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Ins dunkle Herz Afrikas

Ins dunkle Herz Afrikas

Titel: Ins dunkle Herz Afrikas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Gercke
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schwarzen Südafrikaner darunter leiden, dass sie nicht in die Restaurants der Weißen dürfen.«
    »Weil es nicht an ihrem Geldbeutel scheitert, sondern Gesetz ist. Hast du die separaten Eingänge, zum Beispiel beim Postamt, und die Busse nicht gesehen, auf denen steht >Nur für Weiße    Heiner war ganz offensichtlich bemüht, sich zusammenzunehmen, 131
    »wirklich, es geht ihnen doch viel besser als den Menschen im Rest von Afrika.
    Da herrscht doch nur Mord und Totschlag! Es ist so friedlich dort, keine Bettler, kaum Verbrechen.« »Sie haben keine Stimme, sie dürfen nicht wählen, sie dürfen kein Land besitzen, und vergleichsweise friedlich ist es nur in den weißen Gegenden«, rief Henrietta heftig, »in den Townships ist die Verbrechensrate Grauen erregend.«
    Verständnislos sahen Möllingdorfs sie an. »Wenn sie sich gegenseitig umbringen, ist das wohl ihre Sache. Außerdem, wie können sie denn wählen, von Politik haben die doch keine Ahnung. Die meisten können doch nicht einmal lesen. Und was die Jobs angeht, nun, sie sind doch dafür nicht qualifiziert!
    Bei uns dürfen auch nur ausgebildete Handwerker ein Handwerk ausüben. Außerdem
    ...«, triumphierte Ingrid, »der Neger an sich ist doch - nun sagen wir mal, von anderer Natur als wir. Denk doch nur mal an ihre Demonstrationen! Sie hopsen herum und singen. Kindisch so etwas!«
    »Sie tanzen, sie hopsen nicht einfach«, korrigierte sie hitzig, und musste an Frau Kraske denken, »es ist ihre Tradition, ihr Tanz ist die Sprache, die sie alle gemeinsam haben. Sie brauchen dann keine Worte, um sich zu verstehen.«
    »Nun, wie auch immer man das nennen mag, wir auf jeden Fall hopsen bei so einer Gelegenheit nicht«, war Ingrids schnippische Antwort, »und natürlich wohnen sie nicht zusammen mit den Weißen, das könnten sie sich ja auch gar nicht leisten, und sie wollen das auch gar nicht, hab ich gehört. Unsere Türken bleiben ja auch am liebsten unter sich. Die Wohnviertel der Schwarzen sollen ja ganz furchtbar sein, erzählte man uns im Hotel, kein Baum, kein Strauch, alles kaputt. Sie lassen alles eingehen und verlottern und kümmern sich nicht, wenn es verdreckt.« Beifall heischend neigte sie sich zu lan, der aber schob die letzten Erbsen auf seinem Teller umher und schwieg mit grimmig zusammengepressten Lippen.
    »Du bist ja noch schlimmer!«, rief Monika. Sie klemmte ihre langen schwarzen Haare hinter die Ohren und zündete sich eine Zigarette an. »Wie war das denn mit diesem Typen, den die Polizei gefoltert
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    und ermordet hat, wie hieß er noch? Seine Geschichte ging doch unj die Welt.«
    ;; Henrietta wedelte den Rauch weg. »Jim Maduna«, erwiderte sie ruhig.
    »Ich erinnere mich noch genau an den Zeitungsartikel. Er war relativ kurz, nur zwei oder drei Absätze. Es hieß, dass sich ein Jim Maduna in einem schlimmen Anfall, hervorgerufen durch seine Geisteskrankheit, so schwer verletzt hatte, dass er starb. Verstehst du, es war eine Meldung unter vielen, sie stand zwischen Verkehrstoten und Kricketergebnissen. Vorher hatte die Öffentlichkeit kaum von ihm gehört. Nichts an dieser Meldung hob sie von anderen ab.« »Klingt wie >von den Konzentrationslager hab ich nichts gewusst<.« Berthold Kaiser warf die Worte wie einen Fehdehandschuh in die Diskussion, seine randlose Brille reflektierte weiß das Licht der Kerze, die zwischen ihnen flackerte.
    Sie sah auf ihre Hände. »In gewisser Weise hast du Recht.« Sie suchte nach Worten, zögerte, fürchtete, missverstanden zu werden, aber traute sich dann doch. »Stell dir das Paradies vor«, begann sie stockend, »eine weiße Stadt am Meer, ewig blauer Himmel, immer Sonne, überall Blumen. Die Menschen, ob weiß, schwarz, braun, gelb oder milchkaffeefarben, sind freundlich, offen, scherzen und lachen mit dir. Das Leben ist leicht, und hältst du dich an die Gesetze, ist es nirgendwo auf dem Erdball schöner. Das Land liegt so weit weg, dass du den Rest der Welt vergisst, denn du hörst nichts von ihr. Die Nachrichten, die du liest und auch siehst - das Paradies hat seit 1976 Fernsehen -, sind zensiert. Was du aber als Mensch von der Straße nicht wissen kannst. Gehörst du aber zu denen, die mit dem Schmutz in Berührung gekommen sind, die zumindest ahnen, dass unter der Oberfläche dieses

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