Innenhafen
das ist geschehen.« Volker grinste.
»Und wenn man mir auch noch erzählt hätte, dass Kurt mit einer Handgranate einen Killer, der von einem der feinen Herren auf ihn angesetzt wurde, um das Geld und die belastenden Informationen zurückzuholen, in die Luft sprengen und das Ganze dann so drehen würde, dass er selbst als Leiche aus der Sache rausgeht, damit keiner ihn mehr sucht, dann hätte ich den Verdacht, mein Gegenüber hätte zu viele B-Movies geguckt.«
»Cleveres Kerlchen, der Kurt.«
»Scheint so. Es so zu drehen, als wäre das ganze schöne Geld mit dem Wagen verbrannt, war wirklich unglaublich clever. Viel zu clever für Kurt jedenfalls.«
»Ein genialer Schachzug«, bestätigte Volker. »Offensichtlich haben wir ihn tatsächlich immer unterschätzt.«
Wir schwiegen eine Weile.
»Ich bin wirklich froh, dass Irina nichts passiert ist.«
»Ja, das bin ich auch«, stimmte Volker zu.
Dann hingen wir wieder still unseren Gedanken nach. Inzwischen war es vollständig dunkel. Ich begann zu summen. Der Mond ist aufgegangen … Dieses schöne alte Volkslied schwebte in meinem Kopf, nur mit dem Text der zweiten Strophe: Der Wald steht schwarz und schweigend … Denn aufgegangen war der Mond nicht. Und es sah auch nicht so aus, als würde er das in absehbarer Zeit noch tun.
Volker summte mit, und wieder machte sich dieses seltsame Gefühl von Vertrautheit breit, das sich in den letzten Tagen zwischen uns eingeschlichen hatte. Er lehnte den Kopf gegen meinen.
»Könntest du eine Handgranate zünden?«, fragte ich schließlich leise.
»Hab ich noch nie probiert. Aber so was hat man früher beim Bund gelernt, hab ich mal gehört. Je nachdem, in welcher Einheit man war. Ich selbst habe verweigert.«
»Der Kurt hatte doch zwei linke Hände«, wandte ich ein.
»Und du hattest früher nicht den Schneid, zu mir zu kommen und Ja zu sagen«, neckte Volker mich. Erneut schob er seine Hand in meinen Nacken. Dieses Mal ließ er sie liegen. »Menschen ändern sich halt.«
»Ich habe auch heute nicht Ja gesagt«, stellte ich richtig. »Jedenfalls nicht grundsätzlich.«
»Weil du heute nicht mehr willst. Oder anders: Weil du heute bereits etwas hast, was du willst, und das vermutlich nicht aufs Spiel setzen möchtest. Meinst du denn, das wäre der Fall?«
»Das weiß ich nicht«, sagte ich nachdenklich. »Also, ich weiß nicht, wie Max dazu stehen würde. Aber selbst wenn er keinen Stress machen würde: Ich will so eine Situation nicht noch mal erleben. Alles schon gehabt.«
»Du warst schon mal mit zwei Männern gleichzeitig zusammen?«
»Ja. Ist schon eine Weile her. Lange vor Max.«
»Und sie wussten es?«
»Ja. Sie wussten es beide. Genauso, wie ich es wusste, wenn da was anderes neben mir lief. Den Anspruch hatten wir, mein Ex und ich. Und trotzdem war es saumäßig anstrengend.«
»Zu viel Sex?«
»Männerphantasien!« Ich verdrehte die Augen. »Ist klar, dass du das sofort in diese Richtung auslegst. Es ging aber eben nicht nur um Sex. Es ging auch um Gefühle. Alles war irgendwie zu viel. Zu viel Emotion, zu viel Veränderung, zu viel Unruhe. Es hat mich ausgelaugt. Völlig. Und meine langjährige Beziehung hat sich dadurch nicht gerade zum Positiven verändert. Ein Verlust an Intimität und an Nähe. Außerdem wusste ich, dass es meinem Lebensgefährten doch mehr ausmachte, als er zugab. Also kam – trotz aller Ansprüche, was doch theoretisch alles möglich sein muss und kann – ein latent schlechtes Gewissen hinzu. Und trotzdem konnte ich von dem anderen nicht die Finger lassen. Ich war ständig irgendwie … innerlich zerrissen, völlig okkupiert. Ich bin überhaupt nicht mehr zur Ruhe gekommen, so bescheuert das klingen mag. So eine Situation will ich nicht noch mal haben. Mein Seelenfrieden ist mir wichtiger.«
»Kleiner Feigling«, murmelte Volker. Seine Stimme klang zärtlich. Erkennen konnte ich seinen Gesichtsausdruck in der Dunkelheit nicht.
Ich zuckte mit den Schultern. »Wenn du meinst. Von mir aus. Dann bin ich eben feige. Und du und deine Sandra?«
»Oh, ihre Reaktion kenne ich zufälligerweise sehr genau. Sie würde mir die Hölle heiß machen. Also würde ich es ihr nicht sagen.«
»Hört, hört! Zufälligerweise sehr genau? « Ich grinste. »Selber Feigling.«
»Stimmt. Wir sind beide viel unterwegs. Da kann man schon mal in Versuchung geraten. Aber mir ist das erst einmal passiert, seit ich mit Sandra zusammen bin. Und da war dann gleich der Teufel los. Obwohl sie
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