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Innerste Sphaere

Innerste Sphaere

Titel: Innerste Sphaere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Fine
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Unterricht gehen.«
    »Och, du kannst doch jetzt nicht gehen. Wir müssen noch über den Preis reden«, säuselte Dreckjeans und erübrigte einen Seitenblick auf mich. Ich konnte geradezu sehen, wie sein Winzlingshirn arbeitete, wie er dachte, er kriegt zwei zum Preis von einer, wie er sich einbildete, ich wäre inbegriffen. Und tatsächlich wand sich sein Arm um meinen Hals, während er weiter mit dem Mädchen sprach. »Ich möchte deinen hübschen Mund auf meinem …«
    Ich boxte ihn in den Magen und er krümmte sich. Dann wandte ich mich an die Blonde, die aussah, als müsste sie gleich kotzen. »Worauf wartest du noch? Hau einfach ab …«
    Dreckjeans packte mich an den Haaren und riss mich nach hinten. Ich donnerte meinen Absatz auf seinen Fuß und mein Ellbogen traf seinen Magen. Keuchend ließ er meine Haare los. Mit zwei Schritten war ich hinter ihm und zückte die einzige Waffe, die ich hatte: einen Kugelschreiber.
    Ich verpasste ihm einen Tritt in die Kniekehle und griff mir ein Büschel seiner Haare, als er taumelte. Er fiel auf die Knie und ich zog mit einem Ruck seinen Kopf nach hinten. »Wie wär’s, wenn wir jetzt wieder ins Klassenzimmer gehen?« Ich gönnte es mir, ihm den Kugelschreiber in den Nacken zu drücken, nur ein bisschen. Die Delle, die er hinterließ, umringt von blauer Tinte, gefiel mir.
    Er hob die Hände, ließ sie aber rasch wieder fallen, als sich der Kuli tiefer in seine Haut bohrte. Er winselte und krächzte: »Alles klar, aber nach der Schule find ich dich …«
    Ich stieß seinen Kopf vor und zurück. »Dein Auftritt als Möchtegern-Gangster beeindruckt mich null. Du kannst mir glauben, dass ich dir so richtig die Fresse poliere, wenn du auch nur in meine Nähe kommst. Übrigens hab ich auch Freunde in Providence, die mir gern helfen. Möchtest du die mal kennenlernen?«
    Das war gelogen. Aber wenn eine mit meinem Ruf so einem Weichei erzählte, sie hätte Freunde in Providence, dann dachte der automatisch an Latino-Straßengangs. Und wenn ich mich schon mit Klischees herumschlagen musste, warum sollte ich sie nicht auch mal sinnvoll nutzen?
    Dreckjeans schüttelte den Kopf. In die Augen sah er mir nicht, das hieß, er wollte nicht klein beigeben … und er würde das nächste Mal von hinten angreifen. Plötzlich seiner überdrüssig, ließ ich seine Haare los.
    »Ich hab von dir gehört. Du bist das Mädchen, das gerade aus dem RITS entlassen worden ist, stimmt’s? Das heißt, du bist auf Bewährung.« Die Speicheltröpfchen flogen nur so, als er wieder aufstand. »Weißt du was? Du fährst wieder ein –«
    »Nein, tut sie nicht«, blaffte ihn die Blonde an. Ich hatte sie schon fast vergessen. »Wenn du irgendjemandem erzählst, was grade passiert ist, werde ich mit meinem hübschen Mund sofort zum Schulleiter gehen und sagen, dass du mich sexuell genötigt hast. Dann werden wir sehen, wer im RITS landet.«
    Allmählich fing ich an, sie zu mögen.
    Dreckjeans hielt die Klappe. Jeder hätte ihm geglaubt, wenn er mich beschuldigte, ich hätte ihn angegriffen, aber niemand würde ihm seine Story abnehmen, wenn sie sich hinter mich stellte.
    »Pass bloß auf, dass dir nichts passiert, Schlampe.« Er drehte sich um und spurtete zurück zur Schule.
    Die Blonde sah mich an. Sie wirkte so erleichtert, dass ich dachte, sie fällt gleich auf die Knie. »Danke, vielen Dank.« Sie streckte mir ihre zitternde Hand entgegen. »Ich bin Nadia Vetter.«
    Das war so förmlich, dass ich beinah laut aufgelacht und alles versaut hätte. Stattdessen schüttelte ich ihr die Hand. »Lela Santos«, erwiderte ich. »Gern geschehen. Und ich bedanke mich auch.«
    Wieder läutete die Glocke und ich stöhnte. Nadia machte mit dem Kopf eine Bewegung Richtung Schule. »Was hast du jetzt?«
    »Englisch. Bei –« Ich zog einen verknitterten Stundenplan aus der Tasche. »Hoffstedler?«
    Sie beugte sich über den Plan und sah sich die Zimmernummer an. »Ich hab nebenan Geschichte. Komm. Ich bring dich hin.« Sie marschierte los, dann blieb sie stehen und schaute über die Schulter. »Kommst du? Es ist besser, wenn ich dich begleite. Dann können wir sagen, es ist meine Schuld, dass du zu spät kommst.« Sie strahlte mich an. »Mir verzeihen sie immer.«
    Ich machte mehrmals den Mund auf und wieder zu und versuchte zu begreifen, dass diese Modetussi echt nett war. Wo ich doch erwartet hatte, dass sie kurz »Danke« sagt, um dann so zu tun, als würde ich nicht existieren. Schließlich hörte ich auf, nach

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