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Ins dunkle Herz Afrikas

Ins dunkle Herz Afrikas

Titel: Ins dunkle Herz Afrikas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Gercke
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Herr Kraske ihr mit einem Streich das Lebenselixier genommen.
    Sie brauchte die Sonne, sie konnte ohne ihre Wärme nicht leben, sie brauchte sie wie die Luft zum Atmen. Diese Fichtenwand - es waren schnell wachsende Omorikafichten - würde bald nie wieder einen Strahl Sonne auf ihr Grundstück lassen. Noch in Strümpfen rannte sie über den feuchtkalten Rasen zum Zaun.
    »Sind Sie vollkommen verrückt geworden?«, schrie sie. »Was fällt Ihnen ein, entfernen Sie diese Fichten auf der Stelle, sonst hole ich die Polizei!« Als lan vor einiger Zeit ein paar alte Baumstämme verbrannte, es war ein munteres kleines Feuer, und er erfreute sich an den sprühenden Funken, rief Herr Kraske die Polizei. Daraus folgerte sie, dass diese Institution für ihn die massivste Drohung darstellte.
    Herr Kraske strich sich mit erdverschmierten Fingern über seinen grau melierten roten Haarkranz, hinterließ dabei schwarze Bahnen auf seinem eiförmigen, kahlen Schädel und lächelte gemein. »Das tun Sie denn man, das wird Ihnen gar nichts nützen.« Die selbst gedrehte Zigarette mit dem selbst gezogenen Tabak wippte in seinem Mundwinkel, mit jedem Wort stieß er Rauchwölkchen aus. »Zum letzten Mal«, zischte Henrietta durch zusammengebissene Zähne, »nehmen Sie diese Fichtenhecke hier weg!«
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    All dieses Unkraut«, seine blassen Augen wanderten über ihre abgeblühte Wildblumenwiese, »man könnte ja meinen, dass hier sonst wer haust. In dieser Gegend hat man einen ordentlichen Rasen, ohne Unkraut.« Er hackte ein erfrorenes Gänseblümchen um. »Wir schützen uns nur gegen die Verunreinigungen, die von Ihrem Grundstück ausgehen.« Es klang, als lese er einen Gesetzestext ab. Herr Kraske klopfte die Erde um die letzte Fichte fest. »Frieda, dreh den Schlauch an«, kommandierte er, und dann stand er da, ein zufriedenes Lachen auf seinem rot geäderten Gesicht, und wässerte die Bäume.
    Sie lief ins Haus, holte das tragbare Telefon und rief ihren Sohn Jan in München an. Jan studierte Jura und war dank seiner Leidenschaft, immer Recht haben zu wollen, schon jetzt ein guter Jurist. Seine Zwillingsschwester Julia studierte Medizin - auch in München. Glücklicherweise nahm Jan nach dem zweiten Klingeln ab. Schweigend hörte er sich ihre Tirade bis zum Ende an.
    »Die Bepflanzung mit den Fichten stellt eine geschlossene Hecke dar, und die darf in Hamburg nicht mehr als zwei Meter in der Höhe betragen. Sag ihm, er soll sie beseitigen, sonst verklagen wir ihn! Das wird ihn ordentlich erschrecken.« Sie informierte das Ehepaar Kraske, Jan hörte mit. »Dann verklagen Sie uns mal schön«, grinste Herr Kraske tückisch und entfernte sich.
    Er wirkte keineswegs beeindruckt. »Ich hab's gehört«, sagte Jan, »Mistkerl.
    Der muss sich informiert haben. Klagen dauert ewig, kostet ein Vermögen, und vor deutschen Gerichten und auf hoher See ist man in Gottes Hand. Außerdem habe ich schon von sehr eigenartigen Urteilen in Hamburg gehört. Eure Grünen sind sehr aktiv! Du musst dir etwas anderes einfallen lassen.« Damit legte er auf.
    Sie bewahrte ihre Beherrschung, bis sie im Haus war. »Das lass ich mir nicht gefallen!«, schrie sie die Wände an. Weinend schleuderte sie ihre herumstehenden Schuhe durchs Zimmer. Die Fichten würden unaufhörlich wachsen, ihr Himmel immer kleiner werden. Herr und Frau Brunckmöller auf ihrer Nordseite liebten Wald. Nachbar
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    Schubert im Westen war alt und saß schon morgens auf seiner Gartenbank, mit dem Kinn auf seinen Stock gestützt, und hing nur noch seinen Gedanken nach.
    Seine Buchenhecke war längst zu einer haushohen grünen Wand verwildert. Im Osten grenzte das Grundstück an die Straße. Die Eichen, die sie säumten, waren uralt und fast zwanzig Meter hoch.
    Allmählich würde ihr Garten zu einer Lichtung im Wald werden, moosüberwachsen, immer feucht, bald würde ihr Himmel nur noch ein handtuchschmales Rechteck sein. Außer sich rief sie ihre Telefonfreundin Monika Kaiser an. »Ich könnte die Kraske umbringen«, kreischte sie, als Monika sich meldete. »Nichts wird in meinem Garten mehr wachsen, meine Margeriten, der Mohn, die Rosen, alles wird sterben!« »Schick nachts den Baummörder rüber.« Sie hörte Monika an ihrer Zigarette saugen. Sie war Kettenraucherin. »Was heißt das?«
    »Säg sie ab oder kipp Gift darüber! Solange du keine Zeugen hast, können die dir nichts.«
    Mord! Polizei - Strafe - Gefängnis! Plötzlich war da ein Geruch in der Luft, dumpf und säuerlich. Angst

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