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Inselkoller

Inselkoller

Titel: Inselkoller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Pelte
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deswegen extra anrufen«, erwiderte er sichtlich erleichtert
und zunehmend selbstgefällig.
    »Clausen, ich brauche Ihre Hilfe noch einmal.
Der Garten ist heute nicht fertig geworden, kein Wunder bei dem Wetter. Ich brauche
den jungen Mann also noch ein, zwei Tage länger hier. Er ist aber Asylant und muss
sich heute Abend in Niebüll zurückmelden. Was kann man da tun? Haben Sie eine Idee?«
    »Er kann ja heute Abend zurück aufs Festland
und morgen wieder hierher auf die Insel.«
    »Das ist doch viel zu umständlich und zeitraubend.
Außerdem fallen Fahrtkosten an.«
    »Ja, warten Sie mal. Ich kenne den Leiter des
Sozialamtes in Niebüll gut. Wir haben im letzten Winter gegeneinander gebosselt,
im Sönke-Nissen-Koog übrigens. Hinterher gab’s ordentlich auf den Knorpel, Sie wissen
ja, wie das bei uns geht. Ich duze mich seither mit ihm. Wenn ich ihm sage, der
Asylant bleibt hier auf der Insel, sozusagen unter unseren Fittichen, so geht das
wohl in Ordnung. Sie, Frau Mendel, sind ja allseits bekannt. Aber wo soll er hier
schlafen? Der hat doch kein Geld fürs Hotel.«
    »Clausen, das Apartment für meine persönlichen
Gäste an der Uferpromenade steht leer. Da kann er schlafen. Den Fiat behält er für
die Hin- und Rückfahrt. Den Schlüssel zur Wohnung hab ich hier. Sie brauchen also
nicht auf ihn zu warten. Liegt frisches Bettzeug parat?«
    »Alles bereit, Chefin. Ich werde mit meinem
Bosselkameraden reden. Das geht schon klar. Und bei Ihnen ist alles in Ordnung?«
Er war ganz in seinem Element und fühlte sich stark.
    »Danke, Clausen, machen Sie sich um mich keine
Sorgen. Aber machen Sie, wenn Sie mit Ihrem Bosselfreund reden, kein großes Ding
aus der Sache. Wickeln Sie das ab wie ein Profi. Sie wissen, wie das geht?«
    »Aber klar doch … Bei Bedenken oder Einwänden
lass ich diskret durchblicken, mit wem er es zu tun hat und was für ihn von Vorteil
sein könnte. Richtig?«
    »Clausen, Sie sind mein bester Mann. Ich verlass
mich auf Sie. Hoffentlich noch recht lange.«
    »An mir soll’s nicht liegen, Chefin. Melden
Sie sich, wenn Sie Ihren Helfer entlassen haben?«
    »Mach ich, Clausen. Schönen Feierabend. Tschüss.«
    »Danke, gleichfalls. Bis zum nächsten Mal.
Tschüss.«
    Clausen war der geborene Herbergsvater. Neben
seinen praktischen, handwerklichen Fähigkeiten hatte er diese besondere, bezwingende
Art, Menschen von jung bis alt spüren zu lassen, wo der Hammer hängt. Zurzeit hing
der da, wo das Geld saß, also bei ihr. Das konnte sich jederzeit ändern, sowohl
personell als auch substanziell. Darüber machte sie sich keine Illusionen. Im nahen
Kontakt zur Welt der Immobilien- und Vermietungsgeschäfte hatte er viel gelernt.
Er war schlau. Und es war angeraten, schlauer zu sein als er, wenn man mit ihm gedeihlich
auskommen wollte.
    Jussis Alter war schwer einzuschätzen. Es interessierte
sie auch nicht sonderlich. Er erinnerte sie an ihre beiden Söhne und an das gute
Gefühl, das sie gehabt hatte, als sie noch für ihre Jungs hatte da sein können.
Sie war dankbar dafür gewesen, dass ihre wirtschaftliche und gesellschaftliche Situation
es ihr gestattet hatte, ihre Söhne zu fördern und ihnen zu ermöglichen, was nur
wenigen vergönnt war. Leider dankten es ihr die Söhne nicht. Ihr Verhältnis kühlte
sich während ihrer Studienjahre rasch ab. Von ihrem Ältesten, der jetzt in New York
lebte, hatte sie schon seit dem letzten Weihnachten nichts mehr gehört. Ihr Jüngster
verbrachte seine Zeit hauptsächlich beim Polo – das entnahm sie der Inselzeitung
– und überließ seiner Frau das Vermietungsgeschäft, für das er eigentlich verantwortlich
zeichnete und womit er sein Geld verdiente. Zu ihrer Schwiegertochter hatte sie
ein klares Verhältnis. Es beschränkte sich weitgehend auf das Geschäftliche. Auf
menschlicher Ebene hatten sie sich wenig zu sagen. Sie besuchten sich bisweilen.
     
    »Jussi, hast du alles mitbekommen?«
    »Ja, Baiba, ich kann auf der Insel bleiben
und darf in deiner Wohnung in der Stadt übernachten. Danke. Ich werde es genießen
zu duschen und in einem richtigen Bett zu schlafen. Danke nochmals.«
    »Morgen bist du wieder hier. Bis dahin isst
du was Ordentliches, damit du meinen Garten auf Vordermann bringen kannst, ohne
dass ich befürchten muss, du fällst mir um. Geh zu Gosch und lass dir eine Portion
Meeresfrüchte mit gebratenen Nudeln servieren, hörst du? Sag, du kämst von mir.
Dann schmeißen sie dir die Hummer hinterher, und du musst nichts

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