Inmitten der Unendlichkeit
als notwendig die Bohnenstange hinauf. Carol Jane zeigte Verständnis. Ihr Ehemann wollte die letzten Inspektionen persönlich überwachen. Sie legte ihm die Uniform zurecht und packte ein paar zusätzliche Andenken an Zuhause ein. Der Abschied war zugleich fröhlich und schmerzhaft. Die einsame Zeit ihrer langen Trennung hatte nur eine kurze Unterbrechung erfahren, mehr nicht. Ihre Liebe zueinander war erfrischt und gestärkt aus den letzten drei Monaten hervorgegangen, aber keiner von beiden hatte das Gefühl, es wäre lange genug gewesen.
Korie fand die LS-1187 hinter zwei weiteren Schiffen im Dock, der LS-1185 und der LS-1186. Zwei Sicherheitsposten standen am Eingang zum Andockschlauch. Ein weiblicher Leutnant verstellte ihm den Weg. »Verzeihung, Sir. Es ist nicht gestattet, an Bord zu gehen.«
»Auch nicht den Arbeitsmannschaften?« fragte Korie überrascht.
»Nein, Sir. Auch nicht den Arbeitsmannschaften.«
»Und warum nicht?«
»Es ist mir nicht gestattet, Ihnen darüber Auskunft zu erteilen, Sir.«
Korie hielt ihr seine ID-Karte unter die Nase. »Ich bin der Kapitän«, sagte er. »Das heißt, ich werde es sein.«
Sie studierte den Ausweis. »Sehr gut, Sir.«
»Darf ich jetzt an Bord?«
»Wenn Sie darauf bestehen, Sir.« Der weibliche Leutnant trat zögernd zur Seite. »Aber… Sir…?«
»Ja?« fragte Korie neugierig.
»Vielleicht sollten Sie vorher mit der Admiralität sprechen.«
»Wie bitte?«
»Nur ein Vorschlag, Sir.«
»Was geht hier vor, Leutnant?«
Sie schüttelte den Kopf. »Ich bin nicht befugt, Ihnen Auskunft zu erteilen.«
»Vielen Dank, Leutnant. Sie waren sehr hilfreich.« Er ließ den Posten stehen und schlenderte neugierig durch den Andockschlauch. Und dann befand er sich endlich an Bord seines Raumschiffs, und alle anderen Gedanken verschwanden aus seinem Kopf. Zuerst machte ihn die Nacktheit des Schiffs betroffen.
Er hatte ganz vergessen, wie spartanisch neue Libertyschiffe ausgestattet waren; die 714, die 911 und die 1066 hatten alle lange genug im Dienst gestanden, um den Charakter ihrer Kapitäne und Besatzungen zu atmen. Die LS-1187 war wie eine unfertige Münze, die darauf wartete, ihre persönliche Prägung zu empfangen.
Fregattenkapitän Jonathan Thomas Korie betrat das Schiff durch die achtern liegende Luftschleuse und fand sich in der hallenden Leere des Frachtdecks. Nirgendwo waren Arbeiter zu sehen. An die Schotten fand er große Karten projiziert, die Projektmanagementdiagramme und Skizzen für die Frachtverteilung zeigten. Er grinste, als die Erinnerung aufflackerte, und betrat die Schleuse zu der langen, leeren Passage, die sich durch das gesamte Schiff erstreckte. Die Wände waren mit sauberen weißen Paneelen verkleidet. Jedes Paneel war mit einer eigenen Identifikationsnummer versehen, und überall befanden sich Handgriffe für den Fall, daß die im Boden befindlichen Gravitationsplatten plötzlich versagten.
Korie schlenderte glücklich durch den Kiel seines zukünftigen Schiffs. Es roch neu. Er hatte noch nie etwas so Wundervolles gerochen wie Raumschiffsduft. Er fand einen Zugang zur Inneren Hülle und spazierte zur Farmanlage hinauf, wo er die jungen Pflanzen in den Tanks inspizierte. Er hakte ein Mikro von seinem Gürtel und begann, Memos zu diktieren. Er hatte bereits Änderungswünsche. Andere Früchte, die angepflanzt werden sollten, anderes Saatgut, das er mit an Bord nehmen wollte.
Er ging zurück zum Maschinenraum und blieb einen Augenblick stehen, als er den leeren Singularitätskäfig vor sich bewunderte. Die große Kugel ragte im Zentrum des Saals in die Höhe und wartete auf die Installation des Schwarzen Lochs, welches das Schiff hinaus zu den Sternen tragen würde. Korie beabsichtigte, den Einbau als Zuschauer mitzuverfolgen. Er wußte, wie die Ingenieure reagierten, wenn sie das Gefühl hatten, daß andere ihre Kompetenz anzweifeln wollten. Er selbst hatte genügend junge, ungeduldige Kapitäne erlebt, als er noch auf der Werft gearbeitet hatte.
Einem Impuls folgend betrat Korie das Zentrum des Käfigs, um zu sehen, wie der Maschinenraum aus der Sicht der Singularität aussah. Er erschauerte, als er sich vorstellte, was mit seinem Körper geschehen würde, wenn das Schwarze Loch schon installiert gewesen wäre. Ein Atom nach dem anderen würde einfach verschwinden. Es war eine eigenartige Vorstellung. Wie lange würde es dauern, bis eine Singularität ein ganzes Raumschiff verschlungen hätte? Beinahe eine Ewigkeit – der
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