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Insel meiner Traeume

Titel: Insel meiner Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josie Litton
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schwer gefallen, denn sie kannte die beiden schönen Grauschimmel des Lords, die perfekt zueinander passten. Halb erleichtert, halb ermattet, seufzte sie auf, als das Carlton House und das Gewimmel vor dem Eingang hinter ihrem Wagen zurückblieben. Hätte sie daran erinnert werden müssen, warum sie gesellschaftliche Veranstaltungen verabscheute, wäre diese Nacht ein probates Mittel gewesen. Einige Gäste hatten sie angestarrt. Beinahe hätten ein oder zwei mit ihr gesprochen. Gerade noch rechtzeitig vermieden sie den Fauxpas, einer
    Frau diese Ehre zu erweisen, die der grandiose Darcourt so unmissverständlich abgekanzelt hatte. Und so begnügten sie sich mit eifrigem Getuschel hinter vorgehaltenen Händen, warfen vernichtende Blicke in Joannas Richtung und lächelten spöttisch.
    Für einen flüchtigen Augenblick war sie fast froh gewesen, weil Royce die Party nicht besucht hatte.
    Aber wenn er sie begleitet hätte, wäre das Problem gar nicht aufgetaucht.
    Oder wenn Darcourt sie vor ein paar Tagen empfangen hätte, wäre ihnen die peinliche Szene im Ballsaal des Prinzregenten erspart worden.
    Jetzt würde er mit ihr reden. Darauf würde sie bestehen.
    Ihre Kutsche folgte dem schwarzen Landauer in geringer Entfernung. Noch bevor er die Tür seines Stadthauses erreichte, wollte sie ihn ansprechen. Und diesmal würde er ihr zuhören - selbst wenn sie so laut schreien musste, dass die ganze Nachbarschaft zusammenlief...
    Plötzlich wurde sie mit einer neuen Schwierigkeit konfrontiert. Mit zusammengekniffenen Augen spähte sie aus dem Wagenfenster. Darcourt fuhr nicht zu seinem Haus, sondern zum Fluss.
    »Bleiben Sie ihm auf den Fersen!«, rief sie ihrem Kutscher zu. »Lassen Sie ihn nicht aus den Augen!«
    Diesen Befehl sprach sie buchstäblich in letzter Sekunde aus. Noch ehe sie verstummte, verdichtete sich der Nebel, der nahe der Themse so oft den Blick verschleierte. Das graue Licht des frühen Tages konnte die Straßen nicht erhellen. Stattdessen verschwanden sie in geisterhaftem Nichts.
    Joanna murmelte eine nicht besonders damenhafte Bemerkung und beugte sich aus dem Fenster. »Sehen Sie irgendwas?«
    »Nicht viel«, entgegnete Bolkum Harris, ein kleiner, kräftig gebauter Mann mit ungekämmtem Haar, einem üppig wuchernden Bart und funkelnden Augen. Von Berufs wegen ging er dem Schmiedehandwerk nach. Aber sobald Joanna ihre Reise nach London angekündigt hatte, war er prompt zu ihr geeilt, um zu erklären, er würde sie begleiten. Das erlaubte sie ihm nur zu gern. Erstens gestand sie ihm dieses Recht zu, weil sie ihn als alten Freund betrachtete. Und zweitens hielt sie London für höchst gefährlich. Deshalb brauchte sie einen Beschützer, und der tapfere, bärenstarke Bolkum eignete sich hervorragend für diese Rolle.
    »Was glauben Sie, wohin fährt er?«
    »Anscheinend nach Southwark. Jetzt sind wir bei der Brücke.«
    Wollte der ehrenwerte Lord Darcourt eine Nacht in Prinnys illustrer Residenz krönen, indem er die schmutzigen Gassen von Southwark erforschte - noch dazu in Lady Lamperts Gesellschaft? Das fand Joanna eher unwahrscheinlich. Andererseits musste sie sich eingestehen, dass sie nicht wusste, womit sich die Aristokratie zu amüsieren pflegte.
    »Ich sehe nichts«, klagte sie.
    »Immerhin hören wir was«, betonte Bolkum.
    Da musste sie ihm Recht geben. Allzu weit waren die Grauschimmel in ihrem klirrenden Zaumzeug und die polternden Räder nicht entfernt. Um diese Stunde fuhren nur wenige Vehikel über die Brücke, zumeist Lastkarren, die man natürlich nicht mit einem eleganten Landauer verwechseln konnte.
    Ein paar Minuten später erreichten sie das andere Ende der Brücke, und Joanna rief: »Jetzt fährt er langsamer. Drosseln Sie das Tempo, dann stoppen Sie die Pferde!«
    Bolkum gehorchte. Angespannt lauschten sie. Der Landauer rollte noch ein kleines Stück weiter. Schließlich hielt er ebenfalls. Einer der Grauschimmel wieherte leise. Danach herrschte Stille, nur von den plätschernden Wellen durchbrochen, die gegen die Brückenpfeiler schlugen.
    »Bitte, Mylady, wir sollten nicht hier bleiben«, mahnte der Schmied. »Sonst werden wir den Rückweg nicht finden.«
    »Sobald die Sonne aufgeht, wird sich der Nebel lichten. Und inzwischen...« Joanna stieg aus dem Wagen. »Machen Sie die Pferde fest und folgen Sie mir. Ich will sehen, wohin Darcourt und seine Begleiterin gegangen sind.«
    Nur widerwillig erfüllte er ihren Wunsch. »In dieser Gegend dürften wir nicht herumwandern, Mylady«,

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