeit keinen Schaden nahm.
Immerhin durfte man nicht vergessen, dass die Freundschaft zu einem Monarchen nicht ungefährlich war. Wenn selbst das modische Vorbild Beau Brummeil durch einen unvorsichtigen Scherz in Ungnade hatte fallen können, war niemand mehr gefeit. Zwar mochte der Regent in letzter Zeit an Beliebtheit eingebüßt haben, aber er besaß weiterhin die Macht, das Leben ehemaliger Freunde zu zerstören.
Er war sicherlich nicht daran interessiert, Mara in sein Schlafzimmer einzuladen. Diesbezüglich hatte er nur ein paar humorvolle Andeutungen gemacht, die völlig harmlos waren. Dass die Scherze ernst gemeint sein könnten, darüber wollte Mara lieber nicht nachdenken. Nein, Seine Königliche Hoheit war einzig an ihrer Gesellschaft interessiert - was sie über ihren verstorbenen Ehemann nicht hatte sagen können.
Überdies hatten die Gerüchte um ihre Affäre mit dem Prinzregenten einen entscheidenden Vorteil: Sie hielten Mara andere Gentlemen vom Leib. Die Herren wagten es schlicht nicht, Prinnys Zorn auf sich zu ziehen.
Denn Delilah hatte recht: Junge, hübsche Witwen waren oft die begehrtesten Damen in der Gesellschaft und in den Augen hochwohlgeborener Verführer Freiwild. Es hatte eine Zeit gegeben, in der Mara alles für die Aufmerksamkeit möglicher Verehrer getan hätte, doch die war lange vorbei.
Jetzt hatten andere Dinge Vorrang. Mara war keine junge, unsichere Debütantin mehr, die verzweifelt einen Ehemann suchte, um aus ihrem lieblosen Elternhaus zu entfliehen. Inzwischen lebte sie als unabhängige Frau, die für diese Freiheit hart gekämpft hatte. Die Geburt ihres Sohnes vor zwei Jahren hatte ihr Leben vollkommen verändert, denn um ihres Kindes willen hatte Mara Stärke entwickeln müssen.
Die beiden Damen bewegten sich in Richtung Ausgang. Delilah nickte einigen Bekannten zu, während Mara durch die hohen Fenster den Regen beobachtete.
Das graue Märzwetter ließ die Meisterwerke, die bei Christie’s so unzeremoniell versteigert wurden, in einem unangemessen trüben Licht erscheinen. Unzählige Ölgemälde hingen dicht an dicht an der Wand, gleich neben Aquarellen und Skizzen in allen Größen und Formaten.
Die meisten dieser Kunstgegenstände waren über die Jahre vermutlich durch Dutzende Hände gegangen und hatten ihre wahre Bestimmung immer noch nicht gefunden. Es hatte etwas Bewegendes, die Bilder dort hängen zu sehen. Fast könnte man meinen, sie warteten auf jemanden, der sie um ihrer selbst willen zu schätzen wusste. Der sie nicht nur besitzen wollte, damit andere ihn darum beneideten.
Mit einem bitteren Lächeln dachte Mara an ihren angeblichen
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