Insel der schwarzen Perlen
einschlafen. Die Planen haben sich gelöst. Es klingt wie ein Maschinengewehr ⦠und â¦Â«
Ihre Stimme kam ins Stocken.
»⦠immerzu muss ich an den Haifischmann denken ⦠Was ist, wenn er schon längst drauÃen steht, uns beobachtet â¦?«
»Unsinn! Komm ins Bett!«
Maja schüttelte den Kopf. Seufzend setzte Keanu sich auf die Bettkante und schaltete die Nachttischlampe an.
»Du und dein Kopfkino! Willst du mir von deinem Traum erzählen oder von deinen Ãngsten?«
Schweigen. Kurz darauf sein leises Lachen.
»Na dann, wenn du nicht kuscheln willst â¦Â«
Er legte sich wieder hin. Maja schloss kurz die Augen. Die Art, wie er sie liebte, bedingungslos und leidenschaftlich, aber auch humorvoll und klug, war einzigartig. Mit keinem Mann hatte sie eine derartig tiefe Verbindung gespürt.
Vom Kopfkissen aus sah er sie an, Zärtlichkeit und Belustigung lagen in seinem Blick.
»Du bist eine schöne Schwangere, weiÃt du das? Und weiÃt du, wie sehr ich mich auf unser Kind freue? Ihr beide, ihr seid mein Ein und Alles, meine Zukunft, mein Leben.«
Jedes seiner Worte streichelte ihre Seele. Sein mutiger Blick trieb ihre Ãngste aufs Meer hinaus, und sie fühlte, wie sie weicher wurde. So war es immer zwischen ihnen. Er redete, sah sie an, und schon schmolz ihr Widerstand. Sie machte einen letzten Versuch.
»Kannst du mir wirklich nicht sagen, wo du so spät noch warst? Es würde mir Sicherheit geben.«
»Ich liebe dich, ipo. Das muss Sicherheit genug sein.«
Die letzten Grenzen zwischen ihr und ihm verschwammen in einem Niemandsland aus Glut und Feuer.
Ãber den Klippen heulte der Sturm, Wellblech zitterte unter prasselndem Regen, die dünnen Hüttenwände bogen sich im gierigen Wind, doch all das war bedeutungslos. Maja liebte.
1. Kapitel
Applerock, Frühjahr 1900
Auf dem steilen Pfad zurück ins Dorf machte Elisa einen Moment Pause. Sie musste Atem schöpfen, das Kind in ihr wog kurz vor der Geburt schwer, weit schwerer als die beiden Körbe mit der feuchten Wäsche, die sie vom Wasserfall zurückbrachte.
Sie wusste nicht warum, aber als sie ihre Augen schloss, sah sie erneut das Gesicht der jungen Frau aus ihren Träumen vor sich. Die Nebelfrau, wie Elisa sie für sich nannte, war in den letzten Tagen stark präsent gewesen. Ihr hatte Elisa zu verdanken, dass sie an diesem Tag endlich das perfekte Versteck für das wertvolle Collier aus schwarzen Perlen gefunden hatte. Seit Monaten hatten Kelii und sie sich nicht einigen können, was mit dem Geschenk ihrer Mutter zu tun war. Das aufwendig geknüpfte Collier bestand aus über hundert Perlen verschiedener GröÃe, alle von höchster Qualität, und war überaus wertvoll. Vor allem die gröÃeren Perlen würden im Tauschhandel viel bringen.
Zunächst hatte Kelii sie gebeten, das Collier einfach zurückzugeben. Wären es weiÃe Perlen gewesen, so hätte auch er sich über das Geschenk gefreut, doch schwarze Perlen spielten in der Geschichte seiner Familie eine düstere Rolle. Sie waren kapu, verboten. Kein weibliches Familienmitglied aus Keliis Klan würde Schmuck aus schwarzen Perlen tragen. Sie zogen Unheil an, wenn man wie Kelii aus dem Klan der Haifische stammte.
Er war sehr deutlich geworden, bevor er heute früh mit den Männern zum Versammlungsfelsen aufgebrochen war, um das nächtliche Vollmondritual vorzubereiten.
»Unser aumakua, der Familienschutzgeist, hat schwarze Perlen noch nie erlaubt. Sie dürfen auf keinen Fall in unserem Dorf bleiben, das haben die Ãltesten so beschlossen.«
Elisa respektierte das, da sie wusste, wie zwecklos Widerspruch sein würde.
»Ich bringe sie heute noch fort ⦠Dennoch bin ich froh, dass wir jetzt ein bescheidenes Vermögen besitzen. Du musst zugeben, dieses Geschenk meiner Mutter gibt unserer Familie zumindest ein wenig Sicherheit â¦Â«
So ging es vor ihrem Aufbrechen noch eine Weile hin und her, der Kompromiss war schlieÃlich ein Versteck in der Nähe des Dorfes, nicht zu weit, aber weit genug, um keinen Verdacht zu erregen, wenn Elisa dort hinging. Sie wollte nicht, dass die Dörfler sie beobachten konnten, wenn sie eine Perle brauchte, um die Waren der weiÃen Einwanderer zu kaufen, die sie bisweilen benötigte. Bis in die Inselhauptstadt musste sie, um Dinge wie Stifte, Papier und vor allem bestimmte medizinische
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